Auch aus Deutschland soll noch in diesem Jahr ein milliardenschwerer IPO kommen. Der Online-Modehändler Zalando strebt angeblich eine Unternehmensbewertung von vier bis fünf Milliarden Euro an und könnte den bisherigen Meldungen zufolge Aktien im Wert von etwa 500 und 600 Millionen Euro platzieren.
Das anfangs von den drei Samwer-Brüdern maßgeblich finanzierte Unternehmen könnte zugleich den Weg für die Holding der illustren Internetgründer ebnen. Ihr Unternehmen Rocket Internet bündelt viele junge Internet-Unternehmen. Mit einer erwarteten Bewertung von 3,3 Milliarden Euro kündigt sich so ein weiterer Tech-IPO größeren Kalibers an.
Noch 2013 waren am IPO-Markt vor allem sichere Häfen gesucht, sogenannte Value-Aktien. Deshalb wagten sich seitdem viele Immobilienunternehmen mit stabilen Cash-Flows aus die Börse. Jetzt sind zunehmend Wachstumswerte gefragt, was zwangläufig auch mit höheren Risiken einhergeht. Der Technologiesektor ist daher derzeit besonders im Fokus der Investoren.
Reif für die Börse
„Der beste Zeitpunkt für ein Börsendebüt – vor allem im Technologiesektor – ist gekommen, wenn das Unternehmen ein neues, tragfähiges Geschäftsmodell entwickelt und große Wachstumsperspektiven hat. Das ist die ideale Basis für einen steigenden Kurs. Voraussetzung dafür ist allerdings die interne Börsenfähigkeit des Unternehmens“, erklärt Unternehmensberater Steinbach. „Dann ist eine Aktienplatzierung ein guter Weg, um sich Geld für Investitionen zu beschaffen und das Unternehmen auf das nächste Level zu heben.“
Börsengang: Fakten und Begriffe
IPO steht für „Initial Public Offering“, was so viel wie „erstmaliges öffentliches Angebot“. Im Angelsächsischen spricht man bei einem Börsengang auch von „going public“. Es geht also um den Börsengang, der Anlegern erstmals öffentlich Teile des Unternehmens in Form vom Aktien anbietet. Die Aktien sind dabei ein – meist winziger – verbriefter Anteil am Eigenkapital eines Unternehmens.
Eine Neuemission ist ein Angebot neu geschaffener Wertpapiere. Das können Aktien, Anleihen, Zertifikate oder sonstige Wertpapiere sein. Kommen etwa bei einem Börsengang neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung auf den Markt, spricht man von einer Neuemission.
Sie legt den Zeitraum fest, innerhalb dessen ein Anleger neu emittierte Wertpapiere zeichnen kann, also sich durch schriftliche Erklärung die Übernahme eines bestimmten Betrags zusichern kann. Nur wenn die Nachfrage schwach ist, wird eine Zeichnungsfrist auch mal verlängert.
Vor Beginn der Zeichnungsfrist nennt das Unternehmen eine Preisspanne, zum Beispiel von 20 bis 25 Euro. Die Investoren teilen dann mit, wie viele Aktien sie zu übernehmen bereit sind und nennen dafür einen Preis innerhalb der Preisspanne. Kommen nicht genug Anfragen zusammen, kann das Unternehmen – der Emittent – die Preisspanne auch senken. Aus den Zeichnungsaufträgen ermittelt der Emittent dann den Ausgabepreis, zu dem es die Aktien den Investoren überlässt.
Bei vielen Börsengängen können über das genannte Emissionsvolumen hinaus in den Tagen nach der Erstnotiz an der Börse weitere Aktien ausgegeben werden. Diese Mehrzuteilung wird auch Greenshoe genannt. Sie kommt bei hoher Nachfrage nach den Wertpapier zum Einsatz. Wie groß der Greenshoe ist, muss im Börsenprospekt stehen.
Nachdem die Aktien zum Ausgabepreis an die Anleger verteilt worden sind, wird es ernst: Die Aktien werden zum ersten Mal an der Börse gehandelt. Aus Kauf- und Verkaufsangebot wird der erste Kurs im Handel ermittelt – die Aktie notiert zum ersten mal an der Börse. Die Erstnotiz erfolgt zum angekündigten Datum, der erste Handelskurs sollte über dem Ausgabepreis liegen.
Wertpapiere, die an einer Börse gehandelt werden, unterliegen bestimmten Spielregeln. An einem regulierten Markt sind diese besonders umfassend und verlangen zum Beispiel Banken, die den Handel betreuen und Berichtspflichten, wie die Veröffentlichung von Quartalsberichten nach bestimmten Vorschriften. Am unregulierten Markt sind die Vorschriften lascher und die eine Überwachung des Handels – etwa bei der Kursbestimmung - greift nicht.
Beim Börsengang kommt eine zuvor festgelegt Zahl an Aktien in den Börsenhandel. Der Wert all dieser Aktien zusammen entspricht dem Platzierungsvolumen. Dabei kann es sich um neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung (Neuemission) oder um Aktien der bisherigen Eigentümer und vorbörslichen Investoren handeln.
Multipliziert man den Aktienkurs mit der Zahl aller frei handelbaren Aktien eines Unternehmens, erhält man den Börsenwert eines Unternehmens. Dieser entspricht der Marktkapitalisierung gleichgesetzt. Die Aktien, die nicht zum Handel an der Börse zugelassen sind, – also im Bestand des Unternehmens verbleiben – sind dabei unberücksichtigt.
