Händler in Panik? Der rätselhafte Pfund-Crash

Der Pfund-Crash in einer Oktobernacht wurde durch offenbar einen Händler der Citigroup beschleunigt. Dem Mann gingen die Nerven durch. Eine falsch eingestellte Software für den Hochfrequenzhandel tat ihr Übriges.

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Ein Devisenhändler der Citigroup soll in der Nacht zum 7. Oktober die Nerven verloren haben. Die Folge: Beschleunigung des heftigsten Pfund-Sturzes seit 31 Jahren. Quelle: dpa

Düsseldorf Am 7. Oktober staunte die Finanzwelt nicht schlecht: In der Nacht rutschte der britische Pfund mehr als sechs Prozent in nur einer Minute auf 1,1841 US-Dollar – den tiefsten Stand seit 31 Jahren. Fundamentale Gründe für diesen Rutsch gab es scheinbar nicht. Zwar stand die Währung wegen des Brexit-Votums im Fokus der Märkte. Nach einem akuten Auslöser suchten die Händler aber vergeblich – und spekulierten auf menschliches Versagen (etwa in Form eines „Fat-Fingers“, eines Tippfehlers auf der Computertastatur) oder auf fehlgeleitete Algorithmen.

Zwei Monate später deutet sich an, dass wohl eine Mischung aus beidem zum Pfund-Crash führte. Nach Informationen der „Financial Times“ soll ein Citigroup-Händler eine entscheidende Rolle dabei gespielt haben, wenngleich er diesen nicht startete. Die Zeitung beruft sich auf Informationen von Bankern und Beamten aus dem Vereinigten Königreich, die an der von der Bank of England (BoE) geleiteten Untersuchung des Vorfalls beteiligt waren. So soll der besagte Händler in der Nacht zum 7. Oktober mehrere Verkaufsorder für die britische Währung platziert haben. Er sei in Panik geraten, weil der Pfund schon zuvor abzurutschen begann.

Der Grund, weshalb die Panik eines einzelnen Händlers zu einem Kursbeben führte, liegt aber wohl an der Software, die dieser benutze. So soll der Händler die Verkaufsordner mit einem FX-Aggregator platziert haben, einer Software, die im Hochfrequenz-Devisenhandel häufig benutzt und von verschiedenen Anbietern bereitgestellt wird. Diese Software erlaubt es Händlern, gleichzeitig mit mehreren Parteien Geschäfte zu machen. Das geht solange gut, bis genug Liquidität am Markt vorhanden ist. Ist das nicht der Fall, klafft ein Loch zwischen Angebot und Nachfrage und die Software hört auf, richtig zu funktionieren.

Normalerweise haben die Handelsplattformen Sicherungssysteme, welche in so einem Fall eingreifen. Der Pfund-Crash lässt vermuten, dass es bei Citi offenbar nicht der Fall war. Ob die Sicherungsmechanismen für die Citi-Händler abgeschaltet waren, wollte die Bank nicht kommentieren. Auch sagte sie nicht, ob sie jemanden nach dem Pfund-Crash disziplinieren musste oder ob bestimmte Handelspraktiken geändert wurden und verwies lediglich in einer Mitteilung darauf, dass die Bank mit der Situation „angemessen” umgegangen sei und „alle Systeme und Sicherheitsmechanismen” zu der Zeit funktioniert hätten.

Die BoE-Regulatoren scheinen jedoch Konsequenzen aus dem Pfund-Flash-Crash gezogen und mehrere Banken schriftlich darauf hingewiesen, ihre Währungshandelsabteilungen besser im Blick zu haben, um solche Abstürze künftig zu vermeiden. Die Regulatoren betonen, dass sowohl menschliches Versagen als auch schlecht abgestimmte Algorithmen für den Pfund-Crash verantwortlich seien. Vor allem, wenn zu wenige Teilnehmer am Markt seien, würden die Handlungen einzelner mehr Gewicht bekommen als erwünscht. Bei dem Pfund-Crash ist für die BoE klar: Die Verkäufe am Markt waren einfach zu aggressiv.

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