Max Otte "Ich bin kein Börsenpromi, sondern Fondsmanager"

Die "Promifonds" einiger bekannter Börsianer stehen wegen schlechter Wertentwicklung im Kreuzfeuer. Im Interview wehrt sich Max Otte gegen pauschale Kritik, gibt aber auch Fehler zu und erklärt, wie er arbeitet.

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Max Otte ist kein Börsenpromi. Quelle: dpa Picture-Alliance

Bekannte Experten wie „Börsenprofessor“ Max Otte oder „Mr. Dax“ Dirk Müller zählen beim Thema Börse zu den gern gesehenen Interviewpartnern und Talkshowgästen. Derzeit stehen sie aber wegen der unterdurchschnittlichen Wertentwicklung ihrer Investmentfonds massiv in der Kritik. Die Vorwürfe, sie hätten aufgrund ihrer hohen Medienpräsenz zu wenig Zeit für ein erfolgreiches Fondsmanagement und Privatanlegern außer Promi-Faktor kaum etwas zu bieten, kontert Max Otte im Interview.

WirtschaftsWoche: Herr Otte, die Performance der von Ihnen betreuten Fonds, dem PI Global Value und dem Max Otte Vermögensbildungsfonds, war auf Sicht von zwölf Monaten schlecht. Der Vermögensbildungsfonds liegt seit dem Start vor drei Jahren mit einem Plus von ungefähr sieben Prozent sogar fast 15 Prozent hinter der Benchmark. Der PI Global Value hat schon im zweiten Jahr in Folge Verluste eingefahren. Die Entwicklung war auch im Vergleich zum Markt unterdurchschnittlich. Laufen Ihnen jetzt die Anleger davon?

Max Otte: Ich habe Kunden, die mir sagen, solange ich Geld verdiene, vertrauen sie mir. Solange es eine ordentliche Rendite gibt, sind auch Schwankungen in Ordnung und sie sind zufrieden. Meine Kunden betreiben kein Fonds-Hopping.

Zur Person

Derzeit ergießt sich viel Kritik über die sogenannten Promifonds. Sie – wie auch Dirk Müller mit seinem „Dirk Müller Premium Aktien“ – wären in den Medien sehr präsent und würden ihre Prominenz nutzen, Millionen von Anlegern einzusammeln. Die Performance Ihrer Fonds enttäusche hingegen, Sie hätten wegen der vielen öffentlichen Auftritte nicht genügend Zeit für Ihre Fonds. Brauchen Sie und Ihr Fonds denn die Medien?

Ich verwehre mich gegen die Kategorisierung „Promifonds“. Mein PI Global Value ist im März 2008 gestartet. Damals kannten mich nur ganz wenige. Ich war zuerst Fondsmanager und dann bin ich bekannt geworden. Im November 2013 wurde der Fonds von Feri Trust sogar als bester globaler Aktienfonds ausgezeichnet. Seit seiner Auflage hat der PI-Fonds 85 Prozent Gewinn gemacht – trotz der zuletzt schwachen Jahre. Ich habe den MSCI immer noch über die 8,5 Jahre geschlagen und gehöre damit zu den zehn bis 15 Prozent der Besten. Ich habe also auch schon gezeigt, dass ich es kann. Ich bin kein Promi – habe mich auch nie als ein solcher bezeichnet - sondern Finanzanalyst und Fondsberater. Meine Lehrtätigkeit an Hochschulen ruht deshalb komplett.

Dennoch dürfte ihre Medienpräsenz neue Anleger aufmerksam machen. Diesmal nehmen eben die Kritiker Sie ins Visier. Das kann Sie nicht erstaunen?

Die Interviews und Statements zur makroökonomischen Entwicklung, mit denen ich in den Medien präsent bin, haben nichts mit dem Handwerk des Fondsmanagements zu tun. Meine Fonds sind insbesondere nach 2011 und 2012 gewachsen, weil ich performt habe. Das ist das Entscheidende. Die Bekanntheit hilft vielleicht auch, aber schlussendlich kommt es auf die Performance an. Wenn die nicht läuft, kann sich Bekanntheit auch als großer Nachteil erweisen.

"Wir wissen nicht, ob Inflation oder Deflation kommt"

Offenbar haben aber viele Anleger Geld aus Ihren Fonds abgezogen.

Leider verhalten sich viele Anleger prozyklisch. Wenn wir in den Fondsrankings raufrutschen, kommt das Geld rein. Ich lag ja ziemlich weit vorne, so dass der Max Otte Vermögensbildungsfonds innerhalb eines Jahres auf 100 Millionen Euro kam. Zu der Zeit entwickelte sich der Fonds auch sehr gut. Jetzt liegt das Fondsvolumen wieder bei knapp 50 Millionen Euro. Das ist in dem Geschäft völlig normal, aber natürlich unerfreulich. Die Mittelzuflüsse laufen immer den Zyklen hinterher. Eigentlich wäre jetzt ein guter Zeitpunkt zu investieren, die Anleger müssten antizyklisch handeln! Aber das tun sie nicht. Die schnellen Mittelzu- und abflüsse sind da gar nicht so einfach zu managen. Lieber wäre mir das langsam und kontinuierlich. Ich baue lieber langfristig eine Kundschaft auf, die strategisch investiert und sich darauf verlässt, dass ich auch in zwanzig oder dreißig Jahren noch da bin.

