Am Anleihemarkt sieht es in letzter Zeit oft so aus, als ob gewiefte Anwälte und pfiffige Banker den Spielplan schon vorab geschrieben hätten. Meist fängt der erste Akt so an: Ein klammes Unternehmen benötigt dringend Geld, die Bank will schließlich nichts mehr geben. Also legt es eine Hochzinsanleihe auf, auch Junkbond genannt – übersetzt Schrottanleihe, Müll eben.
Damit Anleger anbeißen, werden sie nicht nur mit einem hohen Zins von um die sieben, acht Prozent geködert. Um Sicherheit zu suggerieren, bekommen sie zusätzlich die Zusicherung, dass das Unternehmen Finanzkennzahlen einhalten wird (Covenants). Sinkt dann etwa die Eigenkapitalquote unter eine vorab festgelegte Schwelle, dürfen Anleger ihr Geld zurückfordern.
Zur Regeländerung erpresst
Allein in der Praxis funktioniert das nicht: Immer, wenn ein Unternehmen Covenants reißt, wird Anlegern die Pistole auf die Brust gesetzt. Falls sie nicht zustimmten, dass die Regeln geändert würden, wäre das Unternehmen pleite, ihr Geld futsch. Die anfänglich vollmundig versprochenen Garantien erweisen sich als gut aufgeführtes Schauspiel.
So kommen Anleger in Hochzins-Unternehmensanleihen durch das Zinstal
Hochzinspapiere sind relativ attraktiv, da finanzstarke Emittenten nur extrem niedrige Zinsen zahlen
Gerade schwach beleumundete Schuldner sind auf steigende Preise für ihre Produkte angewiesen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Signalisieren die Niedrigzinsen gar eine Phase fallender Preise (Deflation), steigt das Pleiterisiko erheblich
Unternehmensanleihen im Rahmen der Streuung des Depots beimischen
Deutet sich eine Phase fallender Güterpreise an, sollten Anleger ihre Hochzinsanleihen verkaufen und keine Neuengagements eingehen
Bei steigenden Zinsen bieten Hochzinspapiere und Schrottbonds etwas Schutz vor sehr hohen Kursverlusten, weil sie einen relativ hohen Kupon bieten
Allerdings kommen lang laufende Papiere spätestens dann unter Druck, wenn sich neue Papiere gut beleumundeter Schuldner im Zins den Kupons alter Schrottbonds deutlich annähern
Papiere mit einer Bonität knapp unterhalb der Investitionsklasse mit einer Laufzeit bis zu rund vier Jahren sind attraktiv
Allgemeine Konjunktur- und Branchenprobleme oder individuelle Fehlgriffe des Managements bedrohen Hochzinsbonds generell
In Phasen halbwegs erträglicher Konjunktur und fallender Zinsen sind Hochzinsbonds perfekt. Diese Kombination dürfte es aber in den kommenden Jahren selten geben, wenn überhaupt
Heftig ging es zuletzt bei Mifa zu: Die Anleihe kam im August, Mifa sammelte 25 Millionen Euro ein. Gläubiger dürfen kündigen, wenn die Eigenkapitalquote unter 25 Prozent sinkt. Kürzlich hat der Fahrradhersteller dann für 2013 und das Vorjahr Bilanzierungsfehler eingeräumt. Bilanzverlust: circa 28 Millionen Euro. Nun sollen Anleger bis zum 13. Juni abstimmen, ob sie Zinsen stunden, sie sollen auch den „vorübergehenden Ausschluss von Kündigungsrechten“ beschließen. Falls nicht, dürfte wohl die Sanierung scheitern.
Eigentümergeld lockt weitere Anleger
Nichts fürchten Banker und Unternehmer mehr, als dass die Platzierung floppt und nicht genug Geld zusammenkommt. Hier greifen sie in die Trickkiste: Reichen Covenants nicht aus, um Anleger zu ködern, nehmen Eigentümer Geld in die Hand. Immer wieder hört man, dass privat Millionen in eigene Papiere investiert wurden –, die aber schnell wieder verkauft werden, nachdem man Anlegern die Jubelnachricht überbracht hat, dass das Ding platziert werden konnte. Für Sparer sieht es dann so aus, als ob die Anleihe ein voller Erfolg wäre.
Anleihen des Start-ups MBB Clean Energy, berichtete das Manager Magazin, sollen gar gratis geliefert worden sein. „Ohne Bezahlung hat die Gesellschaft keine wirksamen Bonds ausgegeben“, schreibt der Wind- und Solarparkfinanzierer dazu in einer Stellungnahme für die WirtschaftsWoche.
Das klingt, als sei hinter den Kulissen etwas gewaltig schief gelaufen. Seine Zinsen jedenfalls ist das Unternehmen wochenlang schuldig geblieben. Offenbar gibt es Probleme mit der Abwicklung, weil bestimmte Investoren auf Zinsen verzichtet haben sollen, aber für einen wirksamen Verzicht noch nicht alle notwendigen Dokumente vorliegen.
Wie eine Erfolgsgeschichte
Allgemein gilt: Wenn Anleihen gratis ausgegeben werden, dann sieht es nach außen hin aus wie eine Erfolgsgeschichte. Das Manöver könnte andere Anleger daher dazu verleiten, echtes Geld zu investieren. So oder so: MBB hat jetzt die Globalurkunde seiner Anleihe für „unwirksam“ erklärt, in der die Rechte aller Anleger auf ihren jeweiligen Anteil verbrieft ist.
„Die Ansprüche der berechtigten Gläubiger werden bedient. Die Zinsen sind auf einem Treuhandkonto hinterlegt“, hieß es dazu in einer Mitteilung.
Hilft alles nichts mehr, so hört man, sollen auch gerne mal Kick-backs an Verkäufer fließen: Diese verdeckten Provisionen machen es manch einem schmackhaft, eine Schrottanleihe zu verticken.