Kryptowährungen „Der Bitcoin ist ein reines Luftprodukt“

Ökonom Peter Bofinger über den Krypto-Crash und seine Skepsis gegenüber Kryptowährungen. Quelle: imago images

Ökonom Peter Bofinger gilt als Bitcoin-Kritiker. Im Interview erklärt er, warum die Kryptowährung nicht als Inflationsschutz taugt und warum er von dezentralen Bezahllösungen nichts hält.

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WirtschaftsWoche: Herr Bofinger, Sie gelten als Kritiker von Kryptowährungen wie dem Bitcoin. Hat Sie der vergangene Crash, in dem der Bitcoin rund die Hälfte an Wert eingebüßt hat und jetzt nur noch etwas mehr als 20.000 Dollar kostet, gefreut?
Peter Bofinger: Zumindest fühle ich mich da bestätigt. Der Bitcoin hat ja in der aktuellen wirtschaftlichen Krise eindeutig nicht die Vorteile gebracht, die seine Verfechter ihm immer unterstellt haben.

Sie meinen den Schutz vor Inflation aufgrund der natürlichen Knappheit des Bitcoin?
Richtig. Spannenderweise hat er gerade im Umfeld mit hohen Inflationsraten von mehr als neun Prozent noch mehr an Wert verloren als die staatlichen Fiatwährungen wie der Euro oder der Dollar. Das ist also völlig daneben gegangen.

Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Der Bitcoin ist ein reines Luftprodukt – mal mit mehr, mal mit weniger Luft. Aber reale Substanz ist da nicht dahinter. Kryptowährungen sind das einzige private Asset, dessen Inhaber keinen Anspruch auf irgendetwas hat. Warum sollte uns etwas, das keinen inneren Wert hat, gegen Inflation absichern.

Zur Person

Zuletzt bestand eine starke Korrelation zwischen Tech-Aktien und Kryptowährungen. Sprich, alle Assetklassen, die sehr von den niedrigen Zinsen profitiert haben, haben nun im Zuge der Zinswende kräftig verloren.
Es ist tatsächlich spannend, dass die Korrelation zu einigen Aktienindizes so stark ist. Das zeigt, dass Kryptowährungen zur Diversifizierung im Portfolio überhaupt nicht taugen.

Dafür gilt der Bitcoin, zumindest in einer rein privaten Wallet, als sicher. Gerade das dezentrale ist es ja, was viele an Kryptowährungen schätzen.
Warum soll etwas dezentral organisiert werden, wenn es zentral gut funktioniert? Ich habe kein Problem damit, mit Visa oder PayPal zu bezahlen. Diese Systeme können in gleicher Zeit fast 400mal Transaktionen abwickeln als Bitcoin. Mit der CO2-Emission einer Bitcoin-Transaktion können fast 1,9 Millionen Visa-Transaktionen durchgeführt werden.

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Kryptowährungen sind besonders in Entwicklungsländern beliebt. Können sie dort Menschen einen Zugang zum Finanzsystem verschaffen?
Auch dort gibt es meiner Meinung nach deutlich bessere Lösungen. Das in Afrika sehr weit verbreitete Zahlungssystem MPesa beispielsweise, weil es statt auf einer Internet- auf einer Telefonverbindung beruht, die jeder hat. Deshalb taugt das dort viel besser.

Gilt das für alle Kryptowährungen? Oder gibt es auch da sinnvolle Alternativen?
Grundsätzlich ist der Marktanteil von Bitcoin ja gesunken. Das zeigt schon, dass es Alternativen gibt. So haben die Stablecoins, deren Wert an den Dollar gebunden ist, seit 2020 eine stark steigende Nachfrage erfahren.

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von Saskia Littmann

Diese Stablecoins werden vorrangig für Tauschgeschäfte in andere Kryptowährungen genutzt.
Der Kryptomarkt ist ja ein Wettbewerbssystem. In der sich schnell wandelnden digitalen Welt ist es hoch wahrscheinlich, dass früher oder später Kryptowährungen erfunden werden, die besser sind als die heute verfügbaren. Es kann also auch in Zukunft noch Kryptowährungen geben, der Bitcoin muss es aber nicht zwingend sein. Deshalb finde ich auch die Analogie zum Gold nicht angebracht. Das gibt es tatsächlich nur einmal als chemisches Element und das kommt auch kein neues dazu.

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