Jahresausblick 2012 Große Börsengänge lassen auf sich warten

Die Börsen schwanken derzeit zu stark, als dass Anleger es wagen würden, Aktien von Neuemissionen zu zeichnen. Bevor das Geschäft mit Börsengängen wieder in Schwung kommt, muss eine Lösung für die Staatschuldenkrise her.

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Osram habe den optimalen Zeitpunkt für einen Börsengang verpasst. Quelle: dpa

München Große Börsengänge werden auch im kommenden Jahr erst einmal auf sich warten lassen. Aktien der Siemens -Tochter Osram, die eigentlich schon im Herbst ihr Debüt auf dem Parkett feiern sollte, werden wohl auch in der ersten Jahreshälfte 2012 nicht auf den Markt kommen.

„Es gilt weiterhin die Aussage vom November: Das Marktumfeld muss stimmen“, sagte ein Siemens-Sprecher am Freitag. Im Moment seien die Aussichten allerdings nicht günstig. Auch die potenziellen Börsen-Schwergewichte Evonik und Talanx verharren noch in den Startlöchern.

Dabei stünden die Kandidaten Schlange. „Die Pipeline ist voll“, sagte Joachim von der Goltz, der bei der Schweizer UBS in Deutschland für Börsengänge zuständig ist, vor kurzem. Doch die Börsen schwanken derzeit zu stark, als dass große Anleger es wagen würden, Aktien von Neuemissionen zu zeichnen. Bevor das Geschäft mit Börsengängen wieder in Schwung kommen könne, müsse eine Lösung für die Staatschuldenkrise her, sagte von der Goltz. Ein erfolgreicher IPO irgendwo in Europa könnte schon reichen, um anderen Mut machen. Doch die drohende Rezession überschattet die Aussichten für die Börsenkandidaten zusätzlich.

Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser hatte im November eingeräumt, den optimalen Zeitpunkt für einen Börsengang der Leuchtmitteltochter Osram verpasst zu haben. In unmittelbarer Zukunft sei er auch nicht zu erwarten, wenngleich er weiterhin auf eine Notierung im Laufe des Jahres 2012 hoffe.

Die Margen von Osram waren zuletzt trotz steigender Umsätze unter Druck geraten. Auf dem Zukunftsmarkt Leuchtdioden herrscht ein knallharter Preiskampf, vor allem asiatische Rivalen machen Druck. Die Münchner wollen dem Trend begegnen, indem sie zunehmend auf Systemgeschäft setzen, etwa mit der Ausrüstung von Großimmobilien, Städten oder Fußballstadien.

Die Euro-Schuldenkrise hatte die hochfliegenden Erwartungen an Börsengänge in diesem Jahr in Deutschland erneut enttäuscht. Mit keiner der zwölf Neuemissionen im obersten Börsensegment wurde eine Milliardensumme erlöst. Insgesamt brachten sie gerade 1,5 Milliarden Euro ein.


Investmentbanker hoffen auf den Sommer

Die meisten Unternehmen und Investmentbanker richten ihre Hoffnungen schon jetzt auf den Sommer: „Ich glaube, dass wir zum Ende des ersten Halbjahres wieder Börsengänge sehen werden“, sagt UBS-Banker von der Goltz. Doch das Zeitfenster, in dem IPOs technisch möglich sind, ist dann kurz: Wer den Sprung bis Mitte Juli nicht geschafft hat, muss bis nach der Sommerpause warten: vor Oktober geht kaum etwas.

Auch Dauer-Börsenkandidat Talanx habe das erste Halbjahr als Termin für seinen IPO intern schon abgeschrieben, erfuhr Reuters von einem Insider. Mit einem Milliarden-Börsengang peilt die Nummer drei der deutschen Versicherer den Nebenwerteindex MDax an. Die Vorbereitungen liefen planmäßig weiter, sagte ein Sprecher nur.

Auch der für 2011 geplante milliardenschwere Börsengang des Chemiekonzerns Evonik liegt seit Herbst auf Eis. Die RAG-Stiftung, Mehrheitseigner des Ruhrgebietskonzerns, hatte die Pläne wegen der Marktturbulenzen vorerst zu den Akten gelegt, der Finanzinvestor CVC als zweiter Aktionär sucht aber einen erfolgreichen Ausstieg. In Finanzkreisen hatte es damals geheißen, Evonik könnte im Frühjahr einen neuen Anlauf nehmen. Der Börsengang wäre der seit Jahren größte in Deutschland.

Während Evonik keine Alternative zu einem Börsengang hat, weil die RAG-Stiftung langfristig die Erlöse braucht, verfolgen andere zumindest parallel andere Pläne: Rheinmetall hatte den IPO seiner Autozuliefer-Sparte im November offiziell auf unbestimmte Zeit verschoben, ThyssenKrupp treibt für seine Edelstahl-Sparte daneben auch einen Verkauf oder eine reine Abspaltung voran.

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