
Zucker gehört längst zu den wichtigsten Nahrungsrohstoffen der Welt. Er versüßt unsere Zwischenmahlzeiten, hat aber einen bitteren Nachgeschmack für Zuckerhersteller. Schuld daran ist der niedrige Zuckerpreis. So ist er seit dem Rekordpreis Anfang 2011 von 35,31 US-Cent pro ein amerikanisches Pfund (454 Gramm) auf 12,8 Cent gefallen – ungefähr ein Drittel des damaligen Preises. Und der weitere Rückgang auf 12,0 Cent wird laut einer Bloomberg-Umfrage nicht ausgeschlossen.
Der Grund dafür liegt in einem weltweiten Überangebot von Zucker. Der mit Abstand größte Exporteur Brasilien erwartet für 2015/16 inzwischen 2,5 Prozent mehr Ernte als erwartet, weil sich die Zuckerrohrplantagen dank eines regenreichen Februars vom trockenen Sommer 2014 erholt haben, berichtet das Handelsblatt. Bessere Ernte erwarten auch andere große Exporteure wie Indien und Thailand. So wird im Geschäftsjahr 2015/16 (Oktober/September) eine Million Tonnen mehr Zucker produziert, als weltweit gebraucht wird, insgesamt 173 Millionen Tonnen.
Auch die deutsche Südzucker-Gruppe, der größte Hersteller in der EU, verzeichnete 2014 eine Rekord-Zuckerrübenernte mit 83 Tonnen pro Hektar, was um rund zehn Prozent über dem Wert des bisherigen Rekordjahres 2011 liegt. Die Firma rechnet für das Geschäftsjahr 2014/15 (bis Ende Februar) mit einem Einbruch des operativen Gewinns auf 200 Millionen Euro aus, also um rund zwei Drittel im Vergleich zu Vorjahr. Maßgeblichen Anteil daran hatten allerdings auch Bußgelder des Bundeskartellamtes in der Höhe von rund 280 Millionen Euro wegen illegaler Preisabsprachen. Für die Anleger ist das keine gute Nachricht, da sich der Aktienkurs seit April 2014 nochmals halbiert hat. Aktuell kostet die Südzucker-Aktie 11,42 Euro.
Die Brasilianer selbst sind gegen niedrigen Zuckerpreis offensichtlich immun. Beim Verkauf vom Rohstoff erhalten sie in der brasilianischen Landeswährung Real genauso viel wie früher, wie das Handelsblatt berichtet. Weil der Real seit April 2014 aber in gleichem Maße an Wert verloren hat, wie Zucker günstiger geworden ist, lohnt es sich für die Zuckerrohrplantagen, die Produktion sogar noch weiter zu steigern. Für die Käufer aus dem Dollarraum ist Zucker aus Brasilien somit besonders günstig. Somit könnte Brasilien seinen etwa 20-prozentigen Anteil am Weltmarkt weiter ausbauen.
Zudem gleichen die großen brasilianischen Hersteller wie Bunge, Tereos oder Reizen ihre Verluste wegen niedriger Zuckerpreise durch Stromproduktion aus Bagasse aus, schreibt das Handelsblatt. Sie verbrennen den Pressrückstand, der bei der Zuckergewinnung entsteht, und speisen den Strom in das brasilianische Netz ein. Diese Produktion lohnt angesichts des herrschenden Strommangels in Brasilien besonders.
Dank dieser Gewinne werden die brasilianischen Produzenten dem sinkenden Zuckerpreis auch weiterhin gelassen gegenüberstehen.
Süßwarenhersteller haben hingegen Grund zum Jubeln. Der niedrige Zuckerpreis senkt die Produktionskosten, bei gleichbleibenden Verkaufspreisen steigt ihre Gewinnmarge. Bei den Ausgaben eines normalen Endverbrauchers für Süßwaren spielt der Zuckerpreis nur eine geringe Rolle. Der Besuch im Eiscafé wird wohl kaum billiger.