Sie sind vor allem bekannt dafür, dass Sie vor den großen Risiken und Crashgefahren warnen, auf Krisenherde in der Welt und die fatalen Folgen der Geldpolitik hinweisen. Deshalb haben Sie sich oft für eine breite Streuung der Anlagen und für Gold ausgesprochen. Brauchen Ihre Fonds nun den Crash, damit sie sich deutlich überdurchschnittlich entwickeln?

Das ist genau der Unterschied zwischen makroökonomischen Kommentaren und Investmenthandwerk. Klar, die Kriegsgefahr steigt, was ich vor ein paar Jahren auch noch nicht gedacht hätte. Aber wir haben die Spannungen auf der Welt. Das Spiel der Notenbanken kann nicht gut gehen, die EZB kauft Unternehmensanleihen, wir haben also extreme Zwangswirtschaft, Bargeldverdrängung, und vieles mehr. Die Situation ist extrem riskant. Aber was heißt das für mich als Investor? Zunächst einmal gar nichts. Es heißt nur, dass die Unsicherheit sehr groß ist.

Wie sich die Fonds von Otte und Müller entwickelt haben

Die Krisengefahr beeinflusst Ihre Anlagestrategie nicht?

Das Problem ist, dass die Menschen Sicherheit suchen. Als Investor muss ich in die Unsicherheit investieren. Deswegen sage ich den Leuten, sie sollen sich etwas Gold und Silber als Versicherung kaufen und ihr Geld streuen. Wir wissen nicht, ob Inflation oder Deflation kommt. "Ihr dummen Deutschen müsst Geld in Aktien haben", hat selbst der "Spiegel" in einer Titelgeschichte im Frühjahr geschrieben. Angst und Unsicherheit lassen uns wie das Kaninchen auf die Schlange starren. Aber das Geld auf dem Festgeldkonto oder in einer Lebensversicherung zu lassen, ist halt völlig verkehrt. Ich muss dem Privatanleger, so wie ich meine Aufgabe verstehe, eine Alternative bieten. Ich versuche, den Aktienanteil der Geldanlage bestmöglich abzudecken, Gold können sich die Anleger selber kaufen. Und wenn die Staatsanleihen mal wieder acht oder neun Prozent bringen, mache ich auch wieder Staatsanleihen.

Ihr Fonds setzt also nicht auf einen Absturz an den Märkten?

Nein, überhaupt nicht. Es ist ganz banales Investieren in die Vermögensklassen, die mir offenstehen. Ich mache keine Makrowetten. Im Gegenteil. Wenn etwas abstürzt, zum Beispiel Russland, Italien oder Griechenland, dann kaufe ich im Rahmen einer gesunden Risikostreuung. 2011 in Griechenland zu investieren, hat sich zum Beispiel ausgezahlt. Also alles ganz normal. Aber der Fonds braucht keinen Crash, im Gegenteil. Im Crash weiß man nicht, was passiert. Dann ist es gut, wenn der Anleger von allem etwas hat.

Digitalisierungs-Vorreiter und Frankiermaschinen im Depot

Als Begründung für die schlechte Entwicklung Ihrer Fonds haben Sie gesagt, die Entwicklung von Konsensprozessen für die Anlageentscheidungen der Fonds sei gescheitert. Entscheiden Sie jetzt ganz allein?

Ich habe zwei Top-Analysten mit denen ich mich berate. Aber die letzte Verantwortung für die Anlageentscheidung trage ich.

Können Sie denn mit Ihrer Aufstellung, Ihren Anlageentscheidungen und der Fondsentwicklung seit Jahresbeginn zufrieden sein?

Einigermaßen. Das kann man verbessern, aber zumindest lagen wir im vergangenen Quartal wieder über der Entwicklung des MSCI, nachdem die Börse in den ersten Monaten des Jahres einen historisch besonders schlechten Start hatte. Die Umstellung zahlt sich also langsam aus. Insofern ärgere ich mich über die Häme.

Das sind die wichtigsten Akteure auf dem Börsenparkett
Fondsmanager Quelle: Getty Images
Der Daytrader Quelle: Getty Images
Der Händler Quelle: dpa
Der Spezialist Quelle: dpa
Der Analyst Quelle: dpa
Der Hobby-Börsianer Quelle: Getty Images
Quelle Quelle: Getty Images

Worauf setzen Sie denn Ihre Hoffnungen?

Ich habe keine Hoffnungen, sondern Rendite-Risiko-Profile. Ich kaufe gerne Qualitätstitel aus der zweiten Reihe. Wir haben zum Beispiel Aktien von United Internet gekauft, nachdem die um ein Drittel gefallen waren - ein gutes Unternehmen mit einem Top-Management. Solche inhabergeführten Mittelständler haben wir gerne. Dann haben wir Alphabet ziemlich hoch gewichtet. Die sind mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von gut 20 nicht billig, wachsen aber auch mit 20 Prozent. Technologieaktien halten wir generell für interessant und weitgehend wertstabil. Es gibt Beimischungen im eher zyklischen Bereich, etwa Neopost in Frankreich. Die machen Postfrankiermaschinen und Bürosysteme. Der Markt ist unsexy und wächst auch nicht, aber die Aktien sind sehr günstig und bieten sieben Prozent Dividendenrendite. Also sehr langweilig, aber auch sehr billig und vom Markt unterschätzt. So etwas kaufen wir Value-Investoren dann schon mal.

Über Goldminenaktien haben wir schon im vorigen Jahr gesprochen, als die noch richtig billig waren und Sie in einige investiert waren. Nun werfen Ihnen Kritiker vor, Ihr Timing sei nicht gut gewesen. Sie hätten verkauft, kurz bevor die Aktien durch die Decke gingen.

Richