Insider-Handel an der Börse ist strafbar. An diesem Mittwoch tritt zum Beispiel Rajat Gupta, ehemals Top-Manager der US-Investmentbank Goldman Sachs, eine zweijährige Haftstrafe in einem Gefängnis in Massachusetts an - wegen Insider-Handels.
Dort trifft er auf seinen kriminellen Geschäftspartner Raj Rajaratnam. Der Hedgefonds-Milliardär wurde 2012 zu elf Jahren Haft verurteilt. Die New Yorker Staatsanwaltschaft hatte nachgewiesen, dass Rajaratnam gezielt Insider-Wissen von Gupta für gewinnträchtige Börsengeschäfte genutzt hatte. Gupta musste fast 14 Millionen Dollar Strafe zahlen. Derzeit steht auch Rajaratnams Bruder Rengan wegen Insider-Handels vor Gericht.
Einer Studie amerikanischer Wissenschaftler zufolge sind derart prominente Fälle aber nur die Spitze des Eisberges. Schlimmer noch: Die Forscher sind davon überzeugt, dass Insider-Handel im Vorfeld von Fusionen oder Übernahmen zwischen börsennotierten Unternehmen geradezu allgegenwärtig ist. In einem Viertel der untersuchten Fälle fanden sie klare Indizien für Insider-Transaktionen in den 30 Tagen vor der öffentlichen Bekanntgabe - und zwar mit Hilfe von Aktienoptionen.
Empirisch eindeutig
"Der von uns vorgestellte statistische Beweis passt genau zu informationsgetriebenen Handelsstrategien, und er ist zu deutlich, um als zufällige Spekulation verworfen zu werden", sagte Patrick Augustin von der kanadischen McGill-Universität. Ein Zufall sei unwahrscheinlicher als ein Lotteriegewinn. Im Durchschnitt hatten die "Schurkengeschäfte" ein Volumen von 1,6 Millionen Dollar.
Die Forscher untersuchten für den Zeitraum von 1996 bis 2012 den Handel mit Aktienoptionen. Insgesamt analysierten sie dabei Börsenwetten auf steigende oder fallende Kurse bei mehr als 1800 angekündigten Fusionen und Übernahmen. Neugierig hatten sie Berichte von zahlreichen Insider-Geschäften im Vorfeld der Übernahme des Ketchup-Hersteller Heinz durch Starinvestor Warren Buffett und die Beteiligungsgesellschaft 3G Capital gemacht, zitiert die New York Times den beteiligten Forscher Augustin.
Damals flogen zwei brasilianische Brüder auf, die Insider-Wissen für Optionsgeschäfte über ein Schweizer Goldman-Sachs-Depotkonto nutzten. Das Konto gehörte einer Firma im Steuerparadies Cayman Islands. Beide wurden zu einer Geldbuße von fünf Millionen Dollar verurteilt.
Große Deals besonders häufig betroffen
Aus der Studie geht auch hervor, dass Insider-Geschäfte häufiger auftreten, wenn das Zielunternehmen einer Übernahme Bargeld erhält. Die Wissenschaftler vermuten, dass eine Bezahlung mit Aktien solche Wetten erschwert. Zudem trete Insider-Handel vermehrt bei großen Übernahmen und bei Aktien mit großen Handelsvolumina auf.
Fazit: Je größer die zu erwartende Kursbewegung und je besser die Möglichkeiten, die illegalen Transaktionen zu verschleiern, umso wahrscheinlicher seien Insider-Geschäfte. Erstaunlicherweise gäbe es jedoch keine statistischen Anzeichen für mehr Insider-Handel, wenn die Zahl der involvierten Berater, Juristen und Banker größer sei.
Eine weitere bittere Erkenntnis der Studie: Die Börsenaufsicht hängt mit der Verfolgung solcher Straftaten und der Ermittlung bei verdächtigen Transaktionen gnadenlos hinterher. Die amerikanische Börsenaufsicht SEC führte bei nicht einmal fünf Prozent der ausgewerteten Fusionen einen Prozess wegen Insider-Handels. Zudem dauerte es durchschnittlich zwei Jahre bis zum Beginn der Strafverfolgung.
Außerdem stellten die Wissenschaftler bei der Behörde eine Fokussierung auf tatsächlich abgeschlossene Übernahmen und Zusammenschlüsse mit ausländischer Beteiligung sowie prominente Unternehmen fest. Auf nach der Ankündigung geplatzte oder rein amerikanische Zusammenschlüsse würden nicht einmal fünf Prozent der Ermittlungen entfallen. Zudem beschränkten sich die Ermittlungen meist auf den Aktienhandel, der Optionshandel hingegen bliebe außen vor. Die amerikanische Börsenaufsicht SEC wollte die Studie zunächst nicht kommentieren.