Kosten senken, Stellen streichen Die Fondsbranche setzt den Rotstift an

Der Verteilungskampf unter Vermögensverwaltern wird härter. Strengere Regulierung sorgt für zusätzliche Mehrkosten. Die Branche muss sich auf radikale Einschnitte einstellen. Das trifft auch die Mitarbeiter der Firmen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die lange herbeigesehnte Konsolidierung der Fondsbranche findet bereits im Kleinen statt. Quelle: dpa

Frankfurt Wer sich so schick einrichtet, dem kann es nicht schlecht gehen: Büros auf mehr als 20.000 Quadratmetern in 19 Etagen, spektakuläre Dachterrassen mit Blick auf den Römer und die Frankfurter Banken-Skyline, dazu ein begrünter Innenhof und eine großzügige Tiefgarage - und das alles im Herzen der Stadt. 2014 ist es so weit, dann zieht Union Investment mit 900 Mitarbeitern in den Büroturm "MainTor Porta", der gerade aus dem Boden gestampft wird. Der Mietvertrag läuft mindestens zehn Jahre. Ein Rundum-Wohlfühlpaket für die Portfoliomanager, die täglich Milliarden anlegen. Das neue Domizil hätte sogar noch größer sein können, denn es passen längst nicht alle Mitarbeiter der Fondsgesellschaft hinein.

Doch hinter der Fassade sieht es bescheidener aus. Der erfolgsverwöhnte Vermögensverwalter der Volks- und Raiffeisenbanken hat sich gerade ein "Effizienzprogramm" verordnet, um im immer härteren Wettbewerb zu bestehen: "Union Investment 2.0". Das war ein Signal. Wenn selbst die Genossen den Rotstift ansetzen, dann steht es nicht gut um die Branche. Das Wort Sparprogramm mag Vorstandschef Hans Joachim Reinke allerdings gar nicht, auch wenn sein Haus bis 2015 jede zehnte der insgesamt 2400 Stellen abbauen will. "Wir sind ja nicht mit dem Rasenmäher über alle Bereiche gegangen mit dem Ziel, einfach Kosten zu senken." Stattdessen heißt die Devise: Das, was man gut kann, noch besser machen - und beim Rest radikal abschneiden.

Aufräumen eben. Die großen Konkurrenten machen es nicht anders, und viele Experten sagen, es wird höchste Zeit: Der Sparkassen-Fondsdienstleister Deka entrümpelt unter neuer Führung seine angestaubte Fondspalette, um die abtrünnigen Privatanleger einzufangen. Die Deutsche Bank stellt ihre Vermögensverwaltung rund um die Publikumsfondsgesellschaft DWS neu auf, um international wieder den Anschluss zu finden. Und die Allianz trimmt ihren übergewichtigen Vermögensverwalter Allianz Global Investors (AGI) auf Rendite. Das ist die lange herbeigesehnte Konsolidierung, nur findet sie eben im Kleinen statt, im eigenen Haus. Im beschaulichen Deutschland reift die Erkenntnis, die in den angelsächsischen Ländern schon vor einiger Zeit zum Abbau tausender Jobs geführt hat: Die unbeschwerten Jahre sind vorbei.

Wer auf der Gewinner- und wer auf der Verliererseite steht, ist offen. Die nächsten zwei, drei Jahre werden entscheidend sein. "Jeder muss sich fragen: Worin bin ich wirklich gut? Der Prozess hat gerade erst begonnen", ist sich der Deutschland-Chef des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock, Dirk Klee, sicher. Klee spricht für den Musterknaben in der Branche: Die Kostenbasis ist niedrig, das Angebot breit. Es reicht von aktiv gemanagten Fonds bis hin zu "passiven" börsennotierten Indexfonds (ETFs), die Indizes eins zu eins abbilden. Als Klassenbester hat man leicht reden. Aber auch andere attestieren der heimischen Branche ungewohnt offen Nachholbedarf, etwa DWS-Chef Wolfgang Matis: "Hier konnten sich manche Häuser bisher durchaus die eine oder andere Ineffizienz erlauben."


