Der zweite Akt ist nicht weniger bedenklich: Er heißt Aufstockung. Meist wird dieses Schauspiel allerdings hinter den Kulissen aufgeführt. Anleger bekommen dann meist nur noch die Vollzugsmeldung, dass das Unternehmen im Rahmen einer Privatplatzierung frische Millionen aufgenommen hat. Folge: Schulden und Zinslast für das Unternehmen steigen, jeder vorher investierte Anlegereuro wird wackeliger. Dem Tütensuppenhersteller Zamek ist der Nachschlag nicht bekommen: Über eine Anleihe hatte Zamek erst 35 Millionen Euro gepumpt und später zehn nachgelegt. Ein Jahr später war Zamek pleite.
Kritische Eigenverwaltung
Nun geht das Drama um Zamek weiter: Mit Vorliebe sanieren sich Unternehmen nämlich in eigener Verwaltung. Hier hat der Sanierungsvorstand die Macht über den Insolvenzplan, aus dem eine Quote für Anleger hervorgeht. Zamek-Gläubiger haben jetzt beim Amtsgericht Düsseldorf beantragt, das Insolvenzverfahren in eigener Verwaltung aufzuheben. Sie vertrauen dem noch von der alten Zamek-Geschäftsführung eingesetzten Sanierer nicht und streben ein normales Insolvenzverfahren an.
Mittlerweile hat selbst Nikolaos Antoniadis, Sanierungsgeschäftsführer der Holding, die die Anleihe ausgegeben hat, einen eigenen Antrag auf das Ende der Eigenverwaltung gestellt. Das Amtsgericht bestätigte der Redaktion, dass sein Antrag vorliege. „Wenn der Insolvenzverwalter bestellt wird, lege ich selbstverständlich gerne auch mein Amt als Geschäftsführer nieder“, sagte er der WirtschaftsWoche.
Hinter den Kulissen gibt es bei Zamek Streit um die Betriebsimmobilie samt Grundstück. Laut Antoniadis ist das Werksgelände plus Immobilie zuletzt von einem Gutachter mit 13,7 Millionen Euro bewertet worden. Beides wurde im vergangenen Jahr von einer operativen Tochter auf die Anleiheemittentin übertragen. Damit ist es das einzig wirklich werthaltige Asset, aus dem die Anleihegläubiger noch Kapital schlagen könnten.
Problem: Grundstück und Immobilie gehören den Gläubigern, das operative Geschäft aber nicht. Das operative Geschäft liegt bei den Töchtern. Nun soll Zamek verkauft werden. Aber: „Es wird natürlich viel schwieriger, einen Investor für das operative Geschäft zu finden, wenn dieser die bisherige Immobilie nicht nutzen kann. Damit würde man die Chancen für die Fortführung des Betriebs und die Rettung der Arbeitsplätze verschlechtern. Das kann nicht im Sinne des Unternehmens sein“, sagt Antoniadis. Gläubiger aber wollen einen isolierten Verkaufsprozess für ihre Assets.
Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln
Gegen die größer werdenden Unwägbarkeiten sollte man sich zuallererst mit einer Strategie wappnen: Wer an kräftiges Wachstum in Deutschland glaubt, an einen anhaltenden Boom der Schwellenländer und hohen privaten Konsum, kann weiter am Aktienmarkt investieren. Wer skeptisch ist, sollte seine Bestände hingegen nicht aufstocken.
Eng verbunden mit der ersten Regel: Immer wieder kommt es vor, dass sich Dinge anders entwickeln, als man erwartet hat. Es ist wichtig, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und nicht jeder Entwicklung hinterherzulaufen. Eine solche Reaktion zeugt nicht von einem geringen Vertrauen in die eigene Strategie. Es kostet meist auch Geld, weil die Masse schon vorher diese Richtung eingeschlagen und das Gros an Rendite eingefahren hat.
Groß oder klein, spekulativ oder konservativ, liquide oder illiquide, dividendenstark oder dividendenschwach, Substanz oder Wachstum: Bei Aktien ist die Auswahl riesig. Der richtige Mix aus spekulativen und konservativen Titeln hilft, Schwankungen zwischen guten und schlechten Zeiten auszugleichen. Nicht zu unterschätzen sind starke Dividendenzahler, die Jahr für Jahr den Grundstock für eine solide Rendite legen.
Keine Frage, die Börsen haben in den vergangenen zehn Jahren stärker geschwankt als in allen Dekaden zuvor. Das wird so bleiben, mit wachsendem Computerhandel sogar noch zunehmen. Wer sein Risiko minimieren will, baut Barrieren ein – sogenannte Stopps. Gerne werden Stopps bei 20 Prozent über und unterhalb des aktuellen Kurses gewählt. Dann wird automatisch verkauft, wenn diese Grenzen erreicht sind. Kommt eine Phase überraschend steigender Kurse mit anhaltendem Aufwärtstrend, lässt sich die Barriere leicht nach oben verschieben. Wichtig ist dann, auch die Barriere am unteren Ende nachzuziehen.