Unternehmen lassen selten alle Aktien an der Börse zum freien Handel zu, sondern lediglich einen Teil. Liegt etwa der Streubesitz bei 30 Prozent, sind auch nur 30 Prozent der Eigenkapitalanteile an der Börse handelbar. Je höher der Streubesitz, umso liquider ist der Handel und umso geringer die Kursschwankungen, die sich aus Kauf- und Verkaufsorders ergeben.
In der Regel verbleibt bei einem Börsengang ein großer Teil der Aktien in Besitz von den bisherigen Eigentümern. Während der Haltefrist – auch Lock-up-Periode genannt – dürfen sie aus diesem Bestand keine Aktien verkaufen. Eine lange Haltefrist gilt als Bekenntnis zu einem Unternehmen.
Die Konsortialbanken begleiten den Börsengang und anschließenden Aktienhandel für ein Unternehmen. Das lassen sich die Banken natürlich vom Unternehmen bezahlen. Eine besondere Aufgabe fällt den Konsortialbanken zu, die sich als Designated Sponsor engagieren. Sie sorgen dafür, dass der Handel liquide bleibt, auch wenn zum Beispiel Käufer keinen Verkäufer der Papiere finden. Dann übernehmen sie den Part des Verkäufers, damit immer ein Kurs gestellt werden kann.
Darunter versteht man das Verfahren, mit dem der Preis für neu an die Börse zu bringende Aktien festgelegt wird. Da vor der Emission von neuen Aktien kein Börsenhandel mit diesen Papieren stattfindet, kann dieser Preis nicht durch Angebot und Nachfrage an der Börse bestimmt werden. Beim angelsächsischen Auktionsverfahren geben die Banken, die das Unternehmen an die Börse bringen, eine Preisspanne vor. Innerhalb dieser können Investoren ihre Gebote abgeben. Auf Grund der vorliegenden Orderlage wird der tatsächliche Emissionskurs letztlich aus dem Gebots-Durchschnitt gebildet. Früher wurde das heute kaum noch gebräuchliche Festpreisverfahren angewandt, bei dem sich die beratenden Banken und die AG schon vor Verkaufsangebot auf einen Preis einigten, den Anleger dann akzeptieren mussten.
Die Roadshow ist eine Werbetour eines Unternehmens bei möglichen Investoren. Dabei wird versucht, möglichst viele Investoren zu gewinnen, die den angestrebten Preis für die Aktien zu zahlen bereit sind. Die Roadshow ist daher wichtig, um die richtige Preisspanne auszuloten.
Für Unternehmen ist die Finanzierung über einen Börsengang der komplizierteste, aber auch einträglichste Weg. „Je größer ein IPO ist, umso günstiger ist er für das Unternehmen“, sagt Steinbach mit Blick auf die Kosten für die beauftragten Banken und Berater. „In der Regel zahlt ein Börsendebütant fünf bis acht Prozent des Platzierungsvolumens für seinen Börsengang.“ Erst wenn ein Unternehmen bewiesen hat, dass sein Geschäftsmodell funktioniert und die Zahlen dies widerspiegeln, ist es reif für die Börse.
Aber nicht jeder gelungene Börsengang erfreut in der Folge auch die Anleger. Die entscheidende Größe für einen Investor ist daher der Einstiegspreis, der wiederum von der Unternehmensbewertung abhängt.
Wie aber kommt es zu einer realistischen Bewertung eines Börsenkandidaten? „Die Börse bezahlt nicht für die Vergangenheit, sondern für die Zukunft. Letztlich hängt der Preis einer neuen Aktie davon ab, welche Erwartungen ein Unternehmen schürt und ob es diese auch erfüllen kann“, sagt IPO-Experte Steinbach. „Um den Ausgabepreis zu finden, werden die erwarteten Gewinne in der Zukunft finanzmathematisch auf heute zurückgerechnet.“ Die Kursentwicklung der neuen Aktien hängt dann wesentlich davon ab, ob die Unternehmensprognosen eintreffen. Die Unternehmen müssen sich daher gut vorbereiten.
Es gibt aber noch eine Reihe von Faktoren, die für die künftige Kursentwicklung eine wesentliche Rolle spielen.
Orderbuch
Damit ein Börsengang aus Sicht von Emittent und Investor ein Erfolg ist, sollte das Orderbuch – quasi die Bestellliste für die neuen Aktien - das Angebot um das eineinhalb- bis zweifache übersteigen. Dann sind auch Zeichnungsgewinne in Höhe des langjährigen Durchschnitts von zehn bis 15 Prozent drin. Ist die Nachfrage nach den neuen Wertpapieren geringer, drohen am ersten Handelstag Kurverluste. Damit die Nachfrage hoch genug ausfällt, muss aber die "Story" des Unternehmens die Investoren elektrisieren. Das wiederum hängt maßgeblich von den Wachstumsperspektiven ab.
Wachstumsstrategie oder Ausstieg der Altaktionäre
"Die vielen angekündigten Börsengänge im Herbst begrüßen wir ausdrücklich. Das bringt Bewegung in den Markt“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Oft scheint es, als würden die IPOs gerade im ausgereizten Börsenhoch stattfinden, um noch schnell Kasse zu machen. Aber diesmal haben wir diesen Eindruck nicht.“