Im Bundestag geht es heute um einen Gesetzentwurf „zur Vermeidung von Gefahren und Missbräuchen im Hochfrequenzhandel“. Hinter dem sperrigen Titel verbergen sich neue Regeln, die die Risiken des elektronischen Wertpapierhandels eindämmen sollen. Zwar übermitteln Börsianer schon lange ihre Aufträge elektronisch. Allerdings begann vor zehn Jahren eine Entwicklung, die vor etwa fünf Jahren zum Massenphänomen wurde: Nicht nur die technische Abwicklung eines Wertpapierauftrags, sondern auch die Entscheidung zu seiner Erteilung wird heute zu großen Teilen von Computern gesteuert.
Man spricht dabei vom „algorithmischen Handel“, bei dem Computer nach zuvor programmierten Handlungsanweisungen selbstständig Käufe und Verkäufe auslösen. Besondere öffentliche Aufmerksamkeit hat der Teilbereich des algorithmischen Handels erlangt, der massenhaft und binnen Sekundenbruchteilen Aufträge an die Börsen schießt – der sogenannte „Hochfrequenzhandel“.
Risiken des Hochfrequenzhandels
Der breiten Öffentlichkeit wurden die Risiken des algorithmischen Hochfrequenzhandel im Mai 2010 bewusst, als ohne jede fundamentale Nachricht der US-Index Dow Jones durch den sogenannten Flash-Crash in kürzester Zeit um rund zehn Prozent einbrach. Im März 2012 scheiterte dann der Börsengang der Firma BATS Global Markets, selbst Anbieter von Handelsplattformen, an der eigenen Handelstechnik. In nur 500 Millisekunden verloren die Aktien 99 Prozent ihres Wertes. Beim jüngsten prominenten Vorfall im August 2012 fuhr der größte amerikanische Aktienhändler, die Knight Capital Group, durch fehlerhafte Computersoftware einen Verlust von 440 Millionen US-Dollar ein. Auch wenn die europäischen und insbesondere die deutschen Märkte aufgrund anderer technischer Voraussetzungen bislang keine Vorfälle dieser Größenordnung aufzuweisen haben: Anleger müssen sich darauf verlassen können, dass Preise für ihre Papiere ordnungsgemäß, fair und marktgerecht ermittelt werden. Das ist auch hierzulande eine drängende ordnungspolitische Grundsatzfrage.
10 Tipps für Börseneinsteiger
Bevor ein potentieller Anleger zum ersten Mal Aktien kauft, sollte er sich Gedanken darüber machen, welches Ziel er mit der Geldanlage verfolgt und für welchen Anlegertyp er sich hält. Wenn mit den Aktien später die Altersvorsorge aufgestockt oder das Studium der Kinder finanziert werden soll, muss an der Börse eine andere Taktik angewendet werden, als wenn es um kurzfristige Gewinne geht. Die grundlegende Frage ist: Sind Sie auf den Betrag angewiesen und investieren deshalb lieber mit möglichst geringem Risiko oder können Sie eventuelle Verluste verschmerzen und renditestärkere aber auch riskantere Papiere kaufen?
Wer die Frage nach der eigenen Risikoneigung mit "no risk, no fun!" beantwortet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er zwar sehr viel gewinnen, aber auch sehr viel verlieren kann. Für den Anfang schadet es nicht, auf eine langfristige Strategie zu setzen und die Entwicklungen an den Märkten zu beobachten. Kleine Zockereien für den Nervenkitzel sind dann im Verlustfall besser zu verschmerzen. Nach dem Geckoschen Leitsatz "Greed is good" sollten Börsenneulinge nicht handeln.
Was eine Aktie ist und wie sie funktioniert, dürfte jedem klar sein. Wer sein Depot auch mit Anleihen und Zertifikaten füllen möchte, sollte nur in Produkte investieren, die er auch versteht. Wer nur auf die Renditeversprechen hört und Produkte kauft, deren Vor- und Nachteile, beziehungsweise Funktionsweisen er nicht begreift, fällt über kurz oder lang auf die Nase.
Bevor Sie ein Depot eröffnen, vergleichen Sie die Gebühren der Banken. Je höher die Gebühren sind, desto geringer fällt die Rendite nachher aus. Direktbanken haben im Regelfall günstige Konditionen und bieten kostenlose Depots an.
Anleger sollten ihr Geld - und damit auch ihr Risiko - zumindest am Anfang möglichst breit streuen. Verteilen Sie Ihr Geld auf verschiedene Märkte wie Rohstoffe und Energie, sowie auf Aktien, Fonds und Anleihen.
Wer seinem Portfolio Fonds oder Zertifikaten beimischt, sollte auch innerhalb dieser Anlageklassen auf eine gute Mischung achten. Fondsanbieter und deren Produkte lassen sich online schnell vergleichen. Wer nicht nur in ein oder zwei Gesellschaften investiert, ist auf der sicheren Seite.
