Nutzen jetzt die Private-Equity-Investoren die Geldschwemme als Ausstiegsmöglichkeit, oder wird mit den Erlösen aus dem Börsengang tatsächlich Wachstum finanziert?
Es gab in den vergangenen 18 Monaten etwa mit Zalando und Rocket Internet durchaus Unternehmen, die über die Börse ihr Wachstum finanzieren wollen. Es stecken also nicht nur Private-Equity-Verkäufe in der Pipeline.
Börsengang: Fakten und Begriffe
IPO steht für „Initial Public Offering“, was so viel wie „erstmaliges öffentliches Angebot“. Im Angelsächsischen spricht man bei einem Börsengang auch von „going public“. Es geht also um den Börsengang, der Anlegern erstmals öffentlich Teile des Unternehmens in Form vom Aktien anbietet. Die Aktien sind dabei ein – meist winziger – verbriefter Anteil am Eigenkapital eines Unternehmens.
Eine Neuemission ist ein Angebot neu geschaffener Wertpapiere. Das können Aktien, Anleihen, Zertifikate oder sonstige Wertpapiere sein. Kommen etwa bei einem Börsengang neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung auf den Markt, spricht man von einer Neuemission.
Sie legt den Zeitraum fest, innerhalb dessen ein Anleger neu emittierte Wertpapiere zeichnen kann, also sich durch schriftliche Erklärung die Übernahme eines bestimmten Betrags zusichern kann. Nur wenn die Nachfrage schwach ist, wird eine Zeichnungsfrist auch mal verlängert.
Vor Beginn der Zeichnungsfrist nennt das Unternehmen eine Preisspanne, zum Beispiel von 20 bis 25 Euro. Die Investoren teilen dann mit, wie viele Aktien sie zu übernehmen bereit sind und nennen dafür einen Preis innerhalb der Preisspanne. Kommen nicht genug Anfragen zusammen, kann das Unternehmen – der Emittent – die Preisspanne auch senken. Aus den Zeichnungsaufträgen ermittelt der Emittent dann den Ausgabepreis, zu dem es die Aktien den Investoren überlässt.
Bei vielen Börsengängen können über das genannte Emissionsvolumen hinaus in den Tagen nach der Erstnotiz an der Börse weitere Aktien ausgegeben werden. Diese Mehrzuteilung wird auch Greenshoe genannt. Sie kommt bei hoher Nachfrage nach den Wertpapier zum Einsatz. Wie groß der Greenshoe ist, muss im Börsenprospekt stehen.
Nachdem die Aktien zum Ausgabepreis an die Anleger verteilt worden sind, wird es ernst: Die Aktien werden zum ersten Mal an der Börse gehandelt. Aus Kauf- und Verkaufsangebot wird der erste Kurs im Handel ermittelt – die Aktie notiert zum ersten mal an der Börse. Die Erstnotiz erfolgt zum angekündigten Datum, der erste Handelskurs sollte über dem Ausgabepreis liegen.
Wertpapiere, die an einer Börse gehandelt werden, unterliegen bestimmten Spielregeln. An einem regulierten Markt sind diese besonders umfassend und verlangen zum Beispiel Banken, die den Handel betreuen und Berichtspflichten, wie die Veröffentlichung von Quartalsberichten nach bestimmten Vorschriften. Am unregulierten Markt sind die Vorschriften lascher und die eine Überwachung des Handels – etwa bei der Kursbestimmung - greift nicht.
Beim Börsengang kommt eine zuvor festgelegt Zahl an Aktien in den Börsenhandel. Der Wert all dieser Aktien zusammen entspricht dem Platzierungsvolumen. Dabei kann es sich um neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung (Neuemission) oder um Aktien der bisherigen Eigentümer und vorbörslichen Investoren handeln.
Multipliziert man den Aktienkurs mit der Zahl aller frei handelbaren Aktien eines Unternehmens, erhält man den Börsenwert eines Unternehmens. Dieser entspricht der Marktkapitalisierung gleichgesetzt. Die Aktien, die nicht zum Handel an der Börse zugelassen sind, – also im Bestand des Unternehmens verbleiben – sind dabei unberücksichtigt.
Unternehmen lassen selten alle Aktien an der Börse zum freien Handel zu, sondern lediglich einen Teil. Liegt etwa der Streubesitz bei 30 Prozent, sind auch nur 30 Prozent der Eigenkapitalanteile an der Börse handelbar. Je höher der Streubesitz, umso liquider ist der Handel und umso geringer die Kursschwankungen, die sich aus Kauf- und Verkaufsorders ergeben.
