HV von Berkshire Hathaway Die Baustellen des Warren Buffett

Warren Buffett verkauft vor der Hauptversammlung von Berkshire Hathaway über 30 Millionen IBM-Aktien. Wenn sich am Samstag rund 40.000 Aktionäre treffen, wird sich Buffett auch kritischen Fragen stellen müssen.

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Der CEO von Berkshire Hathaway stellt sich stundenlang den Fragen der Aktionäre. Quelle: Reuters

Omaha Warren Buffett hat mal wieder gewonnen. 2008 ging er eine Wette mit Fondsmanager Ted Seides ein. Kein Investment-Profi könnte fünf Hedgefonds finden, die über zehn Jahren den breit angelegten Aktienindex S&P 500 schlagen, postulierte Buffett. Nun, noch bevor die zehn Jahre um sind, gesteht Seides seine Niederlage ein.

Buffett wird am Samstag, bei der Hauptversammlung seines Konzerns Berkshire Hathaway sicher darauf eingehen. Schon in den vergangenen Jahren hat er seinen Aktionären immer wieder einen Zwischenstand über den Stand der Wette gegeben. Er nutzt sie, um seinen Rat an die Anleger zu untermauern: lieber in passive Fonds, sogenannte ETFs des S&P 500, investieren, als hohe Gebühren an Hedgefonds zu zahlen.

Ein weiteres Gesprächsthema könnte am Samstag die Beteiligung am IT-Riesen IBM sein. Wie am Freitag bekannt wurde, hat Buffett jüngst ein Drittel seiner Aktien verkauft – etwa 30 Millionen der 81 Millionen Anteilsscheine. „Ich bewerte IBM nicht mehr so wie vor sechs Jahren, als ich mit dem Aktienkauf begonnen habe“, erklärte Buffett gegenüber dem US-Wirtschaftssender CNBC. IBM sei ein „starkes Unternehmen“, das allerdings „auch starker Konkurrenz“ ausgesetzt sei. Pro verkaufte Aktie habe er demnach 180 US-Dollar erhalten – durchschnittlich 170 Dollar hatte ein Papier beim Kauf gekostet.

Buffetts Einstieg bei IBM kam seinerzeit überraschend. Seine Weigerung bei Technologiefirmen einzusteigen war fast schon legendär. Von Geschäftsmodellen, die seiner Ansicht nach schwierig zu verstehen sind, hielt er sich fern. Über die Jahre wuchs die IBM-Beteiligung neben American Express, Coca-Cola, Kraft Heinz und Apple aber zu einer der größten bei Berkshire an. Sie war allerdings nicht von Erfolg gekrönt. Der Umsatzschwund bei IBM setzte sich zu Jahresbeginn auch im 20. Quartal fort.

Buffett ist kein gewöhnlicher Vorstandschef und das Aktionärstreffen am Samstag am Hauptsitz in Omaha, Nebraska ist keine gewöhnliche Hauptversammlung. Gerade deshalb genießt der 86-Jährige Kultstatus unter seinen Anhängern. Fünf Stunden lang nehmen sich Buffett und sein stellvertretender Verwaltungsratschef Charlie Munger, 93, Zeit, um die Fragen der Aktionäre zu beantworten. Meist geht es dabei jedoch weniger ums Geschäft, sondern um Rat in allen Lebenslagen: Wie bringe ich meine Kinder dazu, einen Beruf zu erlernen, obwohl ich sehr wohlhabend bin? Wie steht es um die Weltwirtschaft? Was ist mit der Zukunft des Euro?


Welche Fragen Aktionäre beschäftigen

Die Veranstaltung trägt den Spitznamen „Woodstock für Kapitalisten“. Buffett und Munger werden wie Idole gefeiert. Viele der rund 80 Unternehmen, die zu Berkshires Imperium gehören, verkaufen ihre Produkte vor Ort und geben Rabatte an die Aktionäre. Doch es gibt durchaus kritische Fragen, denen sich der legendäre Investor stellen muss.

1. Wie geht es weiter bei Wells Fargo?

Schon seit Jahren ist Berkshire der größte Anteilseigner der Bank aus San Francisco. 23 Prozent des Aktienportfolios ist in Wells Fargo investiert.
Buffett schätzte auch die ethischen Leitlinien, mit denen sich die Bank stets schmückte. Doch das Image von Wells Fargo ist im vergangenen Jahr durch einen Skandal um Scheinkonten stark beschädigt worden. Wells-Fargo-Chef John Stumpf, ein Buffett-Vertrauter, musste gehen. Buffett steht jedoch nach wie vor zur Bank, stärkte den Direktoren auf der jüngsten Hauptversammlung den Rücken. „Das wird er am Samstag sicherlich erklären müssen“, sagt Juraprofessor Lawrence Cunningham, der mehrere Bücher über den Berkshire-Chef geschrieben hat. „Berkshire steht für Integrität. Daher ist es schon interessant zu sehen, wie er mit solchen Problemen umgeht.“

2. Was passiert mit Kraft Heinz?

Anfang des Jahres ist Kraft Heinz mit einer Mega-Übernahme gescheitert. 143 Milliarden Dollar wollte der Ketchup- und Snack-Konzern für den Konsumgüterhersteller Unilever zahlen. Buffett wollte hier auf die bewährte Zusammenarbeit mit der brasilianischen Private-Equity-Gesellschaft 3G setzten. Doch Unilever weigerte sich. Und eine feindliche Übernahme – das hat der Berkshire-Chef stets klar gemacht – kommt für ihn nicht in Frage.

Doch was kommt nächstes? Die Umsätze stagnieren. Längst wird über andere mögliche Übernahme-Ziele nachgedacht. Colgate-Palmolive könnte Analysten zufolge eine Option sein. Mondelez – früher ein Teil des Kraft-Konzerns, könnte eine andere sein. Allerdings regt sich unter den Aktionären auch Kritik. 3G ist für radikale Kosteneinsparungen und Stellenstreichungen bekannt und agiert damit genau anders als es viele von Buffett gewohnt sind.

3. Wohin mit all dem Geld?

Für eine große Übernahme wäre es ohnehin wieder Zeit. Berkshire hat über 85 Milliarden Dollar an Barreserven – so viel wie noch nie. Und obwohl Buffett und Munger schon lange nach großen Übernahmezielen Ausschau halten, ist immer noch nichts in Sicht. Vielleicht gibt der drittreichste Mann der Welt auch dazu Auskunft. „Man kann an dieser Stelle eigentlich kein mögliches Übernahmeziel ausschließen“, sagt Meyer Shields vom Analysehaus KBW. „Er sucht quasi in jeder Branche und in jeder Größe.“

Auch in Deutschland suchen Berkshire und diverse Töchter nach weiteren Übernahmemöglichkeiten. Die Industrie-Tochter Precision Castparts hatte im Januar den deutschen Mittelständler Wilhelm Schulz GmbH übernommen, der unter anderem Spezialist für Rohrteile ist. Das war allerdings nur ein kleiner Deal. Buffett ist bereit, wieder im großen Stil zuzuschlagen – das hat er bereits signalisiert.

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