




Am verriegelten Eingang zum öffentlichen Gesundheitszentrum hängt ein Bettlaken mit roten Lettern: "Nein zur Privatisierung." Die Ärzte in Madrid streiken auf unbestimmte Zeit, weil die klamme Regionalregierung das Gesundheitssystem in großen Teilen privatisieren will. Streiks drohen auch mal wieder im öffentlichen Nahverkehr, ebenfalls gegen staatliche Kürzungen. Die Arbeitslosenrate liegt über 25 Prozent, die Zeitungen berichten von neuen Massenentlassungen, zuletzt etwa bei der Fluggesellschaft Iberia. In der Novemberumfrage des größten iberischen Meinungsforschers CIS stuften 91 Prozent der Spanier die Wirtschaftslage als schlecht ein, fast ebenso viele erwarten für 2013 keine Besserung.
An den Finanzmärkten aber macht sich vorsichtiger Optimismus breit. Internationale Anlegergelder fließen wieder ins Land, die Kapitalbilanz drehte zuletzt ins Plus, auch der Einlagenschwund bei den spanischen Banken ist gestoppt.

Die Wende für den spanischen Markt kam, als Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), ankündigte, er werde notfalls unbegrenzt Staatsanleihen aufkaufen. Allein die Aussicht auf mögliche Anleihekäufe ließ die Renditen schrumpfen. Das verbesserte die Finanzierungsbedingungen nicht nur für den Staat, sondern auch für die stark vom Kapitalmarkt abhängigen Konzerne im Index Ibex 35. Möglicherweise wird die spanische Regierung 2013 tatsächlich EZB-Anleihekäufe beantragen. Das könnte spanische Aktien stützen. Die dem Antrag vorhergehenden Turbulenzen wiederum könnten noch mal günstige Kaufgelegenheiten bieten.
"In der ersten Phase nach dem Sommer war es sinnvoll, den kompletten Ibex zu kaufen, jetzt setzt man besser auf einzelne Gewinner", sagt Paolo Mezza, Vermögensberater bei Arcano Wealth Advisors in Madrid. Er bevorzugt international aktive Unternehmen, die wegen der Rezession "von den Märkten abgestraft wurden, weil sie ihren Hauptsitz in Spanien haben".
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Iberisches Comeback? Ausgewählte spanische Aktien mit Chancen
Banco Santander (Branche: Bank)
Kurs (Euro): 5,80
Börsenwert (Mrd. Euro): 59,87
KGV1: 8,9
Rendite²: 10,3
Chance/ Risiko³: 7/7
1auf Basis des für 2013 geschätzten Gewinns je Aktie
²auf Basis der für 2012 auszuzahlenden Dividende
³Chance/ Risiko, 1 = niedrig, 10 = hoch
Quelle: Bloomberg, Stand: 13.12.2012
BBVA (Branche: Bank)
Kurs (Euro): 6,58
Börsenwert (Mrd. Euro): 35,86
KGV1: 8,7
Rendite²: 6,4
Chance/ Risiko³: 7/6
1auf Basis des für 2013 geschätzten Gewinns je Aktie
²auf Basis der für 2012 auszuzahlenden Dividende
³Chance/ Risiko, 1 = niedrig, 10 = hoch
Quelle: Bloomberg
Inditex (Branche: Textilhandel)
Kurs (Euro): 101,40
Börsenwert (Mrd. Euro): 63,21
KGV1: 24,0
Rendite²: 2,3
Chance/ Risiko³: 6/5
1auf Basis des für 2013 geschätzten Gewinns je Aktie
²auf Basis der für 2012 auszuzahlenden Dividende
³Chance/ Risiko, 1 = niedrig, 10 = hoch
Quelle: Bloomberg
Repsol (Branche: Öl)
Kurs (Euro): 16,09
Börsenwert (Mrd. Euro): 20,19
KGV1: 9,6
Rendite²: 6,0
Chance/ Risiko³: 7/5
1auf Basis des für 2013 geschätzten Gewinns je Aktie
²auf Basis der für 2012 auszuzahlenden Dividende
³Chance/ Risiko, 1 = niedrig, 10 = hoch
Quelle: Bloomberg
Telefónica (Branche: Telekommunikation)
Kurs (Euro): 9,99
Börsenwert (Mrd. Euro): 45,49
KGV1: 8,0
Rendite²: 0,0
Chance/ Risiko³: 7/6
1auf Basis des für 2013 geschätzten Gewinns je Aktie
²auf Basis der für 2012 auszuzahlenden Dividende
³Chance/ Risiko, 1 = niedrig, 10 = hoch
Quelle: Bloomberg; Stand: 13.12.2012
Banken mit Immobilien-Risiko
Zu diesen zählen vor allem die spanischen Banken. Die globalen Großbanken Santander und BBVA würden stark von fallenden Anleiherenditen profitieren und bieten eine gute Kapitalrendite, hebt Kevin Lilley hervor, der den 64 Millionen Euro schweren Old Mutual Fonds managt. 6,5 Prozent seines Fonds hat er in spanische Aktien investiert. Er ist sicher, dass die Staatsanleiherenditen 2013 weiter sinken, "sofern die Regierung ihre Reformarbeit weiterführt – selbst wenn Spanien keinen Antrag mehr auf EZB-Hilfe stellt".
Sowohl Santander als auch BBVA sind mittlerweile eher globale als spanische Banken; der Heimatmarkt steuerte bei BBVA zuletzt 29 Prozent des operativen Gewinns bei, bei Santander sogar nur 16 Prozent. Beide Finanzinstitute haben ihr Hauptstandbein in Lateinamerika, Santander vor allem in Brasilien, BBVA in Mexiko. Benjie Creelan-Sandford von der Investmentbank Macquarie bevorzugt deshalb BBVA gegenüber Banco Santander, "weil die Wachstumsaussichten in Mexiko noch besser sind als in Brasilien".