Größe oder Nische

Damit ist nun Schluss. Mit der Vermögensverwaltung für private und institutionelle Kunden lässt sich zwar immer noch Geld verdienen. Aber der Verteilungskampf wird härter, während die strengere Regulierung immer mehr Kosten verursacht. Das verwaltete Vermögen in Europa liegt seit fünf Jahren stabil bei rund 18 Billionen Dollar, rechnet die Ratingagentur Fitch vor. Das sind weniger als 14 Billionen Euro. Mittelzuflüsse kann nicht einmal die Hälfte der Gesellschaften für sich verbuchen und nur die Starken werden immer stärker - "the winner takes it all", nennen das die Experten von Boston Consulting.

Vor allem die eigentlich so lukrativen Privatkunden machen Sorgen. Sie sind von der Finanz- und Schuldenkrise so verunsichert, dass sie dem Kapitalmarkt und Investmentfonds kaum noch trauen und ihr Erspartes lieber auf Tagesgeldkonten parken oder in Lebensversicherungen anlegen, niedrige Zinsen hin oder her. Die Fondsanbieter reagieren zwar, wie Zahlen der Thomson-Reuters-Tochter Lipper zeigen: So haben AGI, DWS, Union Investment und Deka von 2008 bis 2012 hauptsächlich Aktienfonds aufgelöst oder fusioniert - und stattdessen verstärkt neue Mischfonds aufgelegt, die die "Vollkasko-Mentalität" der Kunden am besten bedienen, weil sie Anlagen breit streuen. Aber das reicht nicht, um den Markt auf breiter Front zu beleben. Und die institutionellen Investoren lassen sich von den Fondshäusern nicht mehr einfach so die Gebühren diktieren, erst recht nicht, wenn die Renditen mau sind und jeder Basispunkt zählt. Viele Pensionskassen verwalten ihre Anlagen aus Kostengründen inzwischen selbst.

So kämpft die Branche gleich an mehreren Fronten. Experten sind sich einig, dass am Ende nur zwei Arten von Fondsanbietern überleben werden - Universalanbieter wie BlackRock, die Größeneffekte ausspielen, und spezialisierte Boutiquen, die sich in der Nische einrichten und dafür auch mal teurer sein dürfen. "Mittelgroße Häuser ohne klares Profil fallen hinten runter", sagt Victor Moftakhar voraus, neuer Geschäftsführer der Deka Investment. "Einfach so mitschwimmen geht nicht mehr."


Das Fett muss weg

Die deutschen Flaggschiff-Gesellschaften setzen auf Größe, nicht auf die Nische. Von den zwei Billionen Euro, die die hiesige Fondsbranche verwaltet, entfällt nach Zahlen des Branchenverbandes BVI etwa ein Viertel auf die Wertpapier-Publikums- und Spezialfonds der Deutsche-Bank-Gruppe, der Union Investment und der Deka. Nur der Versicherungsriese Allianz bietet ihnen die Stirn. Sie alle wollen ein noch größeres Stück vom Kuchen - vorerst aber ohne Zukäufe.

"Wir haben uns seit 2008 ungefähr 60 Angebote angesehen und bei keinem zugeschlagen", sagt Union-Investment-Chef Reinke. "Weil entweder kein klares Geschäftsmodell vorhanden war, keine Synergien entstanden wären, die Unternehmenskultur nicht gepasst hätte oder die Inhaber schlichtweg nur Kasse machen wollten." Also besinnt sich die Fondsgesellschaft auf sich selbst, auf Wachstum aus eigener Kraft. Das bedeutet auch, sich aus Bereichen zurückzuziehen, die sich nicht mehr lohnen, etwa die betriebliche Altersvorsorge. Lieber baut Reinke das Riester-Geschäft aus oder umwirbt mehr institutionelle Kunden außerhalb des genossenschaftlichen Sektors.

Und er löst Doppelstrukturen in der Verwaltung auf. Bis 2015 sollen die Personal- und Sachkosten um zehn Prozent sinken. Die Cost-Income-Ratio - bei den Asset Managern ein besonders gut gehütetes Geheimnis - liegt Kreisen zufolge bei 66 Prozent. Die Quote gibt an, wieviel Prozent der Einnahmen von Kosten aufgefressen werden. Um einen Euro zu verdienen, muss Union Investment im Moment 66 Cent einsetzen. Das ist Durchschnitt. Die Effizienten in der Branche schaffen es mit weniger als 60 Prozent.

Nur an einem will Reinke nicht rütteln: "Wir verstehen uns als aktiver Vermögensmanager, was unter anderem bedeutet, dass wir keine passiven Produkte produzieren." Das schnell wachsende Geschäft mit günstigen ETFs - Union Investment steigt nicht ein. Weil die kritische Masse fehlt und der europäische Markt längst von zwei, drei großen Spielern dominiert wird, wie es im Hause heißt.


Hoffnungsträger Zertifikate

Die Deka denkt anders, hier ist die Not auch größer. Nicht wegen der Aufwandsquote, die liegt im Fondsgeschäft (AMK) bei unter 60 Prozent, obgleich hier etwa Immobilienfonds nicht mit eingerechnet sind, was einen Vergleich mit der Konkurrenz nur begrenzt möglich macht. Schwerer wiegt, dass das Haus über Monate milliardenschwere Mittelabflüsse hatte, die sich nur langsam eindämmen lassen. Die Deka, seit einiger Zeit vollständig in der Hand der Sparkassen, sieht sich in jeder Hinsicht als "Vollsortimenter" und bietet neuerdings auch Zertifikate für Kleinanleger an - einfach strukturierte Papiere, die auf der Entwicklung von Dax-Werten oder Leitindizes basieren. Im Sparkassen-Deutsch heißt das "Transformationsprogramm Wertpapierhaus". Moftakhar, der das schwächelnde Fondsgeschäft anschieben soll, beschreibt es plakativer: "Unser Ziel ist es, für die Sparkassen alles aus einer Hand anzubieten, sozusagen One-Stop-Shopping: Research, Fondsmanagement, Fondsverwaltung, dazu neu die Zertifikate."

Der Umbau zum zentralen Wertpapierhaus wird etliche Jahre dauern, da macht sich bei der Deka niemand etwas vor. Die Hoffnung liegt darin, es ohne Stellenabbau zu schaffen. Die Mannschaft soll einfach besser eingesetzt werden. Gerade die Erwartungen an Moftakhar sind hoch. Einstige Vorzeige-Aktienfonds schneiden unterdurchschnittlich ab, Geldmarktfonds bluten aus. Dass der neue Deka-Chef Michael Rüdiger ebenfalls aus dem Asset Management kommt, im Moment jeden Stein im Hause umdreht und verkrustete Strukturen aufbricht, stimmt Moftakhar zuversichtlich. Man spricht dieselbe Sprache. "Wir müssen jetzt unsere Hausaufgaben machen, um aus der Krise gestärkt hervorzugehen. Wir sind auf einem guten Weg."

Die bisherige Vertriebsoffensive in den Sparkassen-Filialen verfing nicht. Ob die Zertifikate als "Abrundung des Angebots" das Interesse der Kunden neu entzünden können, ist ungewiss. Viele haben sich in der Finanzkrise mit Lehman-Zertifikaten die Finger verbrannt. Hausaufgaben machen, das heißt bei der Deka aber auch, die Fondspalette einzudampfen. "Da machen wir jetzt noch etwas mehr Tempo. Wir haben noch fast 300 Publikumsfonds im Angebot, von denen wir letztlich rund 70 aktiv vertreiben. Wir werden sicherlich an vielen Ecken und Enden abschneiden", gibt Moftakhar die Richtung vor.