Besonders wichtig ist, dass Sie sich Zeit nehmen für Ihre Geldanlage und Ihr Depot regelmäßig überprüfen: Welche Anlageinstrumente haben sich wie entwickelt? Ist es Zeit, das Depot umzuschichten, oder läuft alles in meinem Sinne?
Bei der Überprüfung des Depots sollte man sich immer mal wieder fragen: Würde ich diese Aktie oder diesen Fonds heute noch kaufen? Lautet die Antwort ja, behalten Sie das Produkt. Sind Sie von der Qualität nicht mehr überzeugt, wird es Zeit zum Verkauf.
Entwickelt sich eine Aktie oder ein sonstiges Produkt nicht so, wie geplant, sollten Sie nicht zögern, es zu verkaufen. Sogenannte Stopp-Loss-Orders, also Untergrenzen, bei denen verkauft werden soll, können hilfreich sein. Das bietet sich insbesondere dann an, wenn man den Kurs nicht permanent selbst im Auge behalten kann oder will.
Grundsätzlich gilt: Verlieren Sie nicht die Nerven. An der Börse gibt es Kursschwankungen, Aktienkurse können unerwartet einbrechen. Das sollte aber kein Grund sein, den Kopf zu verlieren. Panische und unüberlegte Deals kosten meist mehr Geld als die Abwärtstrends.
Der in der heutigen Anhörung behandelte Gesetzentwurf versucht die Probleme zumindest teilweise anzugehen. Im Kern sollen Händler im Gegensatz zu heute künftig eine spezielle Erlaubnis brauchen, wenn sie an Wertpapiermärkten mit mathematisch programmierten Algorithmen handeln wollen, die Aufträge eigenständig und in Millisekunden an Börsen erteilen. Sowohl die Börsenbetreiber wie auch die Handelsteilnehmer müssen zudem für ein angemessenes Verhältnis zwischen den erteilten und den ausgeführten Aufträgen sorgen. Bislang kommt es zu wahnwitzigen vielen Ordereinstellungen durch Händler, verglichen mit deren Ausführungen. Hier werden die Börsenbetreiber künftig gefordert sein.
Strafbare Marktmanipulation
Weitere Vorschriften für die Handelsteilnehmer sollen sicherstellen, dass von ihren eingesetzten Computerprogrammen keine Gefahr ausgeht. Bestimmte Handelspraktiken von Computern werden zukünftig als strafbare Marktmanipulation gewertet. Als wichtiger Eckpfeiler werden nicht zuletzt auch die Rechte der Aufsicht gestärkt. Im Großen und Ganzen handelt es sich daher um einen sinnvollen Gesetzesvorschlag
Dennoch muss die Gesamtbewertung zwiespältig ausfallen. Schließlich ist das Gesetz auch in den Gesamtzusammenhang der Re-Regulierung des Finanzmarktes zu setzen. Die Politik hatte das Ziel, mehr Konkurrenz an den Märkten zuzulassen. Dadurch jedoch ist viel Geschäft von regulierten Börsen an unregulierte, außerbörsliche Märkte abgewandert. In dieser Hinsicht weist das Gesetz die gleiche Unzulänglichkeit auf wie die meisten Gesetze zur Aufarbeitung der Finanzkrise: Einzelne, durchaus richtig erkannte Probleme werden lediglich punktuell reguliert. Der bessere Ansatz wäre eine umfassende Re-Regulierung des Finanzmarktes. Für eine ordnungsgemäße Preisfeststellung an Märkten hieße das, zum Zustand vor der De-Regulierung in der ersten Hälfte der 2000er Jahre zurückzukehren.
Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln
Gegen die größer werdenden Unwägbarkeiten sollte man sich zuallererst mit einer Strategie wappnen: Wer an kräftiges Wachstum in Deutschland glaubt, an einen anhaltenden Boom der Schwellenländer und hohen privaten Konsum, kann weiter am Aktienmarkt investieren. Wer skeptisch ist, sollte seine Bestände hingegen nicht aufstocken.
Eng verbunden mit der ersten Regel: Immer wieder kommt es vor, dass sich Dinge anders entwickeln, als man erwartet hat. Es ist wichtig, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und nicht jeder Entwicklung hinterherzulaufen. Eine solche Reaktion zeugt nicht von einem geringen Vertrauen in die eigene Strategie. Es kostet meist auch Geld, weil die Masse schon vorher diese Richtung eingeschlagen und das Gros an Rendite eingefahren hat.
Groß oder klein, spekulativ oder konservativ, liquide oder illiquide, dividendenstark oder dividendenschwach, Substanz oder Wachstum: Bei Aktien ist die Auswahl riesig. Der richtige Mix aus spekulativen und konservativen Titeln hilft, Schwankungen zwischen guten und schlechten Zeiten auszugleichen. Nicht zu unterschätzen sind starke Dividendenzahler, die Jahr für Jahr den Grundstock für eine solide Rendite legen.
