Klaus Kaldemorgen „Die Anleger verlieren ihr Gespür für Risiken“

Fondsmanager Klaus Kaldemorgen von der Deutschen Bank hat soeben das schlechteste Jahr seit Auflage seines Fonds vor fast sieben Jahren erlitten. Das hat die Anleger nicht davon abgehalten, ihm Milliarden anzuvertrauen.

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„Wir befinden uns in einem der längsten und profitabelsten Bullenmärkte aller Zeiten.“ Quelle: DWS

München Kunden haben im vergangenen Jahr 2,3 Milliarden Euro in den 7,5 Milliarden Euro schweren Deutsche Concept Kaldemorgen Fonds investiert. Das entspricht den zweithöchsten Zuflüssen seit 2015, als 2,4 Milliarden Euro hinzukamen. Netto erhielt der Fonds damit im vergangenen Jahr mehr neue Gelder als alle anderen Aktien- und Mischfonds der Deutschen Bank. Damit hat Kaldemorgen mittlerweile seinen ehemaligen Fonds, den DWS Vermögensbildungsfonds, eingeholt, den er fast zwei Jahrzehnte lang betreute.

„Die kurzfristige Performance von Kaldemorgen steht eindeutig unter Druck, wenn man sich den Vergleich mit seinen Hauptkonkurrenten ansieht“, resümiert Said Yakhloufi, Leiter der Fondsanalyse bei der Ratingagentur Scope. „Aber er ist immer noch einer der bekanntesten deutschen Fondsmanager, und Anleger dürften ihm mehr Geduld entgegenbringen als anderen.“

Die jüngsten Zuflüsse belegen den guten Ruf, den Kaldemorgen in Deutschland nach wie vor genießt. In den späten 1990er-Jahren steuerte er den DWS Vermögensbildungsfonds erfolgreich durch den Internetboom und den folgenden Crash am Neuen Markt und später durch die Finanzkrise. Damit wurde er zum Aushängeschild der DWS, die das Kernstück beim geplanten Börsengang des Asset-Management-Geschäfts der Deutschen Bank bildet.

Der 64-Jährige, der nun eine flexiblere, hedgefondsähnliche Strategie unter seinem Namen verantwortet, ist immer noch einer der Publikumslieblinge der DWS, selbst nachdem defensive Wetten auf US-Anleihen und Dividendenaktien im Jahr 2017 den Fonds vergleichbaren Wettbewerbern hinterherhinken ließen.

Für Kaldemorgen, der seine Karriere als Rentenfondsmanager begann, macht die Jagd nach schnellen Erträgen derzeit keinen Sinn. Schließlich geht der Aufschwung der Börsen rund um den Globus ins neunte Jahr. Das habe in einigen Bereichen zu recht hohen Bewertungen geführt.

„Wir befinden uns in einem der längsten und profitabelsten Bullenmärkte aller Zeiten“, sagt Kaldemorgen im Gespräch mit Bloomberg News in München. „Je länger eine solche Phase anhält, desto mehr sehe ich, wie Vorsicht und Bedenken über Bord geworfen werden. Die Anleger scheinen ihr Gespür für Risiken verloren zu haben.“

Die schwache Performance seines Fonds im letzten Jahr erklärt Kaldemorgen mit dem Rückgang beim US-Dollar und einem Aktienmarkt, der sich durch sehr geringe Volatilität auszeichnete und es daher schwierig machte, Rücksetzer zu nutzen. Während er für den Aktienmarkt insgesamt keinen großen Einbruch prognostiziert, rechnet der Fondslenker mit einer Rückkehr der Volatilität. Bereiche wie etwa der Technologiesektor und die US-Börsen seien reif für Korrekturen. „Ein Markt ohne Volatilität, der nur eine Richtung kennt, ist für mich der ungünstigste Fall“, sagt er. „Das ist 2017 passiert. Aber 2018 sollte das anders sein.“


Hohe Gebühren sind ein Problem

Im Gegensatz zu seinem früheren Fonds hat der Manager beim Deutsche Concept Kaldemorgen keine traditionelle Benchmark. Der Fonds nutzt allerdings einen Geldmarktindex, um die erfolgsbezogenen Gebühren zu bestimmen. Der Fonds strebt einen absoluten Ertrag an, indem er in verschiedene Märkte und Instrumente investiert und gleichzeitig die Abwärtsrisiken begrenzt. Dabei kann er auch Derivate wie Optionen und Futures zur Absicherung einsetzen.

