
Gut, dass viele Anleger zur Zeit im Urlaub sind. Anstatt sich von sinkenden Börsenkursen verunsichern zu lassen, können sie sich am Strand entspannen. Alle anderen müssen sich nach der vergangenen Woche Sorgen machen. Überbrücken Dax und Dow nur ein kleines Sommerloch, oder sind die Kurse nun am Anfang des bereits erwarteten Bärenmarkt angekommen? Zumindest werden die Börsen derzeit von einigen Unsicherheitsfaktoren beherrscht.
Allein in der letzten Woche hat der Dax rund 4,5 Prozent eingebüßt. Auch der Dow musste Verluste hinnehmen, dort war das Minus mit 2,75 Prozent etwas kleiner. Insgesamt war das allerdings für beide Börsenplätze die schlechteste Woche seit über zwei Jahre. "Die Stimmung ist angeschlagen, viele Anleger sind überzeugt, dass die Korrektur noch nicht vorbei ist", sagte Markus Huber vom Brokerhaus Peregrine & Black.
Denn einige Fakten sprechen für eine längerfristige Abseitsbewegung. Zum einen die äußeren Umstände, welche den Markt beeinflussen. Geopolitisch verhageln gleich mehrere Krisen die Kurse. Größter Unsicherheitsfaktor dürfte auch weiterhin die Krise zwischen Russland und der Ukraine bleiben. Wichtig für die Wirtschaft wird sein, in wie fern der Konflikt sich weiter ausweitet und die westlichen Volkswirtschaften und deren Unternehmen beeinflusst. Kritisch wird insbesondere sein, wie Russland auf Sanktionen des Westens reagiert. Sobald es zu Gegenangriffen, beispielsweise einer Erhöhung der Gaspreise kommt, wie sie von Russland bereits angedroht wurde, dürften die Auswirkungen für die Konjunktur dramatisch werden.
Korrektur nötig
Hans-Werner Sinn, der Chef des Münchner ifo Instituts, warnt bereits, die aktuelle Wachstumsprognose müsse vermutlich nach unten korrigiert werden. "Die Vermutung, dass das zweite Quartal gegenüber dem ersten ein Plus von 0,3 Prozent aufweist, ist nach heutigem Stand der Dinge wohl nicht mehr zu halten", schreibt Sinn in einem Gastbeitrag für die WirtschaftsWoche. Wahrscheinlicher sei dagegen ein Nullwachstum. Grund für die Sorgen sei, dass eben doch ein großer Teil der deutschen Unternehmen Beziehungen mit Russland unterhalte, die jetzt aufgrund der Krise auf der Kippe stehen. Besonders betroffen seien Unternehmen, die Direktinvestitionen in der Region getätigt oder geplant haben.
Ein Dax-Opfer hat die Krise bereits: Der Sportartikelhersteller Adidas musste am vergangenen Donnerstag sein Gewinnziel kassieren. Einer der Gründe ist die Russland-Krise. Der Konzern räumte ein, die Probleme unterschätzt zu haben. Adidas-Chef Herbert Hainer erwartet nun im Gesamtjahr statt eines Gewinnanstiegs einen Rückgang. Anleger waren besonders enttäuscht, weil der gerade erst gefeierte Weltmeistertitel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft dem Ausrüster eigentlich Auftrieb verleihen sollte. Seit Bekanntwerden der Probleme hat die Aktie rund 17 Prozent ihres Wertes eingebüßt. Von über 70 Euro rutschte das Papier auf gerade einmal 58 Euro runter.
Teure Papiere
Nicht nur die äußeren, geopolitischen Umstände sprechen gegen eine erneute Börsenrally. Denn auch technisch wird es für Kurssprünge immer enger. Zwar verläuft die Berichtssaison bisher nicht miserabel. Allerdings fallen vielen Konzernen jetzt ihre hohen Bewertungen, die sie an der Börse haben, vor die Füße. Denn die rechtfertigen die meisten von ihnen nicht. Währungseffekte drücken zusätzlich auf die Bilanzen, kommen dann noch, wie im Fall Adidas, Gewinnwarnungen hinzu, erstickt das die Kaufbereitschaft der Anleger. Denn Schnäppchen sind Aktien nach dem langen Bullenmarkt nicht mehr.