Hochzinsanleihen Anlegerabzocke in drei Akten

Seite 2/3

Zweiter Akt: Aufstockung hinter den Kulissen

Der zweite Akt ist nicht weniger bedenklich: Er heißt Aufstockung. Meist wird dieses Schauspiel allerdings hinter den Kulissen aufgeführt. Anleger bekommen dann meist nur noch die Vollzugsmeldung, dass das Unternehmen im Rahmen einer Privatplatzierung frische Millionen aufgenommen hat. Folge: Schulden und Zinslast für das Unternehmen steigen, jeder vorher investierte Anlegereuro wird wackeliger. Dem Tütensuppenhersteller Zamek ist der Nachschlag nicht bekommen: Über eine Anleihe hatte Zamek erst 35 Millionen Euro gepumpt und später zehn nachgelegt. Ein Jahr später war Zamek pleite.

Kritische Eigenverwaltung

Nun geht das Drama um Zamek weiter: Mit Vorliebe sanieren sich Unternehmen nämlich in eigener Verwaltung. Hier hat der Sanierungsvorstand die Macht über den Insolvenzplan, aus dem eine Quote für Anleger hervorgeht. Zamek-Gläubiger haben jetzt beim Amtsgericht Düsseldorf beantragt, das Insolvenzverfahren in eigener Verwaltung aufzuheben. Sie vertrauen dem noch von der alten Zamek-Geschäftsführung eingesetzten Sanierer nicht und streben ein normales Insolvenzverfahren an.

Mittlerweile hat selbst Nikolaos Antoniadis, Sanierungsgeschäftsführer der Holding, die die Anleihe ausgegeben hat, einen eigenen Antrag auf das Ende der Eigenverwaltung gestellt. Das Amtsgericht bestätigte der Redaktion, dass sein Antrag vorliege. „Wenn der Insolvenzverwalter bestellt wird, lege ich selbstverständlich gerne auch mein Amt als Geschäftsführer nieder“, sagte er der WirtschaftsWoche.

Hinter den Kulissen gibt es bei Zamek Streit um die Betriebsimmobilie samt Grundstück. Laut Antoniadis ist das Werksgelände plus Immobilie zuletzt von einem Gutachter mit 13,7 Millionen Euro bewertet worden. Beides wurde im vergangenen Jahr von einer operativen Tochter auf die Anleiheemittentin übertragen. Damit ist es das einzig wirklich werthaltige Asset, aus dem die Anleihegläubiger noch Kapital schlagen könnten.

Problem: Grundstück und Immobilie gehören den Gläubigern, das operative Geschäft aber nicht. Das operative Geschäft liegt bei den Töchtern. Nun soll Zamek verkauft werden. Aber: „Es wird natürlich viel schwieriger, einen Investor für das operative Geschäft zu finden, wenn dieser die bisherige Immobilie nicht nutzen kann. Damit würde man die Chancen für die Fortführung des Betriebs und die Rettung der Arbeitsplätze verschlechtern. Das kann nicht im Sinne des Unternehmens sein“, sagt Antoniadis. Gläubiger aber wollen einen isolierten Verkaufsprozess für ihre Assets.

Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln

Problem zwei: Der Kaufpreis für die Immobilie ist mit offenen Darlehensansprüchen verrechnet worden. „Der Sachwalter der ebenso insolventen operativen Zamek-Tochter hat die Übertragung der Immobilie und des Grundstückes bereits angefochten“, sagt Antoniadis.

Wäre er erfolgreich, gingen die Anleihe-Gläubiger wahrscheinlich weitgehend leer aus, da die operativen Töchter zunächst 18 bis 20 Millionen Euro an vorrangigen Verbindlichkeiten bedienen müssen, bevor Ansprüche der Anleihe-Gläubiger berücksichtigt werden können. Und unter Experten gilt es als wahrscheinlich, dass die Anfechtung Erfolg hat, schließlich ist die Übertragung kein Jahr vor der Insolvenz passiert. Anlegern wird langsam klar, dass sie einer leeren Hülle Geld geliehen haben.

Alarmstufe Rot

Fast schon einplanen müssen Anleger – insbesondere bei Mittelstandsanleihen –, dass das Rating nach der Emission absackt, oft begleitet von einem Kursverfall der Anleihe. Alarmstufe rot ist spätestens gegeben, wenn das Unternehmen in ein niedrigeres Anleihesegment der Börse wechselt – in Frankfurt also zum Beispiel vom Entry Standard in das Quotation Board.

Anleger können die Bonds dann zwar noch handeln, das Unternehmen aber ist nicht mehr zu einer so hohen Transparenz wie vorher verpflichtet – Anleger müssen mit weniger Informationen rechnen. Die Zahlen sollen sie wohl auch nicht mehr zu Gesicht bekommen, schließlich könnten sie dann sehen, wie schlecht es um das Unternehmen steht. Auf einen Segmentwechsel jedenfalls folgte in der Vergangenheit meist die Pleite – Windreich oder Payom Solar (Solen) sind traurige Beispiele.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%