Marktmanipulation Börsenprofi Markus Frick zu Haftstrafe verurteilt

Der ehemalige Börsen-Guru und Börsenbuchautor Markus Frick (re.). Quelle: dpa

Das Landgericht Frankfurt hat den früheren TV-Börsenexperten Markus Frick wegen der Manipulation von Aktienkursen zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Der bereits vorbestrafte Frick ist dennoch vorerst auf freiem Fuß.

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Gebäude E, Saal II, kurz nach 10 Uhr. Frick schleicht herein, blickt um sich. Sofort springen Fotografen und Kamerateams herbei und eröffnen das Blitzlichtgewitter. Frick ist blass, er sieht aus wie einer, der schlecht geschlafen hat. Sehr schlecht. Kein Wunder: Für den ehemaligen N24-Moderator steht an diesem Dienstagmorgen vor dem Landgericht in Frankfurt der Urteilsspruch an. Der Börsenbuchautor muss sich dort seit dem 24. Oktober den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft stellen. Sie hatte ihn ursprünglich wegen des Verdachts auf versuchten sowie vollendeten bandenmäßigen Betrug sowie Marktmanipulation angeklagt. Den Vorwurf des Betruges hat die Staatsanwaltschaft im Laufe des Prozesses allerdings fallengelassen. Frick und anfangs zwei mitangeklagten Männern wurde vorgeworfen, Anlegern die Nebenwerte LetsBuyIt, Autev und Venatus Interactive in Börsenbriefen als unterbewertet empfohlen zu haben – ohne auf ihren Interessenkonflikt hinzuweisen: Hintermänner wollten die Aktien pushen lassen, um eigene Papiere loszuschlagen. Frick hat im Laufe des Verfahrens eingeräumt, 1,9 Millionen Euro in bar angenommen zu haben. Seine Verteidiger hatten den Vorwurf der Marktmanipulation in ihrem Plädoyer bereits eingeräumt.
Nun geht es noch um das Strafmaß.
Frick sucht seinen Verteidiger Daniel Krause, findet ihn und fängt an, mit ihm zu tuscheln. Rund 20 Zuschauer beobachten das Geschehen – so viele wie selten im Laufe des öffentlichen Verfahrens. Selbst die Staatsanwaltschaft hat heute gleich zwei Leute geschickt: Oberstaatsanwalt Philipp Zmyj-Köbel leitet die Abteilung für Kapitalmarktstrafsachen. Sein Staatsanwalt Torsten Krach hat bis zur Anklage im Sommer 2013 ein Jahr lang akribisch ermittelt. Er hat Telefonnummern vom Hessischen Landeskriminalamt abhören lassen, hat Täter hinter Decknamen ermittelt, tausende Seiten Beweise gesammelt und mehrere Haftbefehle erwirkt. Die Zahl seiner Aktenordner schätzt er heute auf „rund 50 Stück“.
Etwa zwei Minuten muss Frick das Blitzlichtgewitter über sich ergehen lassen, dann eilt ein Justizwachtmeister herbei: „Sooo, Feierabend!“, ruft er den Fotografen energisch zu. Und die verlassen auf Kommando den Saal.
Doch der Vorsitzende Richter Klaus Wiens verliest nicht etwa sofort das Urteil. Er öffnet erneut die Beweisaufnahme. Verteidiger Krause muss nach vorne zum Richter kommen und den Treuhandvertrag vom 21. Februar 2014 im Original einreichen. Der Treuhänder bestätigt, 1,24 Millionen Euro von Frick in bar erhalten zu haben. Das Geld soll nun geschädigten Anlegern zur Verfügung stehen. Das Geld beim Treuhänder dient nun als Sicherheit. Wer ein Stück vom Kuchen haben will, muss nun zeitnah rechtliche Schritte ergreifen und einen Titel gegen Frick erwirken. Wiens schließt die Beweisaufnahme. Verteidiger Krause beantragt noch, dass der Haftbefehl gegen seinen Mandanten aufgehoben werden möge. Frick legt die Hände übereinander: „Ich schließe mich den Worten meines Verteidigers an“, sagt er.
Um 10.35 Uhr ziehen sich Richter und Schöffen zur Beratung zurück. Nur 20 Minuten später ist es so weit: Wiens verliest das Urteil. Frick sitzt jetzt da, in seiner Pose, wie so oft die Hände übereinandergelegt, der Rücken krumm. Im Namen des Volkes verurteilt der Richter Frick und den noch verbliebenen Mitangeklagten Michael J. wegen Marktmanipulation. Das Verfahren des einst dritten Angeklagten Jörg B. ist bereits vorab abgekoppelt und gegen die Zahlung einer Geldauflage von 20.000 Euro eingestellt worden. Er war im Wesentlichen für die Technik und die Versendung der Börsenbriefe zuständig gewesen.
Die beiden verbliebenen Angeklagten, sagt der Richter, „handelten vorsätzlich“. Ihre Werbeschreiben enthielten „unwahre Angaben“. So gab es etwa den Chefredakteur Schindler nicht. Und auch ein Realdepot, in welches die Macher des Börsenbriefes angeblich mit echtem Geld die empfohlenen Aktien kaufen wollten, sei nicht existent gewesen. Um nicht entdeckt zu werden, haben die Angeklagten Synonyme verwendet. Und die Mobiltelefone, mit denen sie kommuniziert haben, waren nicht auf ihre Namen zugelassen. Frick, betont der Richter, habe zudem mit der Planung für die neuen Börsenbriefe begonnen, „obwohl er wenige Monate zuvor“ in Berlin wegen Marktmanipulation verteilt worden sei. Entscheidend für eine Verurteilung in Frankfurt sei nun aber, dass die Herren nicht auf den Interessenkonflikt hingewiesen hätten. Ihr Entgelt für die Werbung haben sie Anlegern verschwiegen.
Frick bekommt zwei Jahre und sieben Monate -, das sind vier Monate mehr, als von der Staatsanwaltschaft gefordert. J. hat das Gericht zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Landgericht ordnete darüber hinaus an, dass 660.000 Euro aus Fricks Vermögen an die Staatskasse verfallen, beim Mittäter J. sind es 300.000 Euro. Zudem muss J. 50.000 Euro für gemeinnützige Zwecke zahlen. Bedacht werden sollen eine Kinderintensivpflege und ein Trauma- und Opferzentrum. Die Verteidigung kann binnen einer Woche Revision gegen das Urteil einlegen. Krause will Rechtsmittel noch prüfen.

Der Haftbefehl von Frick wurde zudem vorerst ausgesetzt. Es bestehe „weiterhin dringender Tatverdacht und Fluchtgefahr“, sagt Wiens. Frick muss daher seinen Reisepass abgeben und darf Deutschland nicht verlassen. Einmal in der Woche muss er sich bei der Polizei melden. „Die Voraussetzungen des Haftbefehls gegen Frick liegen weiterhin vor“, mahnt der Richter – und erinnert erneut an die Fluchtgefahr, denn Frick verfüge über Auslandskontakte.
Sein Mandant, sagt Verteidiger Krause nach der Verhandlung sichtlich zufrieden, sei nun „auf freiem Fuß“. Vorerst. Denn das Landgericht Berlin könnte die Bewährung auf die ebenfalls wegen Marktmanipulation ergangene Haftstrafe aus dem Jahr 2011 widerrufen. Frick war damals wegen Marktmanipulation zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Die Berliner Justiz will sich nach Angaben eines Sprechers aber erst mit der Frage befassen, wenn das Urteil aus Frankfurt rechtskräftig vorliegt.

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