Kurzfristiger Wertverlust Haben Bundesanleihen als sicherer Hafen ausgedient?

Ausgerechnet Bundesanleihen haben zuletzt an Wert verloren, die niedrigere Nachfrage drückt die Kurse - bei gleichzeitig steigenden Renditen. Das Phänomen dürfte aber nur von kurzer Dauer sein.

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Finanzminister Schäuble (links) spart Zinsen während EZB-Chef Draghi Geld druckt. Quelle: Reuters

Für Anleger, die ganz auf Sicherheit setzen, ist es ein harter Schlag: Ausgerechnet Bundesanleihen, seit Ausbruch der Finanzkrise Inbegriff des sicheren Hafens für Investoren, haben in den vergangenen Wochen deutlich an Wert verloren. Als Folge der anhaltenden Kursverluste klettern die Renditen in die Höhe. Renditen und Kurse von Anleihen reagieren entgegengesetzt: Fällt die Nachfrage nach Anleihen, sinken deren Kurse und die auf den Kurswert bezogene Rendite steigt. Mitte der Woche rentierten Bundestitel mit zehnjähriger Laufzeit bei 1,57 Prozent, so hoch, wie schon seit drei Monaten nicht mehr.

Ausgelöst wurde die kleine Baisse bei den Bunds durch gute Nachrichten aus der Euro-Zone. Die Krise scheint sich zu entspannen. Italien und Spanien müssen für ihre Staatsanleihen deutlich weniger Zinsen bieten als noch vor wenigen Monaten. Beigetragen hat hierzu die umstrittene Strategie von Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank. Der hatte im Sommer angekündigt, notfalls unbegrenzt Bonds der Krisenländer aufzukaufen.

Überdies ebbt die Kapitalflucht aus dem Süden ab. Viele Investoren ziehen die Milliarden, die sie nach Deutschland geschleust haben, wieder ab und legen Geld in Spanien, Italien und selbst Griechenland an. „Das Schlimmste ist vorbei“, hofft Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. „2013 könnte einen Wendepunkt in der europäischen Schuldenkrise darstellen“, sagt Moritz Kraemer, Europa-Analyst bei der Ratingagentur Standard & Poor’s.

Sollten die Anleger mithin davon ausgehen, dass die Talfahrt der Bundesanleihen anhält? Haben deutsche Staatspapiere als sicherer Hafen ausgedient?

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Noch ist dies keineswegs klar: Sollten etwa die Gläubiger Griechenlands abermals einen Zahlungsverzicht leisten, könnte es erneut eine Flucht in Qualität geben. Das Angebot an sicheren Staatsanleihen, die das Gütesiegel „AAA“ tragen, ist aber knapp. Bestens bewertet werden von den Ratingagenturen nur noch wenige Länder, darunter die Bundesrepublik. Und die Nachfrage nach risikoarmen Staatsanleihen wird auch durch Faktoren angetrieben, die selbst erfahrene Finanzexperten noch nicht auf dem Radarschirm haben:

Banken müssen auf Nummer sicher gehen

Neue Regelwerke zwingen die Banken dazu, sichere Staatsanleihen zu kaufen. „Eine Folge der Finanzmarktkrise ist, dass immer mehr Finanzgeschäfte durch mehr und höherwertige Sicherheiten unterlegt werden müssen“, sagt Kornelius Purps, Bond-Experte bei der Großbank UniCredit in München. Neben Bargeld kommen hierfür nur Bonds bester Bonität infrage. „Bundesanleihen werden von dieser Entwicklung sicherlich profitieren“, sagt Purps. „Es wird eine immer schärfere Konkurrenz um dasselbe knappe Gut geben“, sagt Bärbel Wahle, Direktorin bei der britischen Großbank HSBC.

Profiteur ist der Bundesfinanzminister: Wenn die Zinsen bereits umlaufender Anleihen sehr niedrig sind, muss Wolfgang Schäuble auch für neue Schuldpapiere wenig Zinsen bieten. Für Anleger, die nicht auf Kursgewinne aus sind, sondern Anleihen bis zur Fälligkeit halten, hat der zu erwartende Run auf Bundesanleihen unangenehme Folgen: Die Renditen werden auch bei langlaufenden Bunds geringer sein als die Inflation.

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