Die geschäftigste Zeit für Mega-Deals in sieben Jahren könnte Warren Buffett Appetit auf seine vielleicht bislang größte Übernahme machen. Der 83-jährige Chairman von Berkshire Hathaway hatte seinen Aktionären am 3. Mai gesagt, er würde eine weitere große Transaktion mit 3G Capital begrüßen. Im Jahr 2013 tat er sich mit der Beteiligungsgesellschaft zusammen, um den Ketchup- Hersteller Heinz zu kaufen. Die Nahrungsmittelhersteller Kellogg, Kraft und General Mills – jeweils mit über 20 Milliarden Dollar vor Verbindlichkeiten und Übernahmeaufschlägen bewertet – könnten in das Beuteschema von Berkshire und 3G passen. Das zeigen von Bloomberg News zusammengetragene Daten. Grundlage bilden jene Kriterien, die Warren Buffett für die Beurteilung von möglichen Übernahmezielen genannt hatte.
Diese Aktien hat Buffett im Depot
Berkshire Hathaway, die Holding von Warren Buffett, ist verpflichtet das so genannte Formular 13F zu getätigten Investments bei der US-Börsenaufsicht einzureichen.
Die Mitteilung soll immer innerhalb von 45 Tagen nach Quartalsende erfolgen und alle in den USA gehandelten Aktien, Optionen und Wandelanleihen enthalten.
Nicht ersichtlich wird aus den Aufstellungen, in welche Papiere außerhalb der USA investiert wurde oder wie groß die Barreserven sind. Ebenfalls nicht aufgeführt in der Tabelle sind Optionen, Warrants und Anleihen.
Stand: 30.06.2014, Quelle: Pflichtmitteilung (13F) an US-Börsenaufsicht, Bloomberg
Marktwert: 24,3 Milliarden Dollar
Marktwert: 16,9 Milliarden Dollar
Marktwert: 14,4 Milliarden Dollar
Marktwert: 12,7 Milliarden Dollar
Marktwert: 4,4 Milliarden Dollar
Marktwert: 4,2 Milliarden Dollar
Marktwert: 4,1 Milliarden Dollar
Marktwert: 3,5 Milliarden Dollar
Marktwert: 2,2 Milliarden Dollar
Der Star-Investor sieht sich eigenen Angaben zufolge nach Übernahmen um, bei denen die 49 Milliarden Dollar an Barmitteln seiner Holdinggesellschaft zur Anwendung kommen könnten. Das bedeutet möglicherweise, dass er sich nun in Position für seine größte Übernahme bringt. „Was wir bei unser derzeitigen Größe und Reichweite eingedenk der Zielvorstellungen, die wir für unsere Aktionäre verfolgen, wirklich anstreben, ist der Kauf gut geführter großer Unternehmen zu vernünftigen Preisen, die wir dann im Lauf der Zeit auszubauen versuchen” sagte er bei dem Aktionärstreffen. Er und sein Geschäftspartner Charles Munger würden sich auf die Übernahme großer Unternehmen konzentrierten, um „dauerhaftere” Werte zu schaffen.
Wer ist Warren Buffett?
Warren Buffett, geboren am 30. August 1930 in Omaha, Nebraska, war seit frühester Kindheit von Zahlen fasziniert. Sein Vater besaß ein Lebensmittelgeschäft und war Aktienhändler. Mit acht Jahren las er Bücher über die Börse, mit elf arbeitete er in einem Brokerhaus.
Buffett verschlang das Buch von Professor Benjamin Graham „Intelligent Investieren“ und ging zu ihm an die Columbia Business School. Graham gefiel der junge Mann auch und er lud ihn ein, mit in seinem Unternehmen zu arbeiten. Als sich Graham 1956 zur Ruhe setzte, ging Buffett mit dem verdienten Geld sowie geliehenem zurück nach Omaha und gründete mit 25 Jahren eine Investment-Beteiligungsgesellschaft.
Die Gesellschaft hatte sieben Teilhaber, die zusammen gut 100.000 Dollar einzahlten. Sie bekamen jährlich sechs Prozent ihrer Anlagesumme und 75 Prozent des Gewinns. Die übrigen 25 Prozent gingen an Buffett.
Obwohl der Dow Jones in fünf der nächsten 13 Jahre fiel, vermehrte er das Geld um knapp 30 Prozent jährlich. Kein Wunder, dass immer mehr bei ihm investieren wollten. 1962 begann er außerdem, Aktien von Not leidenden Firmen zu kaufen. So auch die einer Textilfirma namens Berkshire Hathaway.
