




Aus der einstigen Hoffnungsbranche mit schwindelerregenden Wachstumsraten und fragwürdigen Geschäftsmodellen haben sich längst wahre Global Player mit Milliardenumsätzen und –gewinnen entwickelt. Dazu gehört auch der noch junge Marktführer unter den sozialen Netzwerken: Facebook. Aber seit dem Börsengang haben Anleger der ersten Stunde fast ein Drittel ihre Investments eingebüßt. Die schärfsten Kritiker des Unternehmens sehen sich nun bestätigt – auch wenn sich die Aktie inzwischen etwas erholt hat. Die Unternehmensbewertung zum Börsengang jenseits der 100 Milliarden Dollar hat sich bereits jetzt als Luftschloss erwiesen.
Als Facebook am 18. Mai 2012 an der US-Technologiebörse mit einem Ausgabepreis von 38 Dollar startete, war den meisten Anlegern offenbar schon klar, dass die Bewertung des Internet-Aufsteigers wohl allzu ehrgeizig war. Für die Aktie ging es in den drei Wochen nach dem Börsenstart auf 25,52 Dollar runter - fast genau ein Drittel weniger als zum Ausgabekurs.
Offenbar setzte sich an der Börse die Erkenntnis durch, dass die 900 Millionen Facebook-Nutzer dem Unternehmen kaum Umsatz bringen. Vielmehr ist es die Attraktivität der Community für die Werbebranche, die Facebook langfristig Potenzial verleiht. Schließlich sind auch die Vorlieben und Freundeskreise in den Nutzerprofilen enthalten – ideal für zielgruppengenaue Marketingmaßnahmen. Die hübsche Börsenstory hat aber leider einen gewaltigen Haken: Noch weiß niemand, wie sich Unternehmenschef Mark Zuckerberg – nach wie vor Alleinherrscher bei Facebook – die Einbindung von Werbung genau vorstellt und welche Ertragschancen sich daraus ergeben. Zudem besteht die Gefahr, dass immer mehr Nutzer der Plattform fernbleiben, wenn sie sich von Werbung belästigt fühlen. Ob das künftige Geschäftsmodell aufgeht, steht also in den Sternen.
Inzwischen hat die Facebook-Aktie dennoch die erste Trendumkehr geschafft. Angesichts der kurzen Zeit der Börsennotierung hat das allerdings nur begrenzte Aussagekraft. Immerhin konnten Aktionäre, die zu 38 Dollar je Aktie zuschlugen und das Papier trotz Kursrutsch gehalten haben, ihre Verluste inzwischen auf rund 17 Prozent reduzieren. Aktuell notiert Facebook an der Nasdaq mit 31,80 Dollar. Aktionäre können nur hoffen, dass bald wieder gute Nachrichten aus dem Unternehmen kommen.
Wer mit den Internet-Riesen wirklich Geld verdienen will und etwas Stabilität bevorzugt, sollte sich lieber bei den anderen Big Playern der Branche umsehen. Bei Ihnen hat sich der Erfolg des Geschäftsmodells längst gezeigt, oft profitieren sie dennoch von den hohen Wachstumsraten im Internet und den schwindenden Marktanteilen der klassischen Anbieter außerhalb der digitalen Welt.
Amazon und Ebay: Kaufhäuser der Welt

Beispiel Amazon: Der Online-Discounter brauchte dank aggressiver Expansionsstrategie zwar lange Jahre, bevor er die Gewinnzone erreichte. 1997 startete das Unternehmen mit umgerechnet 28 Millionen Euro Verlust. 2011 erzielte Amazon einen Gewinn von 454 Millionen Euro – und die Zahlen überraschen immer wieder positiv trotz massiver Investitionen in die Wachstumsstrategie. Dafür bezahlen Amazon-Kunden anders als bei Facebook mit barer Münze, wenn sie die Handelsplattform für ihren Einkauf nutzen. Die Kalifornier sind inzwischen derart breit aufgestellt, dass nicht mehr nur die traditionellen Buchhändler und Elektrohandelsketten vor der Marktmacht Amazons zittern, sondern sogar große Supermarkt- und Kaufhausketten wie Wal Mart in den USA.
