
Die Deutsche Börse muss sich bei ihrer geplanten Übernahme der Londoner Börse auf Konkurrenz einstellen. Der US-Rivale Intercontinental Exchange (ICE) hat ebenfalls ein Auge auf die London Stock Exchange (LSE) geworfen. Für die Deutschen wäre es nicht das erste Mal, dass die Amerikaner ihnen den Fisch von der Angel wegschnappen.
Wie die ICE am Dienstag mitteilte, werde über ein Angebot für die LSE nachgedacht. Allerdings gebe es noch keine Gespräche. Damit tritt das ein, womit Analysten seit Bekanntgabe der Übernahmepläne gerechnet haben: Die Amerikaner schauen einer Fusion der größten europäischen Börsen nicht tatenlos zu. „Ein Gegenangebot könnte die Deutsche Börse in Zugzwang bringen, ihre eigene Offerte aufzustocken“, sagte ein Börsianer. Die Deutsche Börse wollte sich zunächst nicht dazu äußern.
Nach dem britischen Übernahmegesetz müssen die Deutschen in den kommenden Wochen ihre Pläne mit einem offiziellem Angebot untermauern. Bis spätestens 22. März muss nun nach britischem Recht entweder ein bindendes Angebot gemacht oder der Deal vorerst abgeblasen werden. Eine ähnliche Frist gilt auch für ein mögliches Angebot der ICE. Im Volksmund heißt die Regel am Londoner Finanzplatz „put up or shut up“ (in etwa: lass Taten folgen oder halte den Mund).
Die gescheiterten Fusionspläne der Deutsche Börse AG
17. Juli 2000
Die Deutsche Börse präsentiert einen Plan für die Gründung de iX international exchange zusammen mit der Londoner LSE. Die beiden Partner hoffen, mit der paneuropäischen Handelsplattform weitere Börsenbetreiber mit ins Boot zu holen. Das Projekt scheitert allerdings an mangelnder Unterstützung.
Sommer 2003
Der damalige Chef der Deutschen Börse, Werner Seifert, trifft sich mit Euronext-Chef Francois Theodore. Die Gespräche über eine Fusion werden allerdings beendet, nachdem sich beide Seiten nicht über die Bewertung ihrer Häuser einig werden.
Frühling 2004
Seifert und Theodore nehmen ein weiteres Mal Kontakt auf. Ein Zwist über die Besetzung der Führungspositionen lässt sie abermals ergebnislos auseinandergehen.
August 2004
Die Schweizer Börse SWX lehnt Pläne der Deutschen Börse für eine Fusion, faktisch eine Übernahme, ab.
13. Dezember 2004
Die Deutsche Börse veröffentlicht ein Übernahmeangebot für die LSE über knapp zwei Milliarden Euro, das 2005 am Widerstand des Hedgefonds und Deutsche-Börse-Aktionärs TCI scheitert.
21. Februar 2006
Der neue Börsenchef Reto Francioni legt ein vorläufiges Fusionsangebot für die Pariser Euronext vor und facht damit ein Konsolidierungsfieber in der Branche an.
19. Mai 2006
Die Deutsche Börse dient Euronext-Chef Theodore die Führung eines vereinten Unternehmens an, besteht allerdings auf Frankfurt als Hauptsitz. Auch der Großteil des Managements sollte am Main angesiedelt sein.
Juni 2006
Die Deutsche Börse unterbreitet der Euronext einen überarbeiteten Fusionsvorschlag. Die Frankfurter geben in der Hauptquartiersfrage nach, doch der Vorstoß kommt zu spät: Die Euronext schließt sich mit der NYSE zusammen.
19. Mai 2006
Die Deutsche Börse dient Euronext-Chef Theodore die Führung eines vereinten Unternehmens an, besteht allerdings auf Frankfurt als Hauptsitz. Auch der Großteil des Managements sollte am Main angesiedelt sein.
Juni 2006
Die Deutsche Börse unterbreitet der Euronext einen überarbeiteten Fusionsvorschlag. Die Frankfurter geben in der Hauptquartiersfrage nach, doch der Vorstoß kommt zu spät: Die Euronext schließt sich mit der NYSE zusammen.
Dezember 2008
Deutsche Börse und NYSE Euronext loten eine Fusion aus. Die Pläne werden vorzeitig bekannt und scheitern.
April 2011
Die Börse wagt einen weiteren Versuch, mit der Nyse Euronext als Partner eine neue Größenordnung zu erreichen. Die US-Börsen Nasdaq OMX und ICE wollen die Fusion mit einer Gegenofferte für die Nyse torpedieren.
Februar 2012
Der Traum Francionis platzt erneut. Die EU-Kommission untersagt die Milliardenfusion mit den Amerikanern aus schwerwiegenden wettbewerbsrechtlichen Bedenken. Die EU fürchtet vor allem ein weltweites Monopol im Handel mit europäischen Finanzderivaten.
Die Aktie der Deutschen Börse gewann am Vormittag in einem freundlichen Markt gut ein Prozent. Die Papiere der LSE zogen in Erwartung eines Bietergefechts stark an und legten um annähernd 8 Prozent auf 2884 Pence zu. Zwischenzeitlich erklommen sie sogar ein Rekordhoch bei mehr als 2900 Pence.
Nach 2000 und 2005 ist es der dritte Versuch der Deutschen Börse, die LSE zu übernehmen. Aktionäre beider Konzerne sollen dabei ihre bisherigen Anteile in Papiere einer neuen Holding tauschen, an der die Deutschen dann mit 54,4 Prozent die Mehrheit hätten. Zusammen würden die beiden Unternehmen nach Börsenwert zu den US-Schwergewichten ICE und CME aufschließen.
Neben der Hürde eines möglichen Mitbieters sitzen der Deutschen Börse auch noch die Wettbewerbsbehörden im Nacken. Zustimmen müssten einer Fusion unter anderem die EU-Regulierer. Brüssel hatte den letzten großen Anlauf der Frankfurter zu einer Megafusion mit der New Yorker Börse NYSE Euronext Anfang 2012 krachend scheitern lassen. Ende 2012 hatte dann die ICE zugeschlagen und die New Yorker Börse übernommen.
Es war ein weiterer Tiefschlag für die Frankfurter: Im November 2006 hatte die Deutsche Börse schon die damals noch eigenständige europäische Mehrländerbörse Euronext schlucken wollen - hier wiederum machte die NYSE den Deutschen einen Strich durch die Rechnung.