
Eigentlich ist es paradox. Noch vor einigen Wochen hieß es, Griechenland könne die Euro-Zone ruhig verlassen, an den Märkten sei das quasi eingepreist. Der Effekt sei gering, versuchten uns Ökonomen und Politiker weiß zu machen, da kaum jemand noch griechische Anlagen halte.
War das nur taktisches Geschwätz? Seit Wochen schwanken die Kurse, Kursrücksetzer werden regelmäßig auf das Konto der widerspenstigen Griechen verbucht. In den vergangenen Tagen wurde die Unruhe an den Märkten zunehmend größer, die Kurse reagieren auf nahezu jede Aussage der politischen Führungsriege Europas.
Am Donnerstag kommen in Luxemburg die Finanzminister der Eurogruppe zu einem Krisentreffen zusammen, in der Folgewoche ist ein EU-Gipfel vorgesehen. Dabei dürfte es um nicht weniger als das Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone gehen, denn am 30. Juni läuft das Hilfsabkommen der Gläubiger ab und Griechenland muss rund 1,5 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen. Erklärt Athen sich nicht zu Verhandlungen und Reformen bereit, dürfte die Geduld einiger Eurogruppen-Vertreter überstrapaziert sein.





Das Treffen wird zunehmend zum Showdown, das Gespenst "Grexit" ist überall präsent. Zwar galt der Ausstieg als beherrschbar – da aber noch nie ein Staat die Euro-Zone verlassen hat, könnte das auch nur eine leere Versprechung einiger Ökonomen gewesen sein, die wollen, dass Griechenland endlich aus dem Euro aussteigt. Letzteres ist möglich, denn auch ein paar andere Faktoren sprechen für einen (post-grexitalen) Einbruch an den Märkten.
Was aktuell passiert
Gegenüber seinem Höchststand von über 12.370 Punkten im April hat der deutsche Leitindex Dax verloren, die Tendenz zeigt eindeutig nach unten. Derzeit schwankt das Börsenbarometer um die 11.000 Punkte-Marke herum, hat also in den vergangenen gut zwei Monaten rund elf Prozent verloren. Gegenüber anderen europäischen Märkten fällt dieser Verlust höher aus. Grund ist unter anderem der vorhergehende überdurchschnittliche Anstieg im Zuge des Anleihekaufprogramms der Europäischen Zentralbank (EZB).
Griechenlands Zahlungsverpflichtungen 2015
Die griechische Regierung muss in diesem Jahr noch rund 17 Milliarden Euro an Krediten und Zinsen zurückzahlen. Der größte Batzen entfällt dabei mit rund 8,1 Milliarden Euro auf den Internationalen Währungsfonds (IWF). Daneben stehen Zahlungen an die Europäische Zentralbank (EZB), private Gläubiger sowie die Partner aus der Eurozone aus. Ungeachtet der Verlängerung des Hilfsprogramms mit den Euro-Partnern ist bisher unklar, wie Finanzminister Yanis Varoufakis die Mittel aufbringen will. Vor allem im Juli und August stehen Rückzahlungen über mehrere Milliarden Euro an. Es folgt eine Auflistung darüber, was Griechenland in welchem Monat dieses Jahres zahlen muss.
Rundungsdifferenzen möglich, Quelle: Eurobank Athen, eigene Berechnungen (Reuters)
Rund 1,5 Milliarden an den IWF, 75 Millionen Zahlungen an andere - insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro.
450 Millionen an IWF, 275 Millionen an Zinsen - insgesamt rund 0,7 Milliarden Euro.
750 Millionen plus 196 Millionen an IWF, sowie 77 Millionen für bilaterale Kredite - insgesamt rund 1 Milliarden Euro.
1,5 Milliarden an IWF plus 280 Milliarden an EZB und andere - insgesamt 1,7 Milliarden Euro.
450 Millionen an IWF, 3,5 Milliarden an EZB, 700 Millionen an Zinsen für EZB - insgesamt rund 4,8 Milliarden Euro.
Rund 170 Millionen an IWF, 3,2 Milliarden an EZB und andere Notenbanken, 190 Millionen an Zinsen - insgesamt rund 3,7 Milliarden Euro.
1,5 Milliarden Euro an IWF.
450 Millionen an IWF, 200 Millionen an andere - insgesamt 0,65 Milliarden Euro.
150 Millionen an IWF, 77 Millionen bilaterale Kredite - rund 0,23 Milliarden Euro
1,1 Milliarden Euro an IWF.
Die Korrektur hat also bereits eingesetzt. Unklar ist allerdings, wie lange sie anhält. "An den Märkten herrscht ein hohes Maß an Unsicherheit", sagt Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise. Mit einer derart zugespitzten Situation am Verhandlungstisch zwischen Griechenland und dem Rest der Euro-Zone hätten wohl die wenigsten gerechnet. "Das ganze ist ein Pokerspiel", sagt Heise. Sollten sich die Auseinandersetzungen noch lange hinziehen, sei das kein gutes Szenario.
Dann dürfte auch der sogenannte VDax weiter steigen. Der Index misst die Volatilität an den Börsen und liegt schon jetzt rund 15 Prozent höher als noch vor einem Monat.