Nachdem sich die Buffett Partnership aufgelöst hatte und alle Gesellschafter ausgezahlt worden waren, übernahm Buffett Berkshire Hathaway mit seinem Anteil von 25 Millionen Dollar. Damit begann eine Erfolgsgeschichte, die inzwischen 40 Jahre währt und legendär geworden ist. Berkshire wurde von der Textilfirma zur Beteiligungsgesellschaft.
Buffetts wesentliches Ziel war lange Jahre, den Buchwert von Berkshire Hathaway um jährlich 15 Prozent zu steigern. Doch das übertraf er bei weitem. Innerhalb von 40 Jahren steigerte sich das Eigenkapital zudem von 22 Millionen Dollar auf 69 Milliarden Dollar, der Buchwert pro Aktie von 19 auf knapp 60.000 Dollar. Dabei unterliegt Berkshire Hathaway der Einkommen- wie auch der Kapitelertragsteuer.
Buffett mag es, „Gewissheiten mit Abschlag“ zu kaufen, wie er es formuliert. Ihm liegt also viel daran, dass die Vorhersehbarkeit der Entwicklung eines Unternehmens vorhanden ist. Und Buffett kauft nur dort, wo er das Geschäftsmodell vollkommen versteht. Das nennt er „Kompetenzradius“. Ihm liegt viel an geringen Schulden, hoher Kapitalrendite und einer guten Führungsmannschaft.
Buffett hat sehr oft ein Problem: Die Aktien, die er kaufen will, werden nur selten mit Preisabschlägen gehandelt. Zumindest in den Branchen, wo sein „Kompetenzradius“ liegt. So viel Glück wie bei Amex hat man eben nur selten.
Das erste und wichtigste Investment war American Express (Amex). 1962 fiel die Aktie der Kreditkartenfirma nach einem Skandal über Nacht von 65 auf 33 Dollar. Buffett hielt Amex grundsätzlich aber für stark und handelte zielstrebig. Er nahm 13 Millionen Dollar in die Hand – immerhin 40 Prozent des Gesamtvermögens seiner Gesellschaft. Der Börsenkurs stieg und Buffett sackte allein in den ersten beiden Jahren einen Profit von 20 Millionen Dollar ein.
Im März 1967 kauft Berkshire Hathaway für 8,6 Millionen Dollar Aktien von zwei Versicherern: National Indemnity Company und National Fire and Marine Insurance Company. Es war der Beginn einer phänomenalen Erfolgsstory in dieser Branche. Sie passte perfekt zu Buffetts Anlagestrategie. Es folgten weitere Zukäufe, unter anderem auch bei Rückversichern wie General Re.
Buffetts Geschichte mit dem Medienkonzern ist in zweifacher Hinsicht eine besondere: Zum einen half er der Geschäftsführung in schwierigen Zeiten entscheidend weiter, zum anderen mehrte der spätere Erfolg sein Vermögen. Die Investition hat sich ungefähr verfünfzigfacht. Aber vor allem „zementierte“ die Post laut Finanzjournalisten Buffetts Ruf als „Meister-Investor“ in den 70er-Jahren.
Buffett liebte Coca-Cola seit Leben lang. Doch die ersten Aktien kaufte er erst 1988. Das Unternehmen passt perfekt zu Buffetts Vorliebe, große Kapitalmengen mit hoher Investitionsrendite einsetzen zu können. Die bekannteste Marke der Welt ist für Bufett auch das wertvollste Geschäftskonzept der Welt. Cherry Coke ist heute übrigens das offizielle Getränk der Hauptversammlungen von Berkshire Hathaway.
Rasierklingen brauchen die Menschen auch in Krisenzeiten. Buffetts Interesse an Gillette erwachte in den 80er-Jahren. Damals galt das Unternehmen an der Wall Street als reifes, langsam, aber stetig wachsendes Unternehmen – also perfekt für eine Übernahme durch Berkshire Hathaway. Als Gillette 1991 einen Aktiensplit vornahm, bekam Berkshire Hathaway für seine Vorzugsaktien elf Prozent der Stammaktien. Der Wert der Investition stieg innerhalb von zwei Jahren von 600 Millionen auf 875 Millionen Dollar.
