Lebensversicherer Es wird voller auf der Resterampe

Die Abwicklungsplattform Frankfurter Leben erhält von der Finanzaufsicht grünes Licht für Übernahme der Lebensversicherungsbestände der Düsseldorfer Arag. Experten glauben, dass weitere Deals folgen werden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die Bundesfinanzaufsicht erlaubt Arag, die Lebensversicherungssparte an eine Abwicklungsplattform abzustoßen. Damit liegt der Versicherer im Trend. Quelle: dpa

Frankfurt Seine Zuversicht hat nicht getrogen. Arag-Chef Paul-Otto Faßbender gab sich vergangene Woche zur Bilanzpressekonferenz bereits optimistisch. Er hoffe, dass noch in diesem Monat die Genehmigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) für den im Herbst angekündigten Verkauf des Lebensversicherungsgeschäfts an den Abwicklungsspezialisten Frankfurter Leben erfolgen werde, sagte Faßbender vergangene Woche Mittwoch zur Bilanzpressekonferenz. Neun Monate ließen sich die Finanzaufseher zwar mit der Prüfung Zeit. Doch am Donnerstag gaben die Aufseher grünes Licht für den Verkauf der Arag Lebensversicherung an den professionellen Abwickler – der 71-jährige Vorstandschef kann also Vollzug melden.

Für die Kunden soll sich durch den Verkauf nichts ändern. Für die Versicherungsbranche dürfte der Deal aber Signalwirkung haben. Denn schon jetzt ist klar: Bei den Lebensversicherern ist das nur der Anfang. Für Frankfurter Leben, ein Unternehmen, das mehrheitlich dem chinesischen Finanzinvestor Fosun gehört, soll die Übernahme von Arag Leben nur ein weiterer Schritt sein. „Weitere Zukäufe von anderen Versicherungsunternehmen sind geplant“, erklärte Christian Wrede, Aufsichtsratsvorsitzender der Frankfurter Leben-Gruppe am Donnerstag. So hatte Bernd Neumann, Vorstandschef der Frankfurter Lebensversicherungs-AG, bereits im Januar die 128.000 deutschen Lebensversicherungsverträge der Basler Leben AG gekauft.

Es wird damit voller auf der Resterampe. Mit der Arag Leben gewinnt die Frankfurter Leben nun deutlich an Größe. Denn der Run-Off-Spezialist erweitert das Bestandsvolumen auf rund 300 Millionen Euro jährliche Bruttobeiträge, rund fünf Milliarden Euro Kapitalanlagen und betreut mit über 200 Mitarbeitern nunmehr rund 450.000 Altersvorsorgeverträge. Doch Neumann träumt von deutlich mehr. „In den kommenden fünf Jahren wollen wir Kapitalanlagen von rund 30 bis 40 Milliarden Euro übernehmen“, kündigte er bereits im vergangenen Herbst an.

Die Arag Lebensversicherung wird nach der Übernahme im Gegenzug in Frankfurt Münchener Lebensversicherung AG umfirmiert. Für die Versicherten der Arag Lebensversicherung soll sich dadurch nichts ändern. „Die Versicherungsverträge werden mit unveränderten Garantien, Konditionen und Bedingungen fortgeführt und die übernommenen Mitarbeiter werden die Lebensversicherungsverträge weiterhin in bewährter Qualität verwalten“, verspricht Anja van Riesen, Vorstand Operations und IT bei der Frankfurter Leben. Arag vertrieb zuletzt vor allem fondsgebundene Policen, hat aber noch 50 Prozent klassische Verträge mit Langfrist-Garantien im Bestand. Die Düsseldorfer wollen sich künftig auf die Geschäftsschwerpunkte im Sach- und Krankenversicherungsbereich konzentrieren.

Mit dem Deal gewinnt ein Trend in Deutschland an Bedeutung, der in Großbritannien schon lange Praxis ist. Ausgelöst durch die Nullzinspolitik der EZB verabschieden sich immer mehr Versicherer vom klassischen Geschäft mit Lebensversicherungen. Neue Verträge werden nicht mehr abgeschlossen, Altbestände hingegen an so genannte Run-Off-Plattformen abgegeben. Die führen diese weiter, entweder bis zum Ablauf oder dem Eintritt des Versicherungsfalls. Gerade weil hier im Moment vieles im Umbruch ist und Verbraucherschützer bereits vor Nachteilen für den Kunden gewarnt haben, schauen die Aufseher in diesen Fällen lange und intensiv hin.

Die knapp 90 deutschen Lebensversicherer werden das mit Interesse verfolgen. Intern sind die Altbestände mit den teils noch immer hohen Garantiezinsen für viele nur noch Last. Hinzu kommen steigende Anforderungen der Regulatoren und eine teilweise veraltete IT. Die Kontaktaufnahme zu einer Run-Off-Plattform ist somit in der Regel besonders der wirtschaftlichen Notwendigkeit geschuldet.

Ein Selbstläufer werden künftige Deals für die Frankfurter Leben jedoch nicht. Mit satten 2,2 Milliarden Euro frischem Kapital macht sich auch die Bermuda-Gesellschaft Athene auf die Jagd nach Altbeständen von Lebensversicherern. Die Nachfrage im deutschen und europäischen Markt sei derzeit so hoch wie noch nie, sagte im April Deepak Rajan von der Athene-Tochter Ager Bermuda Holding, der die deutschen Gesellschaften gehören. Eine Ankündigung, die man auch in Neu-Isenburg, südlich von Frankfurt vernommen haben wird. Dort sitzt mit der Viridium Gruppe ein weiterer großer Wettbewerber. Das Unternehmen, das sich bis Herbst vergangenen Jahres Heidelberger Leben Gruppe nannte, hat bereits die Heidelberger Lebensversicherung AG und der Skandia Lebensversicherung AG im Portfolio. Weitere Kandidaten sollen auch dort in diesem Jahr hinzukommen. Nun hoffen die Abwickler, dass die Nöte der Lebensversicherer bald so groß werden, dass der Verkauf von Policenbeständen endgültig zur Normalität wird.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%