Hauptversammlungen Der wachsende Einfluss der Stimmrechtsberater

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„Die Anleger wollen verstehen“

Inzwischen haben ISS & Co die Daumenschrauben weiter angezogen. Kapitalerhöhungen ohne Bezugsrecht lassen sie 2019 nur noch bis zu zehn Prozent zu, bisher waren 20 Prozent üblich. Die großen Konzerne haben sich darauf eingerichtet. „Kleinere Firmen werden davon mitunter überrascht“, sagt DSW-Vertreterin Hölz. Der Hinweis auf das Aktienrecht lässt ausländische Berater dabei oft kalt – sie machen ihre eigenen Regeln.

Die Corporate-Governance-Kommission, die die Gesetzeslücken in Sachen guter Unternehmensführung füllen soll, kann da oft nur nachziehen. Sie schlug kürzere Amtszeiten für die Aufsichtsräte erst vor, als diese im Forderungskatalog der Stimmrechtsberater auftauchten.

SAP-Gründer und Aufsichtsratschef Hasso Plattner schrammte 2017 nur um Haaresbreite an seiner Nichtentlastung vorbei, unter anderem weil sich Investoren ärgerten, dass ihnen die Vergütungsregeln nicht zur Abstimmung vorgelegt wurden. Der Softwarekonzern habe aus diesem Warnschuss gelernt, sagt Hölz. Die Bonusregeln wurden angepasst, der Aufsichtsrat verjüngt. Vor dem diesjährigen Aktionärstreffen hat Plattner die Maßnahmen in einem offenen Brief an die Anteilseigner erklärt. „Die Anleger wollen verstehen, warum etwas so ist, wie es ist“, sagt Hölz.

DAI-Geschäftsführer Leven sieht einen weiteren Grund für die wachsende Opposition paradoxerweise im Vormarsch der Indexfonds, die doch als passive Investoren gelten. Sie können nicht einfach ihre Aktien verkaufen, wenn sie mit dem Vorgehen des Vorstands nicht einverstanden sind, weil sie den jeweiligen Aktienindex abbilden müssen. „Das erhöht die Bereitschaft, sich zu Wort zu melden, auch im Interesse der Anleger.“

Für Bayer-Chef Baumann wird es eng. Nicht nur der Verfall des Aktienkurses ärgert die Investoren, auch der Umgang mit den Risiken der Monsanto-Unkrautvernichter für Mensch und Umwelt. „Bei der Entlastung spielen heute auch nicht-finanzielle Größen eine Rolle“, erklärt Speich. Milliarden werden in Fonds investiert, die sich nur an nachhaltig wirtschaftenden Konzernen beteiligen. Um eine Schlappe für Baumann zu vermeiden, bleibe Bayer wohl nur ein bewährter Ausweg, rät die DSW: „An Bayers Stelle würde ich sagen: Lasst uns die Entlastung verschieben, bis man bei den Monsanto-Klagen klarer sieht.“

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