Hendrik Leber, Dirk Müller, Max Otte „Der Markt ist ein harter Gegner“

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Finger weg von allem, was mit Öl und Gas zu tun hat

Also wird Value-Investing schwieriger?
Otte: Das würde ich so nicht sagen. Value-Investing kann ja auch alles Mögliche heißen. Es kann Qualität heißen, also Wachstum zum vernünftigen Preis. Es kann Deep Discount heißen, also Unterbewertung. Letzteres, also Unternehmen zu kaufen, die an der Börse weniger wert sind als in ihrer Bilanz steht, wird schwieriger.

Müller: Deshalb ist es auch wichtig, auf Qualität und die großen Marktführer zu setzen. Auf Unternehmen, die möglichst ein Monopol oder ein Oligopol haben. Da gibt es in vielen Bereichen interessante Werte, die man vielleicht gar nicht im Fokus hat. Beispielsweise Mettler Toledo.

Noch nie gehört.
Müller: Genau das ist der Punkt. Als Value-Anleger muss man sich auf die Suche nach Unternehmen machen, die nicht jedem sofort einfallen. Mettler Toledo sitzt in der Schweiz und ist weltweit die Nummer eins, wenn es um Präzisionswaagen geht – von Nanogramm bis hin zu tausend Tonnen. Die haben eine Marktmacht, ihre Technologie ist nicht so schnell durch das Internet zu ersetzen. Die haben sensationelle Zahlen, die Cashflow-Bewertung ist wunderbar. Die Aktie ist immer noch fair bewertet und läuft und läuft und läuft. Sie als Schnäppchen zu bezeichnen, wäre allerding trotzdem übertrieben, aber man bekommt sie immer noch zu einem fairen Preis.

Leber: Eine wunderbare Aktie. Sie bringt so zehn Prozent Rendite pro Jahr über einen langen Zeitraum.

Aktien, die jetzt Krisen trotzen und Chancen bieten

Was würde denn Warren Buffett, der wohl bekannteste Value-Anleger der Welt, jetzt kaufen?
Leber: Deutschland! Das hat er ja gesagt.

Aber was?
Müller: Buffett setzt jetzt auf erneuerbare Energien. Das ist ein ganz spannendes Thema. Ich würde im Moment tunlichst von allem die Finger weglassen, was mit Öl und Gas zu tun hat.

Aber da gibt es doch herrliche Schnäppchen.
Müller: Für mich war der Ausspruch von G7 entscheidend, bis 2050 die Energieversorgung auf 100 Prozent erneuerbare Energien umgestellt haben zu wollen. Ich bin seit einigen Monaten der Überzeugung, dass die Entscheidung der westlichen Großmächte für den kompletten Wandel hin zu erneuerbaren Energien irgendwann in den vergangenen 24 Monaten hinter den Kulissen gefallen ist. Das ist aus geopolitischer Sicht eine dramatische Veränderung und bringt Russland in eine ganz schwierige Situation. Gleiches gilt für viele Staaten in Nah- und Mittelost. Es gab viele Vorboten. Erst war es im Herbst 2014 die Rockefeller Fundation, die sich im dreistelligen Millionenbereich von Öl- und Gas-Investitionen getrennt hat und nun auf erneuerbare Energien setzt. Und es war Apple, das in Kalifornien angekündigt hat, große Solarfelder zu bauen und zu 100 Prozent auf Erneuerbare zu gehen. Die westliche Welt hat Libyen zerbombt, aber nicht wieder aufgebaut. Früher hätten wir die Quellen sofort wieder angeschlossen und genutzt.

Otte: Ich stimme Ihnen zu 100 Prozent zu. Die Geopolitik wird immer wichtiger. Wir sind nicht mehr in dieser schönen, freien Marktwirtschaft. Es sind Verteilungskämpfe zwischen den Machtblöcken. Amerika rüstet sich für den Endkampf mit China. Es geht um die Verteilung der Welt.

Leber: Das erklärt auch die Rolle Griechenlands. Griechenland ist zwar ökonomisch nicht bedeutsam, aber geopolitisch.



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