Kampf gegen Geldfälscher „Die 0 sieht aus wie ein Osterei“

Der neue, noch sichere 50-Euroschein kommt heute in den Umlauf. Die Geldnote ist für Geldfälscher wichtig: Sechs von zehn Blüten sind Fünfziger. Wie das Nationale Analysezentrum der Bundesbank die Fälschungen erkennt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die Bundesbank stellt die neue Banknote vor. Quelle: Reuters

Mainz Jedes Jahr bearbeitet die Deutsche Bundesbank rund 15 Milliarden Euro-Banknoten - und jedes Jahr findet sie dabei falsche Scheine. Alle Blüten landen unter den Mikroskopen, Infrarot-Geräten und UV-Leuchttischen von Rainer Elm und seinen Kollegen im Nationalen Analysezentrum in Mainz. „Kein einziges der Sicherheitsmerkmale kann so gefälscht werden, dass es ein Experte nicht mehr sieht“, sagt Elm, der das Analysezentrum leitet. „Das haben wir noch nie gehabt.“

Trotzdem, und damit auch Laien echte Scheine leichter identifizieren können, werden derzeit neue Euro-Geldscheine mit noch ausgefeilteren Sicherheitsmerkmalen ausgegeben. Am heutigen Dienstagnachmittag wird der überarbeitete Fünfziger unters Volk gebracht, zuvor kamen bereits Fünfer (Mai 2013), Zehner (September 2014) und Zwanziger (November 2015) der „Europa-Serie“ in den Geldkreislauf. „Wir müssen den Fälschern mehrere Schritte voraus sein. Eine neue Serie muss immer schon in Umlauf kommen, wenn der Vorsprung der alten Note noch nicht aufgebraucht ist“, sagt Elm.

Der 50-Euro-Schein ist von besonderer Bedeutung für Geldfälscher: Sechs von zehn Blüten sind Fünfziger. „Bei den neuen Zwanzigern hat sich die Zahl der falschen Scheine im ersten Jahr nach der Einführung halbiert“, weiß Elm. „Wir hoffen, dass es bei den Fünfzigern nun auch eine Verbesserung gibt.“ Der neue Schein hat ein Fenster, in dem ein Porträt der griechischen Mythengestalt Europas sichtbar wird. Das Relief ist nun an den kurzen Seiten zu spüren. Und eine „50“ auf der Vorderseite ändert beim Kippen die Farbe von Smaragdgrün zu Tiefblau.

Noch aber beschäftigt sich Elm vor allem mit alten Fünfzigern. Er hält einen Schein in den Händen, der als echt durchgehen könnte: Die Farbe stimmt, das Papier fühlt sich dick genug an. „Vom Augenschein her sieht man kaum Unterschiede, man muss sich auf die Details konzentrieren.“ Elm checkt das Hologramm: „Da ist eine Heißprägefolie aufgebracht, wie ein Sticker, mit einem Bügeleisen.“ Auch sei das Wasserzeichen nur aufgedruckt, liegt also nicht im Papier wie bei den echten Scheinen.

Elm fährt mit den Fingern über die Ränder. „Die Prägung ist nur ganz rudimentär“. Er zieht die Lupe heran, um das Druckverfahren zu beurteilen. „Der Schein ist in einem kommerziellen Offset-Druckverfahren hergestellt worden. Das geht nur in einer Druckerei, nicht mit einem Farbdrucker.“ Dann hält er den Schein gegen das Licht, so dass die beiden Hälften der „50“ im oberen Eck übereinander liegen - was den Fälscher nicht ganz gelungen ist. „Das sieht eher aus wie ein Osterei“, urteilt er.

Elm und die 14 Banknoten-Checker kennen diesen Fälschungs-Typus gut. „Das ist die zweitgängigste Fälschung in Deutschland, von der sicherlich schon über 100 000 Stück verbreitet wurden“, sagt er. Schon ein paarmal haben Fahnder eine Fälscher-Werkstatt ausgehoben - ohne Erfolg. „Das ist organisierte Kriminalität. Nach sechs Monaten haben die eine andere Werkstatt gefunden, die die gleiche Note wieder herstellt.“

Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) kann Falschgeld nun auch auf Handelsplattformen in einem anonymisierten Teil des Internets gekauft werden - im sogenannten Darknet, in dem auch Drogen und Waffen verkauft werden. Der Anteil der über das Internet verbreiteten falschen Scheine liege bei mehr als 30 Prozent, erklärt das BKA. Die sogenannten „Napoli-Fälschungen“ würden häufig rund um Neapel in Italien hergestellt und per Post nach Deutschland geschickt.

Weil die Beschaffung von Falschgeld einfacher geworden ist, steigen die Zahlen: 2015 wurden laut BKA fast 112 000 Euro-Falschnoten entdeckt, das waren 42 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Das Geschäft blüht, aber die Polizei schläft nicht: Vor einem Jahr klickten bei zwei mutmaßlichen Fälschern aus Landshut die Handschellen. Sie hätten - trotz der schlechten Qualität ihrer Fälschungen - in „Saus und Braus“ gelebt, erklärte das Bayerische Landeskriminalamt damals.

Im Analysezentrum in Mainz füllen die aussortierten Scheine ganze Aktenordner in großen grauen Schränken. Leiter Elm blättert die Ordner der gerade eingegangenen Falschgeldmeldungen durch, die von der Polizei und von Banken kommen, und wird plötzlich stutzig. Er hat einen Fünfer gefunden, dem der Folienstreifen fehlt. Unter UV-Licht leuchtet der Schein hell auf, was auf eine Fälschung hindeutet. Doch Elm meint: „Der ist echt.“ Er sei nur in einer Waschmaschine mitgewaschen worden.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%