In der Regel verbleibt bei einem Börsengang ein großer Teil der Aktien in Besitz von den bisherigen Eigentümern. Während der Haltefrist – auch Lock-up-Periode genannt – dürfen sie aus diesem Bestand keine Aktien verkaufen. Eine lange Haltefrist gilt als Bekenntnis zu einem Unternehmen.
Die Konsortialbanken begleiten den Börsengang und anschließenden Aktienhandel für ein Unternehmen. Das lassen sich die Banken natürlich vom Unternehmen bezahlen. Eine besondere Aufgabe fällt den Konsortialbanken zu, die sich als Designated Sponsor engagieren. Sie sorgen dafür, dass der Handel liquide bleibt, auch wenn zum Beispiel Käufer keinen Verkäufer der Papiere finden. Dann übernehmen sie den Part des Verkäufers, damit immer ein Kurs gestellt werden kann.
Darunter versteht man das Verfahren, mit dem der Preis für neu an die Börse zu bringende Aktien festgelegt wird. Da vor der Emission von neuen Aktien kein Börsenhandel mit diesen Papieren stattfindet, kann dieser Preis nicht durch Angebot und Nachfrage an der Börse bestimmt werden. Beim angelsächsischen Auktionsverfahren geben die Banken, die das Unternehmen an die Börse bringen, eine Preisspanne vor. Innerhalb dieser können Investoren ihre Gebote abgeben. Auf Grund der vorliegenden Orderlage wird der tatsächliche Emissionskurs letztlich aus dem Gebots-Durchschnitt gebildet. Früher wurde das heute kaum noch gebräuchliche Festpreisverfahren angewandt, bei dem sich die beratenden Banken und die AG schon vor Verkaufsangebot auf einen Preis einigten, den Anleger dann akzeptieren mussten.
Die Roadshow ist eine Werbetour eines Unternehmens bei möglichen Investoren. Dabei wird versucht, möglichst viele Investoren zu gewinnen, die den angestrebten Preis für die Aktien zu zahlen bereit sind. Die Roadshow ist daher wichtig, um die richtige Preisspanne auszuloten.
Etwa mit dem Börsengang von Covestro haben Sie manchen Fondsmanager glücklich gemacht, der sich über hohe Kursgewinne freuen kann. Halten die Fondsmanager gewöhnlich lange an den Titeln fest oder machen sie gleich nach ein paar Prozentpunkten Gewinn Kasse?
Wir wissen nicht, wer kurzfristig Kasse macht. Das Spektrum reicht vom traditionellen Fondsmanager bis hin zu Hedgefonds. Manche kaufen die Aktien und halten sie lange, um sie zu beobachten, andere nehmen die Gewinne aus einem Börsengang schnell mit. Und wenn jemand damit Liquidität für den Markt bietet, dann ist das im Nach-IPO-Markt auch sinnvoll, damit andere Anleger die Aktien kaufen können. Sonst hingen die ja komplett fest.
Lassen sich denn angesichts von Zinserhöhungen in den USA sowie ersten Inflationswarnungen für Europa überhaupt noch Anleihen platzieren?
Sehr gut sogar. Ich überlege zwar auch häufig, ob das noch interessant ist, aber wir haben mehr Nachfrage als Angebot. Momentan glauben 80 Prozent der Investoren, dass die US-Notenbank FED die Zinsen um 25 bis 50 Basispunkte erhöhen wird. Das ist die klare Erwartung und die steckt schon in den Kursen. Größere Ungewissheit herrscht darüber, wie schnell die Erhöhungen weitergehen könnten. Da gehen die Erwartungen etwas mehr auseinander, aber überwiegend wird mit einem langsamen Zinsanstieg gerechnet.
Durch so genannte Private Placements gehen immer mehr Aktien und Anleihen außerhalb der Börse an Investoren. Können Sie beziffern, welches Volumen da bewegt wird?
Bei Privatplatzierungen von Anleihen gehen sehr viele Pakete gleich an Großinvestoren, bei den Aktien ist das in Europa weniger ausgeprägt. Anders ist es in den USA, dort wird ein Vielfaches etwa der Technologieaktien direkt über Privatplatzierungen an spezielle Fonds abgegeben.
Wie legen Sie als Experte Ihr Geld an?
Ich habe kein privates Depot, weil ich keine Zeit habe, mich darum zu kümmern. Ich würde aber jedem raten, nur dann am Aktienmarkt zu investieren, wenn man die Unternehmen gut versteht und kennt.