
Als Facebook im Mai 2012 an die Börse ging, fühlten sich erfahrene Anleger an die Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende erinnert. Die Bewertungen an der Börse entpuppten sich als damals als dramatisch überzogen, die „New Economy“ bewies: Auch das Neue muss erst einmal Geld verdienen, um Anleger zu erfreuen.
Doch Facebook strafte die Skeptiker Lügen – wenn auch mit einiger Verspätung. Facebook startete mit einer Bewertung von 104 Milliarden Dollar in den ersten Handelstag an der Technologiebörse Nasdaq. Doch der Börsengang war vermurkst, die Aktie verlor in den darauffolgenden Wochen mehr als die Hälfte ihres Wertes.
Später aber bewies das soziale Netzwerk mit mittlerweile mehr als einer Milliarde Nutzern weltweit, dass es durchaus viel Geld verdienen kann. Heute notiert das Papier beim doppelten des Ausgabekurses. Facebook ist an der Börse heute rund 179 Milliarden Dollar wert. Wer die Aktie vor dem Börsendebüt gezeichnet hat, konnte sich also erst einmal ärgern. Wer aber erst im Kurstief wenige Monate nach dem Börsenstart Facebook-Aktien kaufte, konnte sich freuen.
Was Sie über die Börsenkandidaten wissen sollten
ZALANDO (Online-Versand von Schuhen und Bekleidung)
Börse: Frankfurt (Prime Standard)
Erstnotiz: 1. Oktober
Zuteilungspreis: 21,50 Euro
Eigentümer: Kinnevik (36,5 Prozent), European Founders Fund/Gebrüder Samwer (17 Prozent), Bestseller/Anders Holch Povlsen (10 Prozent), Tengelmann (5 Prozent), Holtzbrinck Ventures (8 Prozent), OTPP (2 Prozent)
Bewertung: bis zu 5,34 Milliarden Euro
Platzierungsvolumen: 526 Mio. Euro (605 Mio. Euro inkl. Mehrzuteilung)
Streubesitz: 11,3 Prozent
Banken: Credit Suisse, Morgan Stanley und Goldman Sachs
Umsatz und Ebit:
2011: 510 Mio. Euro Umsatz, Ebit¹: -57 Mio. Euro
2012: 1159 Mio. Euro, Ebit¹: -77 Mio. Euro
2013: 1762 Mio. Euro, Ebit¹: -99 Mio. Euro
2014: 2235 Mio. Euro², Ebit¹: 52 Mio. Euro
2015: 2784 Mio. Euro², Ebit¹: 136 Mio. Euro
2016: 3399 Mio. Euro², Ebit¹: 207 Mio. Euro
¹Gewinn vor Zinsen und Steuern, Nettogewinn ist weiter negativ
²Prognose der Deutschen Bank
ROCKET INTERNET (Holding von jungen Internet-Unternehmen)
Börse: Frankfurt (Entry Standard)
Erstnotiz / Handelsstart: 2. Oktober
Zeichnungsfrist: 24. September bis 1. Oktober
Preisspanne: 35,50 bis 42,50 Euro
Platzierung: 33 bis 38 Millionen Aktien
Volumen: 1,477 Millionen Euro
erwarteter Börsenwert des Unternehmens: 6,2 bis 6,7 Milliarden Euro
Eigentümer: Brüder Samwer (52,3 Prozent), Kinnevik (18,1 Prozent), United Internet (10,4 Prozent, Access Industries (Len Blavatnik, 8,3 Prozent), Philippine Long Distance Telephone (PLDT, 8,4 Prozent), Holtzbrinck Ventures (2,5 Prozent)
Banken: JPMorgan, Morgan Stanley, Berenberg
TELE COLUMBUS (Kabelnetzbetreiber)
Zeitpunkt: Herbst 2014
Eigentümer: mehrere Hedgefonds
Bewertung: mehr als 600 Millionen Euro
Volumen: rund 300 Millionen Euro
Banken: JPMorgan, Goldman Sachs
TLG IMMOBILIEN (Gewerbeimmobilien in Ostdeutschland)
Zeitpunkt: Herbst 2014
Eigentümer: Lone Star
Bewertung: 1,5 Milliarden Euro (inklusive Schulden)
Volumen: rund 500 Millionen Euro
Banken: UBS, JPMorgan
STEINHOFF (Möbelproduktion und -handel)
Zeitpunkt: nach dem 9. September
Eigentümer: börsennotiert, Gründer Bruno Steinhoff größter Aktionär
Bewertung: knapp 9 Milliarden Euro (Börsenwert)
Volumen: Wechsel von der Börse Johannesburg nach Frankfurt, Kapitalerhöhung im Juli durchgeführt, möglicherweise weitere Platzierung im Zuge des Wechsels des Börsenplatzes.