Wichtig in Phasen überraschender Kurssteigerungen oder -stürze ist es, das Verhalten der Masse zu beobachten. Ist es noch nachvollziehbar oder völlig irrational? Häufig ist es irrational. Dann hilft meist die zweite Regel: Widerstandskraft zeigen. Nach einigen Monaten kehrt die Rationalität von ganz allein zurück. Der Kurssturz aus dem vergangenen Jahr und die jüngste Entwicklung beweisen das gerade wieder.
Sind Aktien wie seit Jahresbeginn schon um 30, 40 oder gar 50 Prozent gestiegen, dann sind Anschlussgewinne in der Regel nur noch schwer zu erzielen. Phrasenverdächtig ist zwar die alte Weisheit: „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand zugrunde gegangen.“ Richtig ist sie trotzdem.
Firmenchefs haben einen gewaltigen Vorteil gegenüber normalen Aktionären. Sie wissen weit mehr als jeder Analyst oder Kommentator, wie es in ihrem Unternehmen aussieht. Insider nennt man sie deshalb. Sie melden ihre Orders innerhalb von fünf Handelstagen an die Börsenaufsicht Bafin. Das Handelsblatt veröffentlicht alle zwei Wochen das sogenannte Insider-Barometer, das aus der Summe aller Kauf- und Verkaufsorders Schlüsse für den weiteren Verlauf in Dax & Co. zieht. Jüngste Tendenz: Vorstände und Aufsichtsräte verkaufen mehr als sie kaufen. Vorsicht also!
Terroranschläge und Naturkatastrophen kommen unerwartet. Politische Konflikte wie aktuell zwischen Israel und dem Iran schwelen meist länger. Entscheidende Wahlen wie jüngst in Russland und in diesem Jahr noch in Frankreich und den USA sind vorhersehbar und haben immer Einfluss auf die Börse. Dabei gilt generell: Wahljahre sind gute Börsenjahre.
Mit Optionsscheinen oder Bonus-Zertifikaten lässt sich zwar aus einem Aufwärtstrend ein noch größerer Profit schlagen. Dies sind jedoch in der Regel Wetten ohne realen Hintergrund. Aktien sind reale Werte.
Vor allem Aktien einzelner Branchen unterliegen immer wieder gewissen Moden. Doch die wechseln wie im realen Leben, und manchmal geht das schneller, als man denkt. Das bekommt gerade die einst angesehene Solarenergie-Branche bitter zu spüren.
Problem zwei: Der Kaufpreis für die Immobilie ist mit offenen Darlehensansprüchen verrechnet worden. „Der Sachwalter der ebenso insolventen operativen Zamek-Tochter hat die Übertragung der Immobilie und des Grundstückes bereits angefochten“, sagt Antoniadis.
Wäre er erfolgreich, gingen die Anleihe-Gläubiger wahrscheinlich weitgehend leer aus, da die operativen Töchter zunächst 18 bis 20 Millionen Euro an vorrangigen Verbindlichkeiten bedienen müssen, bevor Ansprüche der Anleihe-Gläubiger berücksichtigt werden können. Und unter Experten gilt es als wahrscheinlich, dass die Anfechtung Erfolg hat, schließlich ist die Übertragung kein Jahr vor der Insolvenz passiert. Anlegern wird langsam klar, dass sie einer leeren Hülle Geld geliehen haben.
Alarmstufe Rot
Fast schon einplanen müssen Anleger – insbesondere bei Mittelstandsanleihen –, dass das Rating nach der Emission absackt, oft begleitet von einem Kursverfall der Anleihe. Alarmstufe rot ist spätestens gegeben, wenn das Unternehmen in ein niedrigeres Anleihesegment der Börse wechselt – in Frankfurt also zum Beispiel vom Entry Standard in das Quotation Board.
Anleger können die Bonds dann zwar noch handeln, das Unternehmen aber ist nicht mehr zu einer so hohen Transparenz wie vorher verpflichtet – Anleger müssen mit weniger Informationen rechnen. Die Zahlen sollen sie wohl auch nicht mehr zu Gesicht bekommen, schließlich könnten sie dann sehen, wie schlecht es um das Unternehmen steht. Auf einen Segmentwechsel jedenfalls folgte in der Vergangenheit meist die Pleite – Windreich oder Payom Solar (Solen) sind traurige Beispiele.