Fruit of the Loom gehört seit 2002 zu Berkshire Hathaway. Das Unternehmen stellt rund ein Drittel der Herren- und Jugendwäsche her, die in den USA verkauft wird. Buffett gab 835 Millionen Dollar für Fruit of the Loom aus.
Ebenfalls im Jahr 2002 entschied sich Buffett, Clayton Homes zu übernehmen. 1966 durch den Sohn eines Farmpächters gegründet, ist das Unternehmen heute der größte Fertighaushersteller der USA. Die Idee entstand übrigens auch, weil sich Buffett über die „fürchterlichen Verbraucherfinanzierungs-Praktiken“ aufregte.
Im Oktober 1990 hat Berkshire Hathaway für 289 Millionen Dollar Aktien an Wells Fargo erworben. Das war damals sehr mutig, denn viele „Bären“ an der Wall Street wetteten auf den Niedergang der kriselnden Bank aus San Francisco. Doch Wells Fargo überstand die kritische Phase und war 2003 die einzige US-Bank mit dem Top-Kreditrating AAA.
Laut Berechnungen von Barclays könnte Buffett eine Mischung aus Barmitteln und aus Verbindlichkeiten dazu nutzen, um einen Deal in der Größenordnung von bis zu 50 Milliarden Dollar anzugehen. Das würde seine 34,5 Milliarden Dollar schwere Übernahme von Burlington Northern Santa Fe, die vor mehr als vier Jahren erfolgte, in den Schatten stellen. „Berkshire könnte einen 50-Milliarden-Dollar-Deal machen, ohne dabei ins Schwitzen zu geraten”, erklärte Jeff Matthews, ein Berkshire-Aktionär und Autor von Büchern über das Unternehmen, in einem Interview mit Bloomberg News. „Die Größe, die er sucht, ist stark gestiegen.”
Buffet bevorzugt „einfache“ Geschäftsmodelle
Während der Appetit von Buffett offenbar zunimmt, klettert auch das Volumen der Fusionen und Übernahmen. Seit November wurden Deals, bei denen es um mehr als 20 Milliarden Dollar geht, für insgesamt 312 Milliarden Dollar angekündigt oder vorgeschlagen. Das ist der höchste Wert für einen 6-Monats-Zeitraum seit 2007, wie Daten von Bloomberg News belegen. Über die Jahre hinweg hatte Buffett immer wieder betont, dass er „einfache” Geschäftsmodelle bevorzugt - die er versteht, und die „gute” Eigenkapitalrenditen sowie eine anhaltende Ertragskraft aufweisen.
So wie Heinz passen Unternehmen wie Kellogg, Kraft und General Mills in dieses Raster, erklärte Analyst Brian Yarbrough von Edward Jones & Co. in St. Louis. Vertreter aller drei Firmen wollten sich nicht äußern.
Kellogg, Kraft Foods und General Mills zählen zu einer Gruppe von 50 US-Unternehmen mit einem Marktwert zwischen 15 und 50 Milliarden Dollar, die eine Eigenkapitalrendite von mehr als 10 Prozent und ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von weniger als 20 aufweisen, belegen Daten von Bloomberg. Nicht berücksichtigt wurden Finanzdienstleister, Pharmaunternehmen sowie Firmen aus der Technologiebranche. „Kraft macht aus meiner Sicht eine Menge Sinn, weil es so wie Heinz ist”, sagte Mark Bronzo, Managing Director bei Nudge Capital in Rye, New York. Das Unternehmen „zahlt eine hohe Dividende, generiert Barmittel - und zuletzt ist es eine Firma mit Fokus auf den Binnenmarkt geworden.”
Yarbrough hält indes Kellogg für besonders attraktiv, weil Frühstücksflocken zu den profitableren Nahrungsmittelsegmenten gehören''. Zwar sei General Mills in demselben Bereich aktiv, jedoch sei der logischere Partner Nestle, weil die Firmen bereits ein Joint-Venture betreiben würden.
„Das wichtigste für uns als Berkshire-Aktionäre ist, dass Berkshire in der Lage ist, weiter das Kapital einzusetzen”, sagte Tom Russo, Partner bei Russo & Gardner, im Interview mit Bloomberg News. Berkshires nächster großer Deal wird “voll und ganz opportunistisch sein. Ich glaube, dass sie absolut bereit für einen Schritt sind, sollte sich etwas ergeben.”