Insiderhandel, gekaufte Aufträge, unfaire Preise Die dunkle Seite der Börse

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Wohnungen durchsucht

Weiter kamen die Ermittler im Fall des Maschinenbauers Roth & Rau und der Schweizer Bank Credit Suisse. 150 Polizisten und 20 BaFin-Beamte durchsuchten Wohnungen und Büros in Deutschland — unter anderem die Deutschland-Zentrale von Credit Suisse. Vorwurf: Ein Bankmitarbeiter und weitere Beschuldigte sollen im Zusammenhang mit der Übernahme von Roth & Rau durch den Schweizer Konzern Meyer Burger 2011 Insiderhandel betrieben haben. Credit Suisse hatte Roth & Rau damals beraten. Bereits vor dem Übernahmeangebot durch Meyer Burger am 11. April 2011 war die Aktie von Roth & Rau um 50 Prozent gestiegen. Insider, die von der geplanten Übernahme Wind bekommen hatten, sollen vor dem 11. April große Aktienpakete gekauft haben.

Die Folgen eines „Grexits“
Das Nationalgetränk der Griechen droht für einen normalen Arbeiter zum unbezahlbaren Luxusgut zu werden: Ein Frappé, also eine Nescafé mit Milch, Eiswürfeln und einem Strohhalm kostete kurz vor der Einführung des Euro etwa 100 Drachmen. Das entsprach damals rund 30 Euro-Cent. Als die Griechenland-Krise ausbrach, vor etwa sieben Jahren, kostete ein Frappé bereits zwischen 2,50 und drei Euro. Quelle: dpa
Noch im Laufe des Aprils muss Griechenland zwei Staatsanleihen im Wert von 2,4 Milliarden Euro an seine Gläubiger zurückzahlen. Im Mai werden weitere 2,8 Milliarden Euro fällig, von Juni bis August muss Athen noch einmal mehr als zwölf Milliarden Euro an Schulden zurückzahlen. Woher das Geld kommen soll, ist völlig unklar. Quelle: dpa
Die sozialen Probleme sind groß, die Renten wurden gekürzt, die Arbeitslosigkeit ist hoch. Die Regierung Tsipras plant deshalb Steuererleichterungen und die Wiedereinstellung von Beamten. Allein diese Maßnahmen werden im laufenden Jahr nach Berechnungen der griechischen Regierung mindestens zwölf Milliarden Euro zusätzlich kosten. Quelle: dpa
Schon seit Wochen ist von einem „Grexit“ die Rede, dem Austritt Griechenlands aus der Währungsunion, vielleicht sogar verbunden mit einem drastischen Schuldenschnitt. Hinter der öffentlichen Spekulation könnte Absicht stecken. Quelle: ap
Würde eine neu eingeführte Drachme gegenüber dem Euro abwerten, könnte sich die griechische Regierung nach und nach leichter entschulden. Ein Austritt der Griechen aus dem Euro böte auch noch andere Vorteile: So würde die griechische Export-Wirtschaft von einer Abwertung der Landeswährung profitieren. Quelle: dpa
Besonders teuer würde ein „Grexit“ für Menschen mit geringem Einkommen und den Mittelstand mit Sparguthaben auf  griechischen Bankkonten, während das Geld reicher Griechen im Ausland unangetastet bliebe. Quelle: dpa
Die Gläubiger werden so oder so auf Reformen beharren. Für Tsipras kommt es deshalb eigentlich nur darauf an, seinen eigenen Wählern gegenüber eine möglichst gute Figur in den Verhandlungen abzugeben. Das gilt allerdings auch für seine europäischen Partner auf der anderen Seite des Verhandlungstisches. Für alle Beteiligten ist es wichtig, dass eine Lösung der griechischen Haushaltsprobleme möglichst wenige Kollateralschaden verursacht. Quelle: dpa

Derzeit würden die Ergebnisse der Durchsuchungen noch ausgewertet, so die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Mit einer schnellen Entscheidung, ob Anklage erhoben wird, sei aber nicht zu rechnen.