Banken: Kapitalerhöhung begleitet von Barclays, BNP Paribas, Citigroup, HSBC und Commerzbank
HELLA (Autoscheinwerfer-Hersteller)
Zeitpunkt: Herbst 2014 möglich
Eigentümer: Familie
Bewertung: rund 3,5 Milliarden Euro
Volumen: offen
Banken: Citi, Bankhaus Lampe
ARMACELL (Dämmstoff-Hersteller)
Zeitpunkt: Ende 2014/Anfang 2015
Eigentümer: Charterhouse Capital Partners
Bewertung: mehr als 600 Millionen Euro
Volumen: rund 300 Millionen Euro
Banken: Deutsche Bank, Bank of America Merrill Lynch, BNP Paribas
SCOUT24 (Betreiber von Online-Marktplätzen)
Zeitpunkt: Ende 2014/Anfang 2015
Eigentümer: Hellman & Friedman (49 Prozent), Blackstone (21 Prozent), Deutsche Telekom (30 Prozent)
Bewertung: ca. 2 Milliarden Euro
Volumen: rund 400 Millionen Euro (für 20 Prozent der Anteile)
Banken: Goldman Sachs, Credit Suisse als Koordinatoren (erwartet)
SIEMENS AUDIOLOGISCHE TECHNIK (Hörgeräte)
Zeitpunkt: frühestens Ende 2014
Eigentümer: Siemens AG
Bewertung: ca. 2 Milliarden Euro
Volumen: möglicherweise als Spin-off mit Ausgabe von Aktien an Siemens-Aktionäre
Banken: Auswahl in Kürze erwartet
AXEL SPRINGER DIGITAL CLASSIFIEDS (Online-Anzeigenbörse)
Zeitpunkt: Anfang 2015
Eigentümer: Axel Springer SE (70 Prozent), General Atlantic (30 Prozent)
Bewertung: rund drei Milliarden Euro
Volumen: offen
Banken: noch nicht ausgewählt
DOUGLAS (Parfümerie, Einzelhandel)
Zeitpunkt: Frühjahr 2015
Eigentümer: Advent International und Familie Kreke
Bewertung: rund zwei Milliarden Euro
Volumen: offen
Banken: noch nicht ausgewählt
HAPAG-LLOYD (Reederei)
Zeitpunkt: Herbst 2015
Eigentümer: (vor Vollzug der Fusion mit CSAV ) Stadt Hamburg (37 Prozent), Kühne Maritime (28 Prozent), TUI (22 Prozent), Signal Iduna (5 Prozent), HSH Nordbank (3 Prozent), M.M. Warburg & Co (2,9 Prozent) und HanseMerkur (1,8 Prozent), CSAV erhält zunächst 30, später 34 Prozent.
Ein Dutzend Börsengänge in Frankfurt
Nun planen wieder eine ganze Reihe von technologielastigen Unternehmen den Sprung an die Börse – und hoffen auf einen Erfolg schon beim Börsenstart. Mit Zalando, Alibaba, Rocket Internet, Scout24 und Axel Springer Digital Classifieds sind gleich vier im Milliardenbereich bewertete Unternehmen mit einer Aktienneuemission in der Warteschleife.
Die Liste ist hierzulande noch deutlich länger: Insgesamt ein Dutzend IPOs wären noch bis Jahresende an der Frankfurter Börse denkbar. Darunter die Hörgerätesparte von Siemens, Kabelnetzbetreiber Tele Columbus, Dämmstoff-Fabrikant Armacell oder Autoscheinwerfer-Hersteller Hella.
Auf den ersten Blick scheint die Zeit für einen Börsengang, kurz IPO (Initial Public Offering) für Unternehmen wie Anleger günstig. „Der IPO-Markt ist zyklisch“, erklärt Martin Steinbach, Experte für Börsengänge bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. „Schon 2013 kam es zum Turnaround. Seitdem hat das Volumen der Börsengänge zugenommen, erst in den USA, jetzt in Europa.“
Dafür sieht Steinbach vor allem drei Gründe: die hohen Börsenbewertungen der Unternehmen, die relativ geringen Kursschwankungen und die positiven Geschäftsaussichten dank einer guten Konjunkturphase. Insgesamt sei das Börsenumfeld für IPOs in Europa so gut wie in den USA - wenn nicht sogar besser. „Der Markt ist noch nicht überhitzt. Gemessen an den Börsenständen müssten wir eigentlich deutlich mehr Börsengänge haben“, konstatiert Steinbach.
Rekordbörsengang voraus
Den Anfang dürfte das chinesische Schwergewicht Alibaba mit einem Handelsstart an der New York Stock Exchange machen. Die Erstnotiz wird für den 18. Oder 19. September erwartet. Das Platzierungsvolumen schätzen Beobachter möglicherweise sogar mehr als 20 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Facebook platzierte 2012 Aktien im Wert von 16 Milliarden Dollar.
Ab dem 8. September könnten Alibaba-Aktien den Investoren bereits zur Zeichnung angeboten werden. Die Schätzungen zur Börsenbewertung des Online-Händlers Alibaba reichen von 140 bis 230 Milliarden Dollar. Sollte Alibaba sogar mehr als 22,1 Milliarden Dollar platzieren, wäre es der größte Börsengang der Geschichte. Den bisherigen Rekord hält die Agricultural Bank of China, kurz ABC, seit ihrem Börsendebüt in Hongkong und Shanghai im Jahr 2010.
Alibaba ist laut Analysten größer als Amazon und Ebay zusammen. Im bereits im März abgelaufenen Geschäftsjahr hat der Gewinn laut Unternehmensangaben bei umgerechnet 3,7 Milliarden Dollar gelegen, der Umsatz lag bei 8,4 Milliarden Dollar. Dafür tätigte das Unternehmen Transaktionen im Wert von 248 Milliarden Dollar für 300 Millionen Kunden. Genaueres wird erst im Börsenprospekt stehen, den jedes Unternehmen vor seiner Aktienplatzierung vorlegen muss. Noch ist weder von Alibaba noch den anderen genannten Börsenaspiranten ein solcher Prospekt öffentlich.