Kryptooffensive Stablecoin Facebook-Coin Diem ist Geschichte – profitiert jetzt PayPal?

Facebooks Stablecoin scheiterte vor allem an den Widerständen der Regulatoren. Quelle: imago images/Science Photo Library

Diem galt als großes Prestigeprojekt von Facebook. Doch nun hat der Tech-Konzern seine Kryptopläne offiziell beerdigt. Warum PayPal davon profitieren könnte.

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Es waren große Pläne, die Mark Zuckerberg hatte. Mit einer eigenen Kryptowährung wollte der Facebook-Chef den globalen Zahlungsverkehr revolutionieren. Doch nun hat Facebook seinen Coin Diem offiziell beerdigt. Vermutungen, dass sich der Tech-Konzern von dem Projekt trennen will, waren schon in der vergangenen Woche aufgekommen. Nun hat die „Diem Association“, die hinter Facebooks Kryptoinitiative stand, ihr geistiges Eigentum und sämtliche Vermögenswerte an Silvergate Capital, einer Holdinggesellschaft der kalifnornischen Silvergate Bank, verkauft. Für Facebook verkommt das ehemalige Prestigeprojekt zum Flop.

2019 machte der Facebook (heute Meta) seine Pläne publik, an einem eigenen Stablecoin zu arbeiten. Damals hieß sie noch Libra. Ein Stablecoin ist eine Kryptowährung, die eins zu eins mit einer Fiatwährung, wie Euro oder Dollar, hinterlegt ist. Dieser Gegenwert soll dafür sorgen, dass der Kurs stabil bleibt und der Coin keinen so starken Schwankungen ausgesetztt ist wie der Bitcoin und andere Cyberdevisen. Stablecoins dienen vor allem als Tauschwährung, um beispielsweise in andere Kryptowährungen zu investieren.

Doch nach anfänglicher Euphorie über Facebooks Kryptopläne zeichneten sich die ersten Probleme ab. Zahlreiche Gründungspartner stiegen aus dem Projekt aus. Und vor allem an einer Stelle stieß Facebook auf Gegenwind: bei den Regulatoren. Als Facebook seine Krypto-Pläne kundtat, hagelte es harsche Kritik seitens Politik und Finanzregulatoren.

Das Geldmonopol sei eine Aufgabe der Staaten und nicht privatwirtschaftlicher Unternehmen. Facebook dürfe keine Zentralbank werden, so das einhellige Echo. Krypto-Berater Oliver Geiseler, Senior Partner beim Beratungsunternehmen Capco und spezialisiert auf Digitalwährungen, sieht in dem Umgang Facebooks damit den Hauptgrund für das Scheitern Diems: „Facebook hat versucht, sein Libra-Projekt an den Regulatoren vorbei zu realisieren.“

Und jetzt zeigt sich, dass ausgerechnet ein anderer Tech-Konzern die Vorreiterrolle in Sachen Stable Coins einnehmen dürfte: PayPal plant, einen Stablecoin zu lancieren. Solche Vermutungen kursierten schon länger, doch vor wenigen Wochen bestätigte der US-Zahlungsdienstleister diese Pläne. Eine geleakte Quellcode-Analyse der PayPal-App hatte das Vorhaben an die Öffentlichkeit gebracht. Wann genau der PayPal-Coin herausgegeben werden soll, ist indes noch unklar.

Fest steht aber: Facebooks bisheriger Misserfolg muss kein schlechtes Vorzeichen für PayPal sein. Denn die Voraussetzungen des Zahlungsdienstleisters sind besser. PayPals Krypto-Ambitionen könnten letztlich Facebooks Stablecoin Diem deklassieren.

PayPal zieht bereits kryptoaffine Nutzer an

Über 400 Millionen Menschen weltweit nutzen die Angebote des Zahlungsdienstleisters. Simpel und in Sekundenschnelle können sie so Geld hin und her schicken – teils sogar gebührenfrei und über Ländergrenzen hinweg. „PayPal genießt eine große Kundenakzeptanz. Und der Bedarf einer global nutzbaren Digitalwährung ist längst da“, sagt Oliver Geiseler. „Das dürfte sich unterstützend auf dessen Krypto-Pläne auswirken.“

PayPals Krypto-Offensive würde nicht erst mit dem eigenen Stablecoin beginnen. Schon längst mischt der Zahlungsdienstleister im Kryptomarkt mit. Seit einigen Monaten ermöglicht PayPal Nutzern aus einigen Ländern – darunter die USA und Großbritannien –, mit Kryptowährungen zu handeln.

Mit der „Checkout with Crypto“-Funktion können Kunden beim Onlineshopping mit Bitcoin bezahlen. Eine gut ausgebaute Zahlungsinfrastruktur und kryptoaffine Nutzer: Damit sind die Startbedingungen für Paypal besser als sie damals für Facebook waren.

PayPal scheint von Facebooks Kampf mit den Regulatoren gelernt zu haben. Als ein PayPal-Manager Mitte Januar die Stablecoin-Pläne bestätigte, fügte er im Nachsatz gleich hinzu, dass das Unternehmen mit den Regulierungsbehörden kooperieren werde. Der Payment-Dienstleister tritt deutlich zahmer auf und hat ein besseres Image als Meta. Das Unternehmen, zu dem neben Facebook auch WhatsApp und Instagram gehören, gerät unter anderem wegen Datenschutzverstößen immer wieder in die Kritik.

Auch will PayPal seinen Coin ausschließlich mit Dollar hinterlegen – ein Aspekt, der bei den US-Regulatoren gut ankommen könnte. Facebook hatte ursprünglich geplant, einen gemischten Währungskorb unter anderem aus Dollar, Pfund, Yen und Euro zu nutzen. Davon wich der Tech-Konzern aber mittlerweile ab und plant nun, sich ebenfalls auf die US-Währung zu konzentrieren.



PayPals Ambitionen unterstreichen: Längst buhlen Tech-Konzerne um die Deutungshoheit im Krypto-Reich. Ob sie dort mit ihrer Marktmacht aber wirklich punkten können, ist noch offen.

Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 11. Januar 2022. Wir haben ihn fortwährend aktualisiert.

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