Scheint eine Volkswirtschaft ganz unten, ergaben sich in der Vergangenheit regelmäßig lukrative Investmentchancen für nervenstarke Anleger. Die Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs rechnen mit einer Stabilisierung des Ölpreises und gehen schon für 2016 von einem Rückgang der russischen Inflationsrate auf vier Prozent aus.
Die extrem schwache Nachfrage verschaffe der Zentralbank Luft für scharfe Zinssenkungen. Russische Anleihen und Aktien dürften im Fall einer Zinssenkung eine ebenso scharfe Kursrally hinlegen.
Goldman Sachs gibt deshalb auch eine klare Kaufempfehlung für russische Aktien. Der niedrige Ölpreis und die Folgen der Sanktionen könnten den Kreml zwingen, eine Steuerreform für die Ölindustrie auf den Weg zu bringen. Ziel dieser Reform: Anreize schaffen für mehr Investitionen in die Produktion und die Ausbeutung der riesigen russischen Ölreserven.
Wo Kursgewinne locken
So hoch wie in Russland wird die Ölproduktion derzeit fast nirgendwo sonst auf der Welt besteuert. Mit den Steuereinnahmen werden Raffinerien und Verbraucher subventioniert. Im Januar wurden bereits kleinere Steueranpassungen vorgenommen.
Goldman Sachs verspricht sich von einer großen Steuerreform eine spürbare Erhöhung der Profitabilität der Ölförderer und eine starke Ausweitung der Ölproduktion. Doch selbst wenn die Steuerreform nicht kommen sollte: Auf Sicht von fünf bis sieben Jahren versprechen Aktien des zweitgrößten Gasproduzenten Novatek und des größten Ölkonzerns Lukoil Kursgewinne.
Der russische Aktienmarkt ist im April gemessen am RTS-Index zwar angesprungen um gut zehn Prozent, aber nach allen Bewertungsmaßstäben nach wie vor günstig. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2015 liegt bei weniger als sieben, die Dividendenrendite erreicht 5,5 Prozent und das Kurs-Buchwert-Verhältnis 0,54. Die im RTS enthaltenen Aktien werden damit 46 Prozent unter dem Liquidationswert ihrer Anlagen gehandelt.