Das gilt erst recht, wenn jetzt das Fondsgeschäft der Landesbank Berlin angedockt wird. Doch damit ist das Thema Übernahmen auch schon wieder erschöpft. Bestenfalls kommen noch ein paar internationale Partnerschaften hinzu, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Denn eine flächendeckende Strategie, die Deka-Produkte auch international zu vermarkten, gibt es im Moment nicht.

Reicht das? Ein starker Name und eine respektable Größe? In Deutschland vielleicht, in Großbritannien nicht. Denn dort hat die Finanzaufsicht im Privatkundengeschäft die Honorarberatung durchgesetzt, bei der der Kunde seinen Berater für dessen Dienste bezahlt. Üppige Vertriebsprovisionen, das war einmal. Entsprechend fiel die Loyalität der Berater zu den Fondsgesellschaften ins Bodenlose. Deutschland ist noch nicht so weit.


Die nationale Brille

Hier können Union Investment und Deka weiter auf ein gutes Vertriebsnetzwerk in ihren Bankengruppen vertrauen. Das gibt Sicherheit. Fitch-Analyst Roger Schneider fehlt aber etwas anderes: der internationale Anspruch. "Ich sehe die Gefahr, dass sich einige zu sehr auf den Heimatmarkt fokussieren und die Expansion global oder in Europa eher vernachlässigen. Asset Management ist längst kein rein nationales Geschäft mehr", stellt er fest. "Die Frage ist, warum man auf die Wachstumsfelder im Ausland verzichtet."

Schneider kann sich gut vorstellen, dass deutsche Fondsanbieter etwa in Frankreich erfolgreich sein könnten. "Manchmal habe ich den Eindruck, die hiesigen Häuser sind sich ihrer Stärken nicht bewusst und verkaufen sich unter Wert." Ein Vertrieb über Ländergrenzen hinweg sei das oberste Gebot, um in Zukunft erfolgreich zu sein, am besten mit "Blockbuster"-Fonds, die milliardenschwer sind und ordentliche Renditen abwerfen. Denn auch die internationale Konkurrenz ist da wenig zimperlich: Fidelity, State Street, BlackRock - sie alle tummeln sich auf dem deutschen Markt.

Die Deutsche Bank mit ihrer Präsenz rund um den Globus hat das erkannt. Sie arbeitet an dem ganz großen Wurf für die Vermögensverwaltung, Sorgenkind Nummer eins im Konzern, und will sich längst nicht mit dem Heimatmarkt zufriedengeben. Bislang liefert nur die Publikumsfondsgesellschaft DWS verlässlich Gewinne ab, in guten Jahren vor Steuern rund 500 Millionen Euro, wie Insider berichten. Jetzt wird das Fondshaus Dreh- und Angelpunkt der neuen Sparte Asset and Wealth Management (AWM), die das klassische Fondsgeschäft für private und institutionelle Anleger mit der Vermögensverwaltung für reiche Privatkunden verbinden soll. Und noch viel mehr: "Das Asset and Wealth Management der Deutschen Bank wird Kunden künftig die gesamte Produktpalette aus einer Hand anbieten, von aktiv über passiv bis hin zu alternativen Anlagestrategien", erklärt DWS-Chef Matis, der neuerdings auch das Deutschland-Geschäft von AWM verantwortet. Das klingt sehr nach BlackRock, auch wenn das bei der Deutschen Bank offiziell niemand so sagen würde.
Anders als bei Union Investment und Deka geht es nicht darum, abzuspecken. Im Gegenteil, die DWS sei schon deutlich schlanker aufgestellt als die Wettbewerber, versichern Eingeweihte. Viele Verwaltungsfunktionen wurden längst ausgelagert. Bei der Deutschen Bank geht es um etwas anderes: einfachere Strukturen. Über Jahre war die Vermögensverwaltung so verschachtelt, dass selbst altgediente Mitarbeiter Mühe hatten durchzublicken. Jetzt werden die Wände zwischen den einzelnen Anbietern DWS, DB Advisors, Deutsche Insurance und RREEF eingerissen, die langjährige Silo-Mentalität soll es nicht mehr geben. Die Indexsparte X-trackers mit ihren ETFs und strukturierten Produkten wandert vom Investmentbanking zu AWM.


Billion Dollar Startup

"Billion Dollar Startup" - so beschreiben Mitarbeiter die Stimmung im Haus. Alles neu, alles aufregend und doch verbunden mit einer großen Portion Unsicherheit. Denn dass in AWM rund 1000 Stellen wegfallen, ist kein Geheimnis mehr. Der Jobabbau ist in vollem Gange. Auch die DWS könnte es trotz ihrer schlanken Aufstellung treffen, nämlich dann, wenn Teams zusammengelegt und Fondsmanager ausgesiebt werden. In zwei Jahren läuft der alte Mietvertrag an der Mainzer Landstraße aus, dann könnte man auch räumlich ganz neu anfangen.

Der neue Sparten-Chef Michele Faissola kommt aus dem hektischen Londoner Investmentbanking, ein kühler Rechner, mit dem die bedächtigen "Long-only"- Portfoliomanager nur langsam warm werden. Alle zwei Wochen fliegt Faissola ein und verbringt drei Tage am Stück in Frankfurt, um bei der DWS Präsenz zu zeigen. "Er macht das ganz clever, gibt jedem das Gefühl, dass er gebraucht wird", erzählt ein Fondsmanager. "Faissola wird alle Leute in die Erste-Klasse-Wagen setzen, aber wenn der Zug dann abfährt, bleiben ein paar Waggons im Bahnhof stehen."

Als Wachstumsmarkt hat die Deutsche Bank vor allem Asien im Blick. Dort zieht der Name DWS allerdings wenig, genauso wenig wie in den USA, wie ein Top-Manager zugibt: "Der Bekanntheitsgrad der DWS lässt außerhalb Europas stark nach. In den USA werden wir nur als Boutique wahrgenommen, das reicht nicht. Dort müssen wir eine Grundsatzentscheidung treffen: Wollen wir investieren, um in die Top-Ten zu kommen, oder nicht?" Und noch eine Entscheidung sei zwingend: Wer nach innen die Strukturen vereinfache, müsse auch nach außen einheitlich auftreten und eine neue globale Dachmarke schaffen, idealerweise mit der Marke "Deutsche". Eine Bank, eine Vermögensverwaltung, eine Marke, die jeder kennt.

Die Allianz praktiziert genau das Gegenmodell. Noch, sagen die Konkurrenten und sprechen von einer "Kannibalisierung" der beiden Vermögensverwalter, die Europas größter Versicherer parallel laufen lässt: Auf der einen Seite der weltgrößte Anleihehändler Pimco mit Sitz in Kalifornien, der mit einem verwalteten Vermögen von 1,5 Billionen Euro zu den mächtigsten Investoren der Welt zählt. Eine Institution, die die Euro-Schuldenstaaten unter Druck setzt, wenn sie plötzlich deren Bonds nicht mehr kauft. Auf der anderen Seite AGI, die Fondsgesellschaft in Frankfurt mit 300 Milliarden Euro an Kundengeldern, die schon in London kaum mehr einer kennt, weil sie über die Jahre unter den verschiedensten Namen kursierte.

In der gleichen Liga spielen Pimco und AGI auf internationalem Parkett nicht, das weiß man auch in der Münchner Allianz-Zentrale. "Der große Elefant und der kleine Hund", heißt es dort mit einem Augenzwinkern, wenn das Gespräch auf die beiden Asset Manager kommt. "Aber was wollen Sie machen, wenn Sie nirgends einen Equities-Elefanten finden?"


