Hongkongs Papier-Milliardäre Wenn der Kurs um 9.800 Prozent nach oben schnellt

In Hongkong häufen sich Fälle, in denen Manager im Handumdrehen zu Milliardären werden, weil der Kurs ihres Unternehmens rasant steigt. Behörden warnen vor Manipulationen – doch nachweisen lassen sich diese nicht.

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In der Metropole ansässige Unternehmen sollen verschiedene Methoden eingesetzt haben, um ihre Aktienkurse künstlich nach oben zu treiben. Quelle: dpa

Hongkong In Hongkong keine Seltenheit mehr: Leute, die im Handumdrehen zu Aktienmarkt-Milliardären werden. Doch was genau hinter all dem Reichtum steckt, bleibt oftmals ein Rätsel. Bestes Beispiel hierfür ist Wong Wing-wah. Er war einst Fischhändler bevor er eine Ingenieurbau-Firma gründete. Im vergangenen Jahr brachte er sein Unternehmen an die Börse – und der Kurs schnellte um 9.800 Prozent nach oben.

Wong und ein Partner, die zusammen fast die gesamten Aktien besitzen, verfügen nun jeweils auf dem Papier über ein Vermögen von einer Milliarde Dollar. Dabei hatte ihr Unternehmen, Luen Wong Group Holdings Ltd., vergangenes Jahr nur einen Gewinn von einer Million Dollar verzeichnet. Die Antwort auf die Frage, wie das möglich ist, findet sich in einer der dunkelsten Ecken des Marktes: Small-Cap-Aktien. Die Hong Kong Stock Exchange und ihr Schwestermarkt Growth Enterprise Market sind zu einer wahren Brutstätte für Papier-Milliardäre geworden.

Allein in den vergangenen drei Jahren haben rund ein Dutzend Manager, viele vom chinesischen Festland, ein Vermögen von einer Milliarde Dollar oder mehr angehäuft als die Kurse ihrer Unternehmen hochschnellten – oftmals ohne ersichtlichen Grund.

Den Managern und ihren Firmen ist keinerlei Fehlverhalten vorgeworfen worden. Doch das Phänomen lässt bei den Hongkonger Aufsichtsbehörden die Alarmglocken läuten. Sie warnen davor, dass die Aktien anfällig für Manipulation sein könnten. Das gelte besonders dann, wenn sich nur wenige Aktien im freien Umlauf befinden würden. In einigen Fällen beträgt der Streubesitz dieser Firmen effektiv weniger als ein Prozent. Das führt zu wilden Kursausschlägen und zu starken Unterschieden zwischen den Preisen, zu denen Investoren zu Käufen oder Verkäufen bereit sind. Im Fall von Luen Wong lag die Geld-Brief-Spanne bei 68 Prozent.

„Viele dieser Leute sind auf dem Papier sehr reich. Doch sollten sie ihre Aktien verkaufen, ist es ausgeschlossen, dass sie in der Lage sein werden, die Börsenkurse zu realisieren“, sagt Philippe Espinasse, der frühere Chef für Aktien-Kapitalmärkte Asien bei Nomura Holdings Inc.

Seit 2009 hat die Aufsichtsbehörde Securities and Futures Commission 124 Mal auf Fälle hoher Aktionärs-Konzentration hingewiesen. Der Marktwert dieser Firmen lag zum Zeitpunkt der jeweiligen Mitteilungen bei insgesamt 79,6 Milliarden Dollar. Luen Wong reagierte nicht auf Nachfragen von Bloomberg mit der Bitte um eine Stellungnahme. Vertreter der SFC und der beiden Börsenbetreiber wollten keinen Kommentar abgeben.

Hongkonger Unternehmen, die oft von Familien geführt werden, haben die verschiedensten Mittel genutzt, um ihre Aktienkurse künstlich nach oben zu treiben, erklärt Jie Gan, Finanz-Professorin der Cheung Kong Graduate School of Business, ohne sich auf bestimmte Unternehmen zu beziehen. „Und jetzt kommen auch die Leute vom Festland hierher und nutzen ähnliche Tricks und Kniffe, um ihr Vermögen zu maximieren.“

Ein hoher Marktwert, auch wenn er ein unbeabsichtigter Nebeneffekt einer hohen Konzentration in der Aktionärsstruktur ist, hilft den Chefs der Unternehmen, neue Geschäfte einzuwerben und sich Finanzierungen zu sichern, zu denen sie sonst vielleicht keinen Zugang hätten.

Die Aktien der Firmen all dieser Papier-Milliardäre sind zwischen dem fünf- und 335-fachen ihrer jeweiligen Buchwerte gehandelt worden. Zum Vergleich: Der Wert für Unternehmen aus Hongkong lag im vergangenen Jahr beim 1- bis 1,3-fachen.

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