Konzern streicht Dividende LEG war erst der Anfang

„Gewohnt gut“ ist der Werbeslogan der LEG. Ungewohnt schlecht fällt allerdings der Dividendenvorschlag des Immobilienkonzerns für 2023 aus Quelle: dpa

Der Immobilienkonzern streicht die Dividende. Wer sich darüber wundert, hat die vergangenen Monate unter einem Stein verbracht. Ein Kommentar.

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Aus der Immobilienbranche kommen derzeit unerfreuliche Nachrichten. Erst sorgte eine Razzia beim größten deutschen Wohnungskonzern Vonovia Anfang der Woche für Aufsehen. Gestern dann gab Konkurrent LEG Immobilien bekannt, die Dividende zu streichen, um die Bilanz zu stärken. Die Aktie notiert heute in der Spitze zweistellig im Minus. Die Frage sei erlaubt: warum eigentlich?

Dass sich die Immobilienbranche in einer Art perfektem Sturm befindet, ist keine Neuigkeit. Wer sich von aktuellen Hiobsbotschaften überrascht zeigt, hat wohl gepennt. Die Dividendenstreichung bei LEG dürfte nicht das Ende der Belastungen für Aktionäre sein: Inflation und steigende Zinsen drücken bei börsennotierten Immobiliengesellschaften an allen Ecken und Enden aufs Geschäftsmodell. 

LEG zum Beispiel muss mit deutlich höheren Kosten kalkulieren, etwa für Handwerker. Das senkt die zukünftig erzielbaren Erträge des LEG-Immobilienportfolios. Das musste daher im jüngst vorgestellten Abschluss gegenüber dem Wert zum Halbjahr deutlich abgewertet werden, um fast 800 Millionen Euro.

Zudem bedrohen steigende Zinsen das Geschäftsmodell. LEG refinanziert sich derzeit zu durchschnittlich 1,3 Prozent Zins. Anleihen des Konzerns dagegen werfen fast fünf Prozent und mehr ab. Wenn LEG sich also zum aktuellen Zinsniveau refinanzieren müsste, würde das erheblich teurer. Der Effekt wirkt zwar zeitverzögert, weil nur elf Prozent der Finanzverbindlichkeiten binnen der nächsten 24 Monate fällig werden. Aber er wirkt und wird den für Ausschüttungen verfügbaren Betrag drücken.

Hinzu kommt: Höhere Zinsen können auch den Wert des Immobilienportfolios belasten. Um den zu bestimmen, wird unter anderem ein Diskontierungszins angewendet. Je niedriger der ist, desto höher der Wert des Portfolios heute. Umgekehrt gilt: Je höher er ist, desto niedriger der Portfoliowert. Im zweiten Halbjahr war der Zins bei LEG relativ konstant. Steigt er in Zukunft an, droht Abschreibungsbedarf, der sofort das Eigenkapital mindern und die für Immobilienkonzerne so wichtige Verschuldungskennzahl Loan-to-value ansteigen ließe. Ein Viertelprozentpunkt mehr, so ist es im aktuellen LEG-Geschäftsbericht nachzulesen, ergäbe einen Abwertungsbedarf von gut einer Milliarde Euro. Zum Vergleich: Das bilanzierte Eigenkapital liegt bei neun Milliarden.

Es sind Risiken, die nicht nur LEG betreffen, sondern in der einen oder anderen Form alle Immobilienkonzerne. Ihre Möglichkeiten, gegenzusteuern, sind begrenzt. Angesichts abgestürzter Aktienkurse mittels Kapitalerhöhung neues Geld einzusammeln, ist sehr teuer und vermutlich schwer umsetzbar. Mit Immobilienverkäufen die Bilanz aufbessern? Puh. „Im aktuellen Markt lassen sich Verkäufe von großvolumigen Portfolios eher schwer platzieren“, lässt LEG dazu im Geschäftsbericht wissen. Was bleibt: Ausschüttungen und Investitionen zu kürzen, um das Geld, das aus dem Mietgeschäft reinkommt, zusammenzuhalten.

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Genau diesen Weg geht LEG. Das ist logisch und war vorhersehbar. Umso mehr erstaunt es, dass die Aktienanalysten von Konkurrent Vonovia laut Bloomberg für die nächsten drei Jahre immer noch von einer annähernd konstanten Dividendenausschüttung ausgehen. Das können Aktionäre sich abschminken – nicht zuletzt aufgrund des politischen Drucks zur Sanierung des Bestands bei gleichzeitig allenfalls moderaten Mieterhöhungen. Die Prioritäten der Branche werden auf absehbare Zeit ganz woanders liegen.

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