Goldman Sachs US-Investmentbank warnt vor zu viel Optimismus

Die Aktionäre haben zu großes Vertrauen in Donald Trumps Politik, sagen die Experten der US-Investmentbank Goldman Sachs. Ökonomen sehen die Pläne des US-Präsidenten weitaus nüchterner als Investoren.

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Zwar billigen einige Volkswirte, etwa bei der Deutschen Bank, Trumps Plänen eine hohe Durchschlagskraft zu. Aber viele betrachten die Entwicklung nüchtern oder sogar mit Sorgen. Quelle: AFP

New York Die Aussicht auf niedrigere Steuern und den Abbau von Auflagen für Unternehmen haben seit der US-Wahl im November die Aktien beflügelt. Zwar gab es Zwischenphasen der Ernüchterung, aber immer wieder hat sich Optimismus durchgesetzt.

Das steht in deutlichem Gegensatz zum Urteil vieler Ökonomen. Zwar billigen einige Volkswirte, etwa bei der Deutschen Bank, Trumps Plänen eine hohe Durchschlagskraft zu. Aber viele betrachten die Entwicklung nüchtern oder sogar mit Sorgen. Ausschlaggebend dafür ist vor allem, dass die Verhandlungen über eine Steuerreform noch gar nicht richtig begonnen haben und schon in komplizierten Details steckenzubleiben drohen.

„Wie erwarten, dass die Investoren bald ihre Erwartungen an das potenzielle Wachstum der Gewinne je Aktien nach unten anpassen werden“, schreiben daher die Experten von Goldman Sachs. Viele Anleger hätten in ihre Gewinnschätzungen eine Senkung der Steuern schon für das laufende Jahr mit eingerechnet, heißt es. Goldman geht aber, wie andere Banken auch, eher von einer Wirkung im kommenden Jahr aus. Während andere Investoren auf ein Gewinnwachstum um elf Prozent setzen, peilt Goldman daher nur fünf Prozent für das laufende Jahr an, pro Aktie im breiten Index S&P 500 gerechnet. Die Bank weist darauf hin, dass die Analysten für einzelne Branchen in den USA auch sehr vorsichtig sind und mögliche Steuereffekte kaum in ihre Gewinnschätzungen einfließen lassen. Mit anderen Worten: Der Markt ist viel optimistischer als die Experten, und das könnte zu einer Ernüchterung, zu einem Rückschlag führen. Goldman rechnet damit, dass der S&P 500 noch auf 2400 Punkte ansteigt, aber am Jahresende bei 2300 Punkten liegt – zurzeit bewegt er sich dazwischen.

US-Aktien notieren jetzt mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von über 25. Das ist im historischen Vergleich sehr hoch. Auf der anderen Seite: Diese Bewertung bedeutet, dass die Gewinnrendite immer noch nahe vier Prozent liegt, und damit deutlich höher als die Rendite langfristiger Staatsanleihen. Sollten die Zinsen deutlich steigen, ohne dass die Gewinne entsprechend wachsen, wäre das Niveau der Aktien kaum zu halten. Bleiben die Zinsen dagegen im Rahmen und die Gewinne entwickeln sich erfreulich, dann muss „teuer“ nicht „zu teuer“ heißen.

Wie schwer die Entwicklung einzuschätzen ist, zeigt die Diskussion um die Steuerreform. Im Gespräch ist ein radikales Modell, bei dem Unternehmen künftig statt ihrer Gewinne ihren gesamten Finanzüberschuss versteuern würden, dafür aber mit 20 statt mit 35 Prozent. Dabei sollen die Erlöse aus Exporten steuerfrei bleiben. Die Ausgaben für Importe wären hingegen nicht abzugsfähig, was auf eine Importsteuer hinausliefe. Dieses Modell würde dem Staat hohe Einnahmen bringen, weil die USA mehr einführen als ausführen. Es würde zugleich Exporte stärken und Importe bremsen, wobei die Ökonomen sich darüber streiten, inwieweit diese Effekte durch einen steigenden Dollar wieder aufgefangen würden. Große Importeure laufen jedenfalls Sturm dagegen und weil die Wirkungen so schwer einzuschätzen sind, ist zurzeit die Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch, dass dieses Konzept umgesetzt wird.

Michael Feroli von JP Morgan rechnet in einer neuen Studie vor, dass ohne diese Importbesteuerung aber nur wenig Spielraum besteht, Unternehmenssteuern zu senken. Dabei hat er die Schließung von Steuerschlupflöchern schon berücksichtigt. Das würde bedeuten: Wenn die USA eine simple Senkung der Unternehmenssteuern wollen, worauf die Aktionäre ja hoffen, dann müssen sie sich entweder sehr bescheidene Ziele setzen oder ein deutlich steigendes Staatsdefizit in Kauf nehmen. Die Investoren rechnen mit der zweiten Variante, dem hohen Defizit, das ist auch an den bereits gestiegenen Zinsen abzulesen. Die Frage bleibt aber, ob die Republikaner im Parlament, die zum Teil Wert auf konservative Finanzpolitik legen, dabei mitspielen.

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