Keine Frage, die Börsen haben in den vergangenen zehn Jahren stärker geschwankt als in allen Dekaden zuvor. Das wird so bleiben, mit wachsendem Computerhandel sogar noch zunehmen. Wer sein Risiko minimieren will, baut Barrieren ein – sogenannte Stopps. Gerne werden Stopps bei 20 Prozent über und unterhalb des aktuellen Kurses gewählt. Dann wird automatisch verkauft, wenn diese Grenzen erreicht sind. Kommt eine Phase überraschend steigender Kurse mit anhaltendem Aufwärtstrend, lässt sich die Barriere leicht nach oben verschieben. Wichtig ist dann, auch die Barriere am unteren Ende nachzuziehen.
Wichtig in Phasen überraschender Kurssteigerungen oder -stürze ist es, das Verhalten der Masse zu beobachten. Ist es noch nachvollziehbar oder völlig irrational? Häufig ist es irrational. Dann hilft meist die zweite Regel: Widerstandskraft zeigen. Nach einigen Monaten kehrt die Rationalität von ganz allein zurück. Der Kurssturz aus dem vergangenen Jahr und die jüngste Entwicklung beweisen das gerade wieder.
Sind Aktien wie seit Jahresbeginn schon um 30, 40 oder gar 50 Prozent gestiegen, dann sind Anschlussgewinne in der Regel nur noch schwer zu erzielen. Phrasenverdächtig ist zwar die alte Weisheit: „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand zugrunde gegangen.“ Richtig ist sie trotzdem.
Firmenchefs haben einen gewaltigen Vorteil gegenüber normalen Aktionären. Sie wissen weit mehr als jeder Analyst oder Kommentator, wie es in ihrem Unternehmen aussieht. Insider nennt man sie deshalb. Sie melden ihre Orders innerhalb von fünf Handelstagen an die Börsenaufsicht Bafin. Das Handelsblatt veröffentlicht alle zwei Wochen das sogenannte Insider-Barometer, das aus der Summe aller Kauf- und Verkaufsorders Schlüsse für den weiteren Verlauf in Dax & Co. zieht. Jüngste Tendenz: Vorstände und Aufsichtsräte verkaufen mehr als sie kaufen. Vorsicht also!
Terroranschläge und Naturkatastrophen kommen unerwartet. Politische Konflikte wie aktuell zwischen Israel und dem Iran schwelen meist länger. Entscheidende Wahlen wie jüngst in Russland und in diesem Jahr noch in Frankreich und den USA sind vorhersehbar und haben immer Einfluss auf die Börse. Dabei gilt generell: Wahljahre sind gute Börsenjahre.
Mit Optionsscheinen oder Bonus-Zertifikaten lässt sich zwar aus einem Aufwärtstrend ein noch größerer Profit schlagen. Dies sind jedoch in der Regel Wetten ohne realen Hintergrund. Aktien sind reale Werte.
Vor allem Aktien einzelner Branchen unterliegen immer wieder gewissen Moden. Doch die wechseln wie im realen Leben, und manchmal geht das schneller, als man denkt. Das bekommt gerade die einst angesehene Solarenergie-Branche bitter zu spüren.
Rückkehr zu regulierten Märkten
Hierfür müsste das heute behandelte Gesetz nicht nur das Teilproblem des algorithmischen Handels und des Hochfrequenzhandels angehen, sondern den Wertpapierhandel generell wieder an Regulierte Märkte zurückholen. Denn die Risiken in der Ermittlung von Marktpreisen werden nicht nur durch den algorithmischen Hochfrequenzhandel verursacht.
Auch die Marktstrukturen selbst sind mitverantwortlich. So ist es etwa auch weiterhin zulässig, die Aufträge privater Anleger im außerbörslichen, unregulierten Handel auszuführen – ohne Handelsüberwachung, ohne öffentlich-rechtliche Preisfeststellung, ohne Transparenz über das Handelsgeschehen. Für professionelle Marktteilnehmer, die sich selbst schützen können, mögen diese Rahmenbedingungen unproblematisch sein.
Um Privatanleger zu schützen, wäre jedoch ein Verbot angebracht, ihre Aufträge im außerbörslich unregulierten Bereich auszuführen. Insofern bleibt zu hoffen, dass der politische Wille ausreicht, nicht auf halbem Weg stehenzubleiben. Dann lässt sich das geplante Hochfrequenzhandelsgesetz als Ausgangspunkt einer umfassenden Re-Regulierung des Wertpapierhandels zugunsten derjenigen nutzen, denen die Finanzmarktordnung schließlich dienen soll – den Bürgerinnen und Bürgern.