Insidergeschäfte sind in der EU verboten. Wer sich schuldig macht, muss schlimmstenfalls mit einer mehrjährigen Gefängnisstrafe rechnen. Meist jedoch kommen die Verdächtigen mit einer Geldauflage davon. Das heißt, sie sind nicht vorbestraft.

So stellte die Staatsanwaltschaft Köln im August 2013 das Verfahren gegen einen Manager des Immobilienunternehmens Vivacon ein. Er musste lediglich 320 000 Euro als Geldauflage zahlen. Den Betrag konnte er verschmerzen. Schließlich hatte er über eine Beteiligungsgesellschaft, die ihm gehörte, kurz vor einer Gewinnwarnung rund 350 000 Vivacon-Aktien verkauft. Der Deal hatte ihm Verluste in sechsstelliger Höhe erspart.

Gefängnisstrafen oder Geldbußen treffen zwar die Insider. Anleger, die durch Insidergeschäfte geschädigt wurden, etwa zu billig verkauft oder zu teuer gekauft haben, bekommen jedoch nicht ihr Geld zurück. Schadensersatz gibt es in der Regel nur, wenn der Anleger nachweisen kann, dass er von den Insidern vorsätzlich sittenwidrig geschädigt wurde. Da Insider in der Regel nur auf ihren eigenen Vorteil aus sind, ist es nahezu unmöglich, eine solche Absicht nachzuweisen.

Der Analyst Martin Armstrong wagt mit Computermodellen präzise Aussagen über Börsencrashs. Im Dokumentarfilm „The Forecaster“ wird sein Leben gezeigt. Armstrong rechnet derweil den Termin des nächsten Crashs aus.

Schweigen kann teuer werden

Anders ist es, wenn das Unternehmen die Aktionäre nicht rechtzeitig über eine möglicherweise kursbewegende Nachricht informiert hat. Beispiel: Der Autokonzern Daimler meldete im Juli 2005, dass der damalige Vorstandschef Jürgen Schrempp abgelöst wird. Daraufhin machte die Daimler-Aktie einen Satz nach oben. Später kam raus, dass Schrempp bereits zwei Monate vorher dem Aufsichtsrat signalisiert hatte, dass er gehen wolle. Dieses Wissen hätten Insider nutzen können. Anleger Markus Geltl, der seine Daimler-Aktien vor dem vom Schrempp-Rücktritt ausgelösten Kurssprung verkauft hatte, klagte gegen den Autobauer auf Schadensersatz.

Was ihm helfen dürfte: Sowohl der Europäische Gerichtshof als auch der Bundesgerichtshof entschieden, dass Unternehmen ihre Aktionäre nicht nur über vollendete Tatsachen, sondern auch über Zwischenschritte informieren müssen. Demnach hätte Daimler die Aktionäre bereits im Mai 2005 und nicht erst im Juli über Schrempps Abgang aufklären müssen.

Derzeit liegt der Fall wieder beim Oberlandesgericht Stuttgart. Eine Entscheidung soll frühestens im Herbst fallen.

Schadensersatz wegen einer zu spät veröffentlichten kursrelevanten Meldung ist laut Gesetz möglich, wenn ein Unternehmen kursbewegende Meldungen zu spät veröffentlicht und der Anleger deswegen zu teuer gekauft oder zu billig verkauft hat. „Wie viel die Aktionäre in solchen Fällen anSchadensersatz erhalten, liegt auch im Ermessen des Richters“, sagt Kai König, geschäftsführender Gesellschafter der Kanzlei Dornbach in München.

Ob die Daimler-Aktionäre entschädigt werden oder nicht, ist deshalb noch ungewiss. Noch argumentiert Daimler, dass der Konzern gar nicht verpflichtet gewesen sei, die Personalie Schrempp bereits im Mai 2005 zu melden.

Vorbildlich ist das nicht: Solange kursrelevante Informationen monatelang im Unternehmen ihre Kreise ziehen dürfen, wird es immer Insider geben, die das ausnutzen und auf die dunkle Seite der Börse wechseln.

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