Die Europäische Zentralbank (EZB) war erleichtert, als die Diskussion um das sogenannte Helikoptergeld in der Euro-Zone wieder verstummte. Als "interessantes Konzept" hatte EZB-Präsident Mario Draghi das Instrument im März bezeichnet, bei dem die Zentralbank Schecks an ihre Bürger ausgibt und darauf hofft, dass diese davon konsumieren und damit die Wirtschaft und die Inflation ankurbeln.
Nachdem das Thema hochkochte bemühten sich Europas Geldpolitiker zu betonen, dass Helikoptergeld nie zur Debatte stand und im Rat nicht diskutiert worden sei. Amerikas Notenbanker sind da offenbar nicht ganz so scheu.
Die Präsidentin der Federal Reserve in Cleveland kann sich eine Diskussion über das Geld für alle offenbar durchaus vorstellen. Helikoptergeld "wäre der nächste Schritt, wenn wir uns in einer Situation befänden, in der wir geldpolitisch noch mehr vorhalten müssen", sagte Loretta Mester gegenüber dem australischen Radiosender ABC News.
Geldpolitik der EZB: Belastungen durch Niedrigzinsen
In Deutschland beliebte Sparformen wie Tages- und Festgeld werfen kaum noch etwas ab. Die niedrige Inflation gleiche die negativen Effekte der niedrigen Zinsen allerdings aus, betont EZB-Präsident Mario Draghi. Derzeit liege die Verzinsung minus Inflation höher als im Durchschnitt der 1990er Jahre. „Zu der Zeit hatten Sie höhere Zinsen auf dem Sparbuch, aber zugleich meist Inflation, die weit darüber lag und alles auffraß“, sagte Draghi jüngst in einem Interview. Im Mai lagen die Verbraucherpreise in Deutschland nach vorläufigen Berechnungen gerade einmal um 0,1 Prozent über dem Vorjahresniveau.
Stand: 07.06.2016
Finanzinstitute müssen Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Für den durchschnittlichen Privatkunden sind Strafzinsen bislang kein Thema. Man werde „alles tun, um die privaten Sparer vor Negativzinsen zu schützen - in Teilen auch zu Lasten der eigenen Ertragslage“, sagte jüngst der Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon. Wenn die aktuelle Niedrigzinsphase aber lange andauere, würden die Sparkassen die Kunden letztlich nicht davor bewahren können. Zudem könnten Geldhäuser nach Angaben des Präsidenten des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich, gezwungen sein, an der Gebührenschraube zu drehen: „Jeder muss in seiner Bank überlegen, wie er über Konditionen-Gestaltung gegen die Ertragsverluste anarbeitet, die ohne Zweifel da sind.“
Lebensversicherern fällt es immer schwerer, die hohen Zusagen der Vergangenheit zu erwirtschaften. Die Folge: Die Verzinsung des Altersvorsorge-Klassikers sinkt seit geraumer Zeit. Auch Betriebsrenten leiden, Firmen müssen wegen der Zinsschmelze immer mehr Geld für die Pensionsverbindlichkeiten zurücklegen. Viele Unternehmen versprechen bei Neueinstellungen daher keine konkreten Leistungen mehr, sondern sagen lediglich zu, einen bestimmten Betrag pro Monat in Vorsorgekassen einzuzahlen. Das Zinsrisiko tragen die künftigen Pensionäre.
Damit vertritt Mester eine ähnliche Auffassung wie Fed-Chefin Yellen, die kürzlich erklärte, die US-Notenbank beschäftige sich immer mit geldpolitischen Instrumenten, die nützlich sein könnten.
Mesters Aussage richtete sich auch an die Adresse der EZB. "In den USA haben wir quantitatives Easing gemacht und ich denke es hat sich gezeigt, dass es sehr nützlich war", sagte die Notenbankerin.
Nach dem Brexit erwarten einige Beobachter, dass die EZB ebenso wie die Bank of Japan und die Bank of England ihre Geldpolitik noch einmal lockern könnte. Bisher kauft Europas Notenbank monatlich Anleihen für 80 Milliarden Euro, denkbar wäre, dass das Volumen dieses Programms noch einmal erhöht wird. Die Fed dagegen hat ihr Anleihekaufprogramm bereits auf null runtergefahren und die Zinsen leicht erhöht, ist also geldpolitisch in einer anderen Richtung unterwegs.
Trotzdem kommt der Brexit auch für die US-Notenbank ungelegen, aus Fed-Kreisen war schon zu hören, dass es in diesem Jahr wohl keine weitere Zinserhöhung mehr geben wird.