Paul Fang, Chef des chinesischen Hausgeräteherstellers Midea, präsentierte sich als freundlicher Investor. Größere Veränderungen seien bei Kuka nicht geplant, ließ Fang wissen, nachdem er am Mittwoch ein Übernahmeangebot für den Roboterhersteller ankündigte. Kuka solle weiter unabhängig von Augsburg aus agieren. Manager wie Beschäftigte sollen ihre Jobs behalten, teilten die Chinesen mit.
Midea wolle lediglich helfen, den Marktanteil von Kuka in China auszubauen und als größter Aktionär dann an den Profiten partizipieren. Ob Midea seine Pläne wie gewünscht umsetzen kann, hängt davon ab, wie sich die anderen Anteilseigner nun positionieren.
Der Roboterhersteller aus Augsburg hat insgesamt drei Großaktionäre. Rund 25 Prozent der Aktien besitzt aktuell der Maschinenbauer Voith. Er hält damit eine Sperrminorität und könnte wesentliche Änderungen der Kuka-Strategie torpedieren. Das wäre etwa dann erwartbar, wenn Mideas Pläne mit Kuka denen von Voith zuwiderlaufen.
Übernahmen chinesischer Firmen in Deutschland
Die chinesische Holding Beijing Enterprises gab Anfang Februar 2016 bekannt, den Müllverbrennungsspezialisten EEW Energy from Waste aus Helmstedt für rund 1,44 Milliarden Euro zu übernehmen.
Der Spezialmaschinenbauer wurde im Januar 2016 von ChemChina, dem größten Chemiekonzern Chinas, für 925 Millionen Euro gekauft. ChemChina kam unlängst erneut in die Schlagzeilen – mit einem 43-Milliarden-Dollar-Angebot für den Schweizer Agrarchemie-Anbieter Syngenta.
Das chinesische Unternehmen Avic Electromechanical Systems übernahm 2014 den sächsischen Autozulieferer. Ein Kaufpreis wurde nicht genannt.
Avic übernahm 2014 für 473 Millionen Euro den deutschen Autozulieferer.
Der Industriekonzern Thyssenkrupp schloss 2013 den Verkauf seiner Tochter an den chinesischen Stahlkonzern Wuhan Iron and Steel ab. Zum Preis machten beide Seiten keine Angaben.
2012 stieg der chinesische Nutzfahrzeugproduzent Weichai Power beim Gabelstaplerhersteller Kion ein. Die Chinesen kauften zunächst für 467 Millionen Euro 25 Prozent an Kion und steigerten 2015 ihren Anteil auf 38,25 Prozent. Außerdem erhielt der Investor für 271 Millionen Euro eine Mehrheitsbeteiligung von 70 Prozent an der Hydrauliksparte Kions.
Der Baumaschinenhersteller Sany übernahm 2012 den Betonpumpenhersteller für gut 320 Millionen Euro.
Der Weltmarktführer für Pkw-Schließsysteme, Kiekert, ging 2012 in chinesische Hände. Der Hersteller aus Heiligenhaus bei Düsseldorf wurde vom börsennotierten chinesischen Automobilzulieferer Lingyun übernommen.
Zehn Prozent gehören einem Unternehmen des hessischen Milliardärs Friedhelm Loh. Voith-Chef Hubert Lienhard und auch Loh sitzen im Kuka-Aufsichtsrat und können hier auf die Kuka-Geschäfte Einfluss ausüben. Insidern zufolge hätten sie hier bislang noch nicht erkennen lassen, ob sie selbst eine strategische Allianz mit Kuka anstreben. Zumindest im Fall von Voith scheint dies jedoch wahrscheinlich. Im Umfeld des Unternehmens heißt es, der Papiermaschinenhersteller habe "großes Interesse an einer Zusammenarbeit" mit Kuka, weil er gerne mehr Hightech hätte. Ein Viertel der Kuka-Aktien sollten nur der Anfang sein.
Doch weitere Zukäufe dürften für Voith kaum sinnvoll sein, weil die Heidenheimer dafür aktuell sehr viel Geld investieren müsste. Midea hatte den Kuka-Kurs durch seine Aktienkäufe in den vergangenen Monaten schon ordentlich in die Höhe getrieben und hat nun noch einmal eines drauf gesetzt: 115 Euro bieten sie den Investoren für eine Aktie – das sind 30 Prozent mehr als die Aktie vor der Offerte an der Börse kostete.
Für Friedhelm Loh wäre ein Verkauf an Midea attraktiv
Würde Voith eine Gegenoffensive starten wollen, müssten sie das Angebot der Chinesen wohl überbieten. Die finanziellen Mittel könnte Voith nach dem Verkauf der Industrieservice-Sparte vielleicht locker machen, doch Voith steckt selbst gerade mitten in einer Restrukturierung. Im vergangenen Jahr fiel ein Verlust von 93 Millionen Euro an, das Ergebnis aus dem operativen Geschäft ging um zwei Drittel auf 53 Millionen Euro zurück.
Bislang hat sich der Maschinenbauer noch nicht dazu geäußert, wie er mit den zu erwartenden Veränderungen im Aktionärskreis von Kuka umgehen will. Am attraktivsten wäre es womöglich, wenn Voith die Gelegenheit nutzt und seine Kuka-Aktien mit einem satten Gewinn verkauft.
Zwar heißt es im Umfeld von Midea, dass es neben dem öffentlichen und für alle Aktionäre geltenden Übernahmeangebot keine parallele Kaufverhandlungen mit den beiden Großaktionären geben werde. Mit einem höheren Preis für ihre Pakete können sie somit nicht rechnen. Doch selbst wenn Voith seine Papiere zu 115 Euro abgibt, dürften die Heidenheimer damit ihren Einsatz mehr als verdoppeln. Als Voith sich bei Kuka im Winter 2014 einkaufte, kostete eine Aktie an der Börse zwischen 50 und 58 Euro.
Für Friedhelm Loh wäre ein Verkauf an Midea ebenso attraktiv. Mit seinen zehn Prozent kann er alleine künftig ohnehin kaum Einfluss bei Kuka üben. Zudem hat Loh schon genug Baustellen: Sein größtes Unternehmen Rittal etwa hat seit zwei Jahren wirtschaftliche Probleme. Vier Standorte des Schaltschrankbauers sollen geschlossen werden. Zudem leidet der Stahlhändler Klöckner, bei dem Loh der größte Aktionär ist, unter der Stahlkrise.
115 Euro pro Aktie werden die Investoren auch womöglich so schnell nicht wieder für eine Kuka-Aktie bekommen. Der Kurs dürfte wieder deutlich nachgeben, sobald er nicht mehr durch Zukäufe aus China gestützt wird. Kuka gilt zwar als das deutsche Vorzeigeunternehmen, wenn es um die Digitalisierung und Automatisierung der Fertigung geht, kurz: um Industrie 4.0.
Das klingt innovativ, ist gut für das Image und den Börsenkurs. Vieles davon ist aber nur Schein. Die Innovationen mit denen Kuka hohe Margen verdient, stammen aus dem Geschäftsbereich Roboterbau. Dort blieben im ersten Quartal zehn Prozent des Umsatzes als Ergebnis vor Zinsen und Steuern hängen. Die Sparte trägt aber nur ein Drittel zum Umsatz bei. Die Marge im Anlagenbau ist deutlich geringer, die Lagerlogistik-Tochter Swisslog hat im ersten Quartal gar Verlust gemacht.