Spanien stützt den schwankenden Sparkassenkonzern Bankia. Dazu hat der Staat auf Bitten der Bank einen indirekten Anteil von 45 Prozent über den Mutterkonzern BFA gekauft. Schon in den vergangenen beiden Jahren waren aus dem spanischen Rettungsfonds 4,5 Milliarden Euro an die Bankengruppe als Kredit geflossen. Dieses Geld wird nun in BFA-Aktien umgewandelt und ermöglicht der Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy die Kontrolle über die BFA und indirekt auch über deren Tochter Bankia. Der erst vor wenigen Tagen eingesetzte neue Bankia-Chef José Ignacio Goirigolzarri hatte selbst die teilweise Verstaatlichung vorgeschlagen.
Die Börse in Madrid quittierte die Nachricht mit einem Kursanstieg. Die Entscheidung wurde, nachdem die Zinsen für spanische Staatsanleihen in die Höhe gegangen und die Aktienkurse der Banken in den Keller gerutscht waren, bekannt gegeben. Am Donnerstagmorgen eröffnete der Aktienindex Ibex-35 dann mit einem Kursanstieg von 1,7 Prozent. Wertpapiere von Banken legten mit Ausnahme des verstaatlichten Instituts Bankia zu. Deren Aktien gaben um 3,7 Prozent nach, nachdem sie bereits seit Wochenbeginn 13 Prozent verloren hatten. Die Zinsen für Staatsanleihen sanken um acht Basispunkte, blieben aber mit fast sechs Prozent noch immer hoch. Das Land leidet unter einer scharfen Rezession, die Arbeitslosenquote liegt bei 24,4 Prozent.
Auf wackeligen Beinen
Die Bankia gilt als der größte Problemfall unter Spaniens Banken, ist aber bei weitem nicht der einzige. Sie gehört zusammen mit Banco Santander, BBVA und Caixabank zu den vier großen Geldinstituten in Spanien. Das Institut hat zehn Millionen Kunden und ging aus einer Fusion von sieben Sparkassen hervor. Diese hatten sich Ende 2010 unter der Führung der Caja Madrid zur BFA (Banco Financiero y de Ahorros) zusammengeschlossen. Ihre reinen Bankgeschäfte fassten die Sparkassen vor einem Jahr in dem Geldinstitut Bankia zusammen, das im Juli 2011 an die Börse ging.
Der Zusammenschluss stand von Anfang an auf wackeligen Beinen, da die einzelnen Kassen eine Vielzahl fauler Immobilienkredite in das Unternehmen einbrachten. Von allen spanischen Kreditinstituten leidet Bankia am meisten unter der geplatzten Immobilienblase. In den Büchern der Bankgruppe schlummern faule Kredite im Wert von mehr als 30 Milliarden Euro.
Es wird damit gerechnet, dass die spanische Regierung mindestens noch weitere zehn Milliarden Euro nachschießen muss. Einige Analysten erwarten sogar einen noch höheren Rettungsbetrag.
Sanierung des Finanzsektors
Bankia hat nach eigenen ein Börsenkapital von 6,4 Milliarden Euro. Die Bank verfügt über größere Beteiligungen unter anderem an der Fluggesellschaft IAG (Fusion von Iberia und British Airways) und der Hotelkette NH Hotels.
Die Ratingagentur Standard & Poor’s bewertet Bankia mit der Note BBB-, also nur eine Stufe über Ramschniveau mit negativem Ausblick. Die spanische Notenbank legte Bankia zwar in einer Mitteilung nahe, Staatsgelder in Anspruch zu nehmen, hält das Institut aber dennoch für absolut zahlungsfähig.
Die Verstaatlichung der Bankia ist die bislang größte Übernahme zur Eindämmung der Kredit- und Schuldenkrise seit den Übernahmen kleinerer Sparkassen in Spanien. Das Land leidet nicht nur unter einer Rezession und hoher Arbeitslosigkeit, sondern auch unter dem zusammengebrochenen Immobilienmarkt. Investoren fürchten, dass Spanien wie schon Griechenland, Irland und Portugal um internationale Finanzhilfe bitten muss. Nach Aussagen der spanischen Regierung beträgt das Gesamtvolumen der Immobilienkredite, die Spaniens Banken in den Büchern haben, auf 320 Milliarden Euro. Davon seien 180 Milliarden Euro als faule Kredite mit einer erhöhten Ausfallwahrscheinlichkeit anzusehen.
Regierung will Banken mit Steuergeldern stützen
Madrid arbeitet mit Hochdruck an der Sanierung des Finanzsektors. Ein mit großer Spannung erwartetes Paket dazu soll das Kabinett auf seiner wöchentlichen Sitzung am Freitag beschließen. Details sind noch nicht bekannt, aber es wird erwartet, dass die Rajoy-Regierung in Schieflage geratene Banken zur Not mit Steuergeldern stützen will, die Auslagerung fauler Immobilienkredite in sogenannte Bad Banks ermöglicht, um den Instituten Zeit zu verschaffen und darüber hinaus den Banken höhere Kapitalreserven vorschreibt.
Wegen der Probleme im Bankensektor befürchtet die EU-Kommission nach Angaben aus Diplomatenkreisen, dass Spanien ohne Kursschwenk seine Sparziele dieses und nächstes Jahr verfehlt. Ministerpräsident Mariano Rajoy hält aber noch an den Sparvorgaben fest. Es gebe laut Regierungskreisen keine Pläne, die Defizitziele abermals zu lockern.