Der große Elefant und der kleine Hund

Vielleicht muss man gar nicht suchen. Vielleicht mästet man den einen großen Elefanten einfach weiter. Schon länger drängt Pimco mit aller Macht ins Aktiengeschäft - und wildert damit im Kerngeschäft von AGI. Von der Mutter ist das ausdrücklich gewünscht. Der Name Pimco zieht rund um den Globus, warum nicht auch in anderen Anlageklassen? Das könnte selbst die kühnsten Erwartungen übertreffen, die einst an die Übernahme geknüpft waren. Seit dem Jahr 2000 gehört Pimco zur Allianz. Für 3,3 Milliarden Dollar sicherte sich der Versicherer damals im recht jungen Geschäftsfeld Vermögensverwaltung den Einstieg in den wichtigen US-Markt. Pimco wiederum bekam Zugang zu Großkunden in Europa. Ein Deal, von dem beide bis heute profitieren.

Die Allianz hält nicht viel von der Debatte über die "Kannibalisierung". Sie spricht von "zwei starken, globalen Säulen", die das Wachstum der Vermögensverwaltung weiter ankurbeln sollen. "Wir haben in keiner Weise die Absicht, irgendeinen unserer zwei Investment Manager zu verkaufen", sagt der zuständige Vorstand Jay Ralph. "Ganz im Gegenteil, wir sind in der wunderbaren Lage, gleich zwei großartige Vermögensverwalter zu haben."

Doch auch eine Allianz schaut auf die Kosten. Und da sieht AGI mit einer Cost-Income-Ratio von über 70 Prozent nicht gut aus, bei Pimco sind es 20 Prozentpunkte weniger - bei einem deutlich höheren Ergebnisbeitrag. Das mag auch daran liegen, dass Pimco erst Ende 2011 aus der alten AGI ausgegliedert wurde und die Frankfurter auf einem Großteil der Kosten sitzengeblieben sind. Es ändert aber nichts daran, dass AGI nun harte Zeiten bevorstehen. Die Aufwandsquote soll bis 2015 auf den Branchendurchschnitt sinken. Die Frankfurter haben nur eine Chance: Sparen, sparen, sparen. Jetzt werden 20 rechtlich bislang eigenständige Einheiten zu einer europäischen Plattform verschmolzen, Stellenabbau eingeschlossen. Dann sitzt das globale Aktiengeschäft gebündelt in London, das Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren in Paris und Frankfurt. Allein dieser Umbau bringe pro Jahr 17 Millionen Euro, berichten Insider.

Außerdem fusioniert und liquidiert AGI viel mehr seiner aktiv gemanagten Renten- und Aktienfonds, als es die Rivalen tun, wie Lipper-Daten zeigen. Hatte AGI 2008 noch 198 dieser Fonds im Angebot, waren es Ende 2012 noch 130 - auch eine Folge der Übernahme der Commerzbank-Tochter Cominvest, denn danach gab es viele Produkte doppelt. Ähnlich stark setzte von den großen Vier in Deutschland nur die DWS die Axt an.

Die Grundsteinlegung für das Hochhaus "MainTor Porta" am Frankfurter Mainufer, auf dem früheren Degussa-Gelände, ist ein halbes Jahr her. Die perfekte Verbindung von urbanem Leben und Arbeiten - so wirbt der Immobilienentwickler DIC Asset für das Stadtquartier. Wieviel Miete Union Investment für ihr neues Domizil zahlen wird, darüber hüllen sich Vermieter und Mieter in eisernes Schweigen. Im Schnitt liegt die Spitzenmiete für Büros in der Bankenmetropole bei 36 Euro pro Quadratmeter, netto. "Soviel steht fest: Für Mieten unter 27 Euro kann man das Maintor nicht wirtschaftlich bauen", sagt DIC-Chef Ulrich Höller.

Noch ist vom irgendwann mal 70 Meter hohen "Porta"-Turm ohnehin nicht viel zu sehen. Bagger ziehen einsam ihre Runden, vier Kräne recken die Hälse gen Himmel. Zäune schirmen neugierige Passanten ab. Es gehört einiges an Fantasie dazu, sich die schicken Natursteinfassaden vorzustellen, hinter denen die Fondsmanager ab 2014 arbeiten sollen. Das neue Stadtquartier ist eine Großbaustelle. Die Fondslandschaft in Deutschland ist es auch.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%