Die Bescheinigung umfasst den stolzen Zeitraum von einer Woche. Hätte Conserve Oil eine auch nur annähernd so hohe Menge im kompletten Jahr 2011 gefördert, wäre sie im Ranking des Fachmagazins „Oilweek“ auf einem respektablen Mittelplatz gelandet. Oilweek wertet staatliche Angaben für alle Quellen aus und stellt daraus die Top 100 der kanadischen Ölindustrie zusammen. 5000 Barrel Öläquivalent pro Tag reichen etwa für Platz 70. Doch weder in den Top 100 noch in den „Next 30“ – hier reichen schon 150 Barrel Öläquivalent pro Tag – taucht Conserve Oil auf.
Proven Oil teilt dazu mit, die Conserve Oil Corporation tauche nicht auf, weil sich ihre Fördermenge auf verschiedene Tochtergesellschaften verteile. Die Rankings berücksichtigten dies nicht. Die Logik der Proven-Oil-Antwort krankt jedoch daran, dass selbst die einzelnen Töchter den Wert von 150 Barrel Öläquivalent pro Tag erheblich überschreiten müssten, um auf eine Gesamtfördermenge der Gruppe von gut 5000 Barrel pro Tag zu kommen.
Geradezu grotesk sind die in den Prospekten benannten rechtlichen Risiken. In einigen wird gewarnt, dass „betrügerische Absichten“ von Vertragspartnern der Fondsgesellschaft „nicht ausgeschlossen“ werden können. „So etwas habe ich in einem Prospekt noch nicht gelesen“, sagt Anlegeranwalt Martin Seidel von der Düsseldorfer Kanzlei Baum, Reiter & Collegen. Sollte es hart auf hart kommen, macht er Anlegern nur wenig Hoffnung. „Die Aussichten, Geld juristisch zurückholen zu können, erscheinen mir relativ gering“, sagt Seidel. „Das ist ein sehr komplexes Firmengeflecht, bei dem alle Fäden in Kanada enden. Da wird kaum ranzukommen sein.“
Was Fondskäufer wissen sollten
Die Mehrheit der deutschen Anleger handeln ihre Wertpapiere über ihre Hausbank. Doch gerade bei Aktienfonds, die rasch an Wert gewinnen oder verlieren können, ist der Gang zum Bankberater nicht immer optimal. Denn einerseits gilt die Alternative zu Recht als teuer. Zahlen Anleger hier beim Kauf doch meist den vollen Ausgabeaufschlag. Dafür bleibt jedoch die Rückgabe der Anteile spesenfrei. Das Problem: Die Abwicklung kann hier deutlich länger dauern als einen Handelstag. Das kann zwar gute Gründe haben. Vorsichtige bevorzugen dennoch die Abwicklung über die Börse.
Der sicherste Variante für zeitbewusste Anleger ist der Handel über die Börse. Dabei geben Anleger wie gewohnt ihre Order beim Bankberater ab, tragen aber als Handelsplatz die Börse Hamburg an. Dadurch fallen zwar Kosten an, die je nach Fonds etwas variieren können (www.fondsboerse.de). Dafür erfolgt die Abwicklung zeitnah. Beim Kauf von Papieren ist es ohnehin meist billiger, Fonds über die Börse zu kaufen. „Wenn Sie die Bank auf diese Option nicht hinweist, macht sie sich unter Umständen eines Beratungsfehlers schuldig“, sagt Johannes Fiala, Anwalt mit dem Schwerpunkt Kapitalmarktrecht aus München.
Fondskäufer, die wissen, was sie wollen, sollten Onlinebroker oder Fonds-Supermärkte ins Kalkül ziehen. Sie bieten meist nicht nur eine Auswahl unter tausenden Fonds, die in Deutschland zum Vertrieb zugelassen sind. Oft können sie hier auch problemlos auf Sparpläne auf Wunschfonds abschließen, die sie via Hausbank nicht bekommen. Die Anbieter handeln die Fondsanteile dabei über dieselben Plattformen wie die Profis. Manche der Anbieter garantieren zudem eine taggleiche Abwicklung der Aufträge, sofern die Order vor zwölf Uhr eintrifft.
Wie bei Aktien können Fondsanleger bei manchen Anbietern zudem Limits setzen. Das bedeutet, sie beauftragen den Händler etwa mit einem Stopp-Loss den Fondsanteil zu verkaufen, sobald der Fondspreis unter eine gewisse Grenze fällt. Diese Order kostet wird dann bei steigenden Kursen nicht ausgeführt. Einige Online-Broker ziehen diese Grenze auf Wunsch bei steigenden Kursen kostenlos nach.
Milliardenpleitier allgegenwärtig
Offiziell taucht Jürgen Hanne in diesem Geflecht nicht auf. Dennoch ist der Milliardenpleitier allgegenwärtig. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Conserve Oil bestätigt, dass Hanne an internen Besprechungen der Conserve Oil teilnahm. Die Sekretärin von Conserve-Oil-Chef Crombie teilt auf schriftliche Fragen der WirtschaftsWoche an Dr. Hanne zunächst mit, dieser Gentleman arbeite nicht für Conserve Oil. Zwei Tage später schreibt sie, man könne Jürgen doch einfach anrufen, sie wisse aber nicht, ob er gerade in seinem Büro im 3. Stock sei. Einige Minuten später versucht sie, die Mail zurückzurufen. Danach antwortet sie gar nicht mehr. Hanne selbst antwortet ebenfalls nicht auf die Fragen.
Die in den Prospekten angegebenen Adressen der Conserve Oil Corporation wurden auch von diversen Firmen mit Beteiligung von Jürgen Hanne genutzt. Auch Telefonnummern wurden sowohl von Hanne-Firmen als auch von Conserve Oil benutzt. Die Erklärung des Proven-Oil-Sprechers dafür: Conserve Oil habe „bereits ausgestattete Büros (inklusive Telefonie)“ bezogen, wobei eine Hanne-Firma Vormieter gewesen sei. Hanne sei in der Etablierungs- und Gründungsphase für Conserve Oil bei deren Ansiedlung tätig gewesen. Proven Oil wisse aber „von keiner Zusammenarbeit oder einer wie auch immer gearteten gesellschaftsrechtlichen Verbindung“ zu Hanne.
30 Jahre altes Strickmuster
Merkwürdig nur: Die von Galba vorgelegten Abrechnungen der Ölverkäufe zeigen einen regen Wechsel in den Anschriften der Conserve Oil. Eine Käuferfirma gab sogar die neue Anschrift der Hanne-Firma in der Nachbarstraße an. Laut Proven Oil handelte es sich dabei aber nur um einen Fehler, der inzwischen korrigiert sei.
Vor allem aber spricht das Strickmuster der Proven-Oil-Story für eine maßgebliche Rolle des Milliardenpleitiers. Vieles erinnert fatal an die von ihm mit aufgelegten Ölfonds der Konzepta-Gruppe. 1973 von Hanne und zwei Partnern gegründet, brachte sie von 1977 bis 1985 elf „Konzepta Petrol“-Beteiligungsangebote für Öl- und Gasquellen in den USA und Kanada auf den deutschen Markt. Mehr als 3000 Anleger steckten laut Firmenangaben rund 220 Millionen Mark in die Fonds. Hanne wurde zum starken Mann der Konzepta in Nordamerika und leitete deren Büro in Calgary.