Investor Relations Die Kursmacher der Konzerne

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Guido Pickert

Der IR-Alltag kann hektisch sein, es geht aber noch schlimmer. Zum Beispiel am 7. Februar 2010. Schon Sekunden nachdem Stefan Gruber eine E-Mail verschickt hatte, brach Hektik aus. Obwohl es Sonntagabend, kurz vor 20 Uhr war, klingelten die Telefone in der Aktionärsabteilung der Zentrale unaufhörlich, riefen aufgeregte Analysten und Investoren an, bombardierten Gruber und sein Team mit Fragen. Was ändert sich an der Strategie? Kauft der Softwarekonzern jetzt stärker zu als vorher? Und, vor allem, kommt der Dax-Konzern vom Wachstumskurs ab?

Die Neuigkeit, die Gruber am Sonntagabend verschickt hatte, kam für Akteure der Finanzmärkte überraschend: „SAP kehrt mit Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe zur Doppelspitze zurück“, der Vertrag von Vorstandschef Léo Apotheker werde „einvernehmlich nicht verlängert“, lasen sie in der Ad-hoc-Mitteilung.

Ad-hocs – das sind hochgradig aktienkursrelevante Nachrichten. Investoren, die sie lesen, müssen blitzschnell entscheiden: Kaufen, verkaufen, halten? Knapp 24 Prozent der SAP-Aktien liegen bei den drei Gründerfamilien und deren Stiftungen, stabilen „Ankeraktionären“, die, wenn überhaupt, nur nach gründlicher Vorbereitung des Kapitalmarkts verkaufen würden. 22 Prozent der ausstehenden Aktien allerdings halten nur 20 Großinvestoren. Schmeißen die SAP aus den Depots, fällt der Börsenkurs schlagartig. „Ich spürte den ungeheuren Zeitdruck, die kritischen Fragen der Finanzanalysten ließen einfach nicht nach“, sagt Gruber.

Das Schlimmste verhindern

Er und sein Team durften an diesem Sonntag nichts Falsches sagen. Besonders, da keiner auf den plötzlichen Vorstandswechsel vorbereitet war – auch Gruber nicht, der sich nach einer Woche Ochsentour im Ausland eigentlich auf ein ruhiges Wochenende eingestellt hatte. Doch an diesem Sonntag saß er bis ein Uhr nachts im Büro, machte in „über 30 Gesprächen mit Analysten und Investoren“ die Vorzüge der neuen Chefs schmackhaft.

An Tagen wie diesem wird deutlich, wer bei Entscheidern im Unternehmen schnell an Informationen kommt und wer seine Investoren im Griff hat. „Ich muss mir in meinem Job Glaubwürdigkeit erarbeiten mit dem Ziel, dass Aktionäre auch in schwierigen Phasen die Aktie halten“, sagt Gruber.

Ob er den Absturz des Aktienkurses verhindert hat, lässt sich kaum messen. Klar ist nur, dass der SAP-Kurs am Montag nach der Ad-hoc-Meldung rund 2,5 Prozent tiefer schloss als am Freitag zuvor.

Es hätte schlimmer kommen können.  

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