Die Gebühren des Fonds sind einem Hedgefonds nicht unähnlich. Abhängig von der Anteilsklasse verlangt DWS von Privatanlegern eine jährliche Verwaltungsgebühr von 1,5 Prozent sowie 15 Prozent der Gewinne, die den Ertrag des Eonia-Index übersteigen Dieser bildet unbesicherte Übernachtausleihungen zwischen Banken ab. Die erfolgsbezogene Vergütung wird bei vier Prozent der durchschnittlichen Anlagen gedeckelt und muss bezahlt werden so lange der Fonds über seiner Hochwassermarke liegt. Morningstar bezeichnete in einer Studie im Oktober die Gebühren des Fonds denn auch als sein großes Manko.

„Die Gebühren sind eindeutig ein Problem für Anleger in Kaldemorgens Fonds, zumal nachdem das Fondsvolumen so stark gestiegen ist“, sagt Ali Masarwah, Fondsanalyst bei Morningstar in Frankfurt. „Ich würde auch die Eignung von Eonia als Hurdle-Rate für die Erhebung von Performancegebühren in Frage stellen wollen, da der Fonds eine klare Long-Ausrichtung aufweist und auf Aktien und Unternehmensanleihen, einschließlich High-Yields, abzielt.“

Der Fonds hat seit seiner Auflegung 2011 für seine Anleger jedes Jahr Geld verdient. Seinen Investoren hat Kaldemorgen, wie er selbst sagt, für die derzeitigen Märkte einen Ertrag von 3,5 Prozent bis 4,5 Prozent in Aussicht gestellt. Zum Vergleich: der auf Aktien fokussierte DWS Vermögensbildungsfonds hat unter seiner Ägide einen durchschnittlichen jährlichen Ertrag von 7,7 Prozent erzielt.

Mit einem Ertrag von nur 0,9 Prozent blieb Kaldemorgen im vergangenen Jahr hinter seinem selbst gesteckten Ziel zurück. In der Gruppe der Mischfonds schlugen ihn dabei Bloomberg-Daten zufolge 83 Prozent der Vergleichsfonds. Auch bei Morningstar, wo der Fonds in die Kategorie Alternative - Multistrategy einordnet ist, liegt er auf Jahressicht in der hinteren Hälfte der sehr heterogenen Vergleichsgruppe. Über drei und fünf Jahren hat er sich dagegen überdurchschnittlich geschlagen.

Der Carmignac Patrimoine, mit 22,6 Milliarden Euro einer der größten Mischfonds in Europa, brachte im vergangenen Jahr nach Gebühren keine Wertsteigerung, über drei Jahre lieferte er im Durchschnitt 1,7 Prozent ab.

Kaldemorgen sagt, er habe einen konservativeren Ansatz gewählt, weil ein Großteil der Zuflüsse in seinen Fonds von Anlegern stamme, die durch die negativen Zinssätze der Europäischen Zentralbank aus den Anleihemärkten gerieben wurden und die nun nach ein wenig Wertsteigerungspotenzial bei gleichzeitig hoher Sicherheit suchten.

„Ich bin vorsichtig, weil das meine Überzeugung ist, aber ich muss auch vorsichtig sein, um unsere Kunden nicht zu enttäuschen“, sagt Kaldemorgen. „Sie sind eher risikoavers.“


Aktienquote nach wie vor hoch

Insgesamt machten Aktien vor Absicherung zuletzt rund 40 Prozent der Bestände des Fonds aus. Ende November bildeten Aktien der Deutschen Telekom laut Angaben der DWS die viertgrößte Position hinter einem Floating-Rate-Notes-Fonds der Deutschen Bank, einem Gold-ETF und einer italienischen Staatsanleihe. Die Telekom-Aktie hat im vergangenen Jahr wegen des harten Wettbewerbs auf dem deutschen Heimatmarkt knapp zehn Prozent verloren.

Bei festverzinslichen Papieren entfiel im Fonds mit 7,7 Prozent der größte Anteil auf US-Anleihen. Italienische Schuldverschreibungen rangieren auf dem zweiten und Luxemburger Bonds auf dem dritten Platz. Während US-Treasuries zuletzt höhere Renditen abwarfen als viele europäischen Staatsanleihen, machte hier jedoch der schwächere Dollar einen Großteil dieser Gewinne des in Euro notierten Fonds zunichte.

Kaldemorgen sagt, er habe das Engagement in Hochzinsanleihen reduziert und stattdessen auf Staatsanleihen umgestellt, möchte dies aber mehr als Bargeld-Ersatz verstanden wissen, denn als strategischen Schritt. Er sehe keinen offensichtlichen Auslöser für ein Ende der globalen Börsenrally. Dennoch lässt er weiterhin Vorsicht walten.

„Die Anleger sollen vor allem kein Geld verlieren“, sagt Kaldemorgen mit Blick auf seinen Fonds. „Nach oben ist die Schmerzgrenze nicht so groß.“

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