Marktanalysen Big Data erobert die Börse

In Firmen zu investieren, die Algorithmen zur Analyse großer Datenmengen programmieren, lohnt sich schon länger. Jetzt bekommt Big Data für Anleger noch eine andere Bedeutung: Mit der Analyse lassen sich Kursentwicklungen vorhersagen.

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Big Data wird immer stärker für die Analyse von Finanzmarktphänomen herangezogen. Quelle: dpa, Montage

Bislang noch nicht ganz klar, wie Anleger vom Hype um Big Data - also der Echtzeit-Analyse großer Datenmengen - profitieren können. Natürlich bestand die Möglichkeit, in die Technologieriesen wie IBM, Google, Cisco oder Facebook zu investieren, die Big Data nutzen - mehr Optionen gab es bisher aber nicht. Mittlerweile schießen immer mehr kleine Anbieter aus dem Boden, die Software entwickeln, um die Datensammlungen zahlreicher Unternehmen zu durchforsten und zu analysieren. Nur: die wenigsten davon sind börsennotiert.

Allerdings ist es für Anleger jetzt schon spannend, was mit Big Data alles möglich ist. Auch, wenn konkrete Investitionsmöglichkeiten noch nicht erkennbar sind. So besagt eine Theorie, dass der Suchmaschinengigant Google mit entsprechenden Algorithmen aus den Suchbegriffen aller Nutzer Rückschlüsse auf die Entwicklung bestimmter Aktien ziehen könnte.

Konkrete Big-Data-Beispiele

In letzter Zeit gibt es auch immer mehr Software, die es möglich macht, Blogs und Soziale Netzwerke nach entsprechenden, marktbewegenden Neuigkeiten zu durchforsten. Die New Yorker Börse (NYSE) beispielsweise hat sich von dem Unternehmen Social Market Analytics ein Tool programmieren lassen, mit dem Tweets ausgewählter Twitterkanäle ausgewertet werden, um Stimmungsindikatoren zu berechnen. Dafür werden die Tweets von Wirtschaftsmedien, Händlern und Unternehmen nach bestimmten Hashtags, also Schlagworten, gefiltert und bewertet. Zusammen mit den altbewerten Börsenindikatoren entstehen so Prognosen für die Kursbewegungen einzelner Papiere oder auch ganzer Branchen. Der Haken an dieser Methode: gezielte Falschmeldungen ergeben auch ein falsches Bild.

So sagt auch Frank Herkenhoff von der Deutschen Börse in Frankfurt, dass man sich zwar mit der Analyse von Social Media-Nachrichten befasst habe, dies aber nicht weiter verfolgen werde. "Die Wahrscheinlichkeit der Manipulation ist sehr hoch", so Herkenhoff. Gerade, da sich nicht überprüfen lasse, welche Nachrichten absichtlich gefälscht seien, sei das Risiko zu hoch. "Es fällt ja unter die freie Meinungsäußerung, was ich da poste", sagt er. Außerdem müssten nicht nur echte Menschen hinter den Fake-Nachrichten stecken. Spam-Robots könnten massig falsche Nachrichten verbreiten, die dann zu Kursveränderungen führen.

So profitieren Kleinanleger von Big Data

Wie viele Daten wir erzeugen
Riesiges Datenwachstum
iPads
Großstädte
Berge
Mauer
HD-Filme
Tomographie

Darüber hinaus eignen sich viele der derzeit am Markt vorhandenen Tools nur für professionelle Anleger oder Daytrader, die sowohl die Zeit, als auch das Geld dafür haben, sich mit nichts anderem als den neuesten Nachrichten zu beschäftigen und entsprechend darauf zu reagieren. "Wir filtern täglich rund 500.000 Nachrichten und Tweets, das ist für einen Kleinanleger natürlich nur zum Bruchteil interessant", räumt deshalb auch Volker Stümpflen, Gründer des Münchner Big-Analytics-Spezialisten Clueda AG, ein. Sein Unternehmen hat unter anderem für die Baader Bank ein Analyse-System entwickelt, mit dem aus den Nachrichten, die über die Agenturen Bloomberg und Thompson Reuters verbreitet werden, relevanten Informationen und Stimmungen gefiltert werden.

Die wichtigsten IT-Trends

Dadurch sollen Handelsentscheidungen erleichtert werden. "Man kann sowohl bestimmte Aktien als auch ganze Gruppen bewerten. Das geht bis auf die Makroebene: wie verändern sich Volkswirtschaften?", so Stümpflen. Die verschiedenen Systeme sind nicht nur in der Lage, nach einzelnen Schlagwörtern zu suchen, sie erkennen auch Redundanzen, Zusammenhänge und lernen dazu. So können sie beispielsweise aus dem gehäuften Auftreten des Namens eines Unternehmens und Begriffen wie Entlassung eine Prognose für die Entwicklung der Aktie erstellen. Und das ganze in Sekunden - ohne dass Mitarbeiter alle Nachrichten lesen, bewerten und ihre Ergebnisse für das nächste Meeting aufbereiten und präsentieren müssen.

Die Analyse von marktbewegenden Nachrichten sei für Kleinanleger allerdings schon unter finanziellen Aspekten nicht sonderlich nützlich. Da seien einfach die Kosten zu hoch, so Stümpflen von Clueda. Es gibt jedoch, gerade in den sozialen Netzwerken, diverse Filtermethoden, um börsenrelevante Nachrichten aus dem Wust aus nutzlosen Informationen herauszufiltern. Der Dienst Stocktwits zum Beispiel analysiert Tweets ausgewählter Experten. Das Motto hinter dieser Plattform lautet: "Learn from other stock traders and get new ideas."

"Es gibt eine Reihe von Firmen, deren Angebote für Kleinanleger sinnvoll sind", weiß Stümpflein. Eine Analyse der Marktstimmung, statt der marktbewegenden Nachrichten koste rund 40 Euro im Monat und sei deshalb auch für den kleinen Investor erschwinglich. Wegen der Manipulationsproblematik sollten Anleger diese Twitter-Nachrichten allerdings nicht als Kaufempfehlung werten, sondern höchstens als Denkanstoß für eigne Recherchen.

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