Unternehmensgründer und -chef Jeff Bezos hat inzwischen dafür gesorgt, dass selbst Kleidung und Kosmetik auf Amazon bestellt werden können. Sein neuester Coup: Amazon hat sich der Nachrichteagentur Bloomberg zufolge die Rechte der vier großen Musikverlage in den USA gesichert, um einen Cloud-Dienst für Musik zu starten. Schon Anfang Juli könnte es losgehen. Auch bei den begehrten Smartphone-Apps will Amazon mitverdienen und bietet die kleinen Smartphone-Programme für das Google-Betriebssystem Android online zum Kauf an. Die Plattform soll noch in diesem Sommer auf Deutschland übertragen werden.
Leider ist die Amazon-Aktie seit März im steilen Aufwärtstrend und damit schon wieder recht teuer. Langfristig orientierte Anleger könnten bei Kursrückschlägen dennoch zulangen. Die könnte es geben, wenn sich die Konjunkturaussichten in den USA und Europa sich weiter eintrüben.
Der Online-Auktionshändler Ebay ist auch einer dieser unumstrittenen Marktführer im Internet-Segment, bei dem ordentlich die Kassen klingeln. Den Nettogewinn von 2,1 Millionen Euro im Jahr des Börsengangs 1998 – nur drei Jahre nach der Gründung - konnte das Unternehmen auf 2,3 Milliarden Euro im vergangenen Jahr steigern. Im gleichen Zeitraum hat der Aktienkurs um mehr als das vierzigfache zugelegt. Da stört es wenig, dass der Konzern heute vor allem mit der Online-Bezahl-Tochter Paypal sein Geld verdient und der Gewinnanteil aus dem Auktionsgeschäft bröckelt.
Google billig, Facebook teuer | ||||||
Bei den wichtigsten Kennzahlen hinkt der Börsen-Newcomer der Konkurrenz hinterher, einzig das Wachstum der vergangenen Jahre kann bisher überzeugen. Doch Facebook wuchs von niedrigem Niveau aus, weiter oben wird die Luft dünner. | ||||||
Unternehmen | Kurs | Börsenwert | U.-wert1 | Umsatz 2012 | U.-wert zu Umsatz 2012 | Umsatzplus '09 bis '13 (p.a.) |
Amazon | 220,95 $ | 99,3 Mrd. $ | 93,6 Mrd. $ | 63,4 Mrd. $ | 1,5 | 35 % |
Apple | 583,09 $ | 525,2 Mrd. $ | 415,1 Mrd. $ | 162,4 Mrd. $ | 3,2 | 40 % |
Ebay | 39,57 $ | 51,1 Mrd. $ | 47,3 Mrd. $ | 14,0 Mrd. $ | 3,4 | 17 % |
604,03 $ | 196,6 Mrd. $ | 151,8 Mrd. $ | 45,5 Mrd. $ | 3,3 | 24 % | |
38,003 $ | 106,34 Mrd. $ | 95,4 Mrd. $ | 5,0 Mrd. $ | 19,1 | 71 % |
Unternehmen | Gewinn (netto 2012) | KGV 2012/13 | Gewinnplus p.a. '09 bis '13 | Marge (netto 2012) | Op. Cashflow 2011 | Börsenwert zu Cashflow 2011 | Chance/ Risiko2 |
Amazon | 0,6 Mrd. $ | 184,5/84,4 | 17 % | 0,9 % | 3,9 Mrd. $ | 25 | 6/6 |
Apple | 43,8 Mrd. $ | 12,0/10,5 | 58 % | 27,0 % | 37,5 Mrd. $ | 14 | 6/5 |
Ebay | 2,5 Mrd. $ | 20,4/17,5 | 13 % | 17,8 % | 3,3 Mrd. $ | 15 | 5/5 |
12,5 Mrd. $ | 15,7/13,2 | 24 % | 26,6 % | 14,6 Mrd. $ | 13 | 6/4 | |
1,0 Mrd. $ | 106,3/59,4 | 95 % | 25,5 % | 1,5 Mrd. $ | 68,4 | 5/7 | |
grün = relativ günstige Bewertungskennziffer, rot = relativ hohe Bewertungskennziffer; 1 Börsenwert minus Nettoliquidität; 2 1 = niedrig, 10 = hoch; 3 Emissionspreis am oberen Ende der Spanne; 4 Bewertung bei 38 Dollar je Aktie inklusive ausstehender Aktienoptionen und noch auszugebender Aktien für die Übernahme von Instagram; 5 Börsenwert minus aktuelle Nettoliquidität minus 6,8 Milliarden Dollar Einnahmen aus dem IPO (Zufluss, der Facebook zusteht bei Vollzuteilung inklusive Mehrzuteilung); Zahlen von 2012 an: Analystenschätzungen; Zahlen teilweise gerundet; Quelle: Bloomberg, Value Line, JP Morgan, eigene Berechnunge; Stand 10. Mai 2012 |
Für Aktionäre hat die Erfolgsstory allerdings einen Haken: Seit ihrem historischen Finanzkrisentief bei zehn Dollar im Jahr 2009 geht es mit dem Kurs praktisch nur aufwärts – und dieser Trend hat sich seit Jahresbeginn nochmals beschleunigt. Aktuell notiert die Ebay-Aktie bei knapp 42 Dollar. Sollte die US-Konjunktur nicht nachhaltig in Schwung kommen, kann es zu deutlichen Rückschlägen kommen. Andererseits ist die Aktie gemessen an den Gewinnschätzungen für 2012 noch nicht überteuert. Wer einsteigt sollte also immer einen Stop-Loss-Kurs setzen und regelmäßig nachziehen.
Google ist das Maß der Dinge





Auch bei Google hätte anfangs wohl auch kein Aktionär an einen derart großen Erfolg geglaubt. Klar, ein Marktanteil bei Suchmaschinen von mehr als 80 Prozent ist ein Trumpf. Aber dass dieser große Nutzerkreis einmal derart viel Geld in die Kassen des Internetriesen spülen würde, konnte kaum jemand ahnen. Im Jahr des Börsengangs 2004 verdiente Google bereits umgerechnet 321 Millionen Euro. Das war das Unternehmen gerade mal sechs Jahre alt. 2011 erreichte der Nettogewinn die astronomische Summe von 7,0 Milliarden Euro.
Zum Glück haben es die Unternehmensgründer Sergey Brin und Larry Page mit ihrem Management verstanden, dass Geld gut zu investieren. Google gilt heute als Innovationsschmiede und hat viele Nutzer mit tollen Tools glücklich gemacht – auch wenn der Konzern immer wieder in der Kritik steht, ein Datenkrake zu sein. Mit dem Handy-Betriebssystem Android landete der Konzern einen Volltreffer. Dass die hauseigene Social-Media-Plattform Google+ trotz rasant ansteigender Nutzerzahlen (seit April mehr als 100 Millionen) dem Konkurrenten Facebook noch nicht das Leben schwer macht, ist nicht weiter schlimm: Google ist so üppig mit Kapitalreserven gesegnet, dass es sich auch mal Flops leisten kann. Derzeit hat der Konzern mehr als 44 Milliarden Dollar auf der hohen Kante. In Sachen Einträglichkeit bleibt Google das Maß der Dinge.
Noch etwas spricht für die Rendite-Könige wie Amazon, Ebay und Google - und das ist die Schuld der Geldmaschine Apple. Apple schüttete in diesem Jahr erstmals seit 1995 eine Dividende an die Aktionäre aus. Innerhalb von drei Jahren schütten Apple 44 Milliarden Dollar an die Aktionäre aus - teilweise in Form Kursstützender Aktienrückkäufe. Das machte die Google-Aktionäre neidisch, sie forderten ebenfalls eine Dividende. Google gab bereits ein Stück weit nach und verteilte statt einer Bargelddividende neue stimmrechtslose Aktien an die Anleger. Amazon und Ebay sperren sich zwar noch gegen Ausschüttungen und wollen das Geld lieber in die Expansionsstrategie stecken. Aber langfristig könnten sich die Aktien der ertragsstarken Internet-Ikonen allesamt in Dividendenpapiere wandeln. Das wäre ein weiteres gewichtiges Plus für die Internet-Schwergewichte – und verleiht ihnen weit mehr Attraktivität für Anleger als die riskante Wette auf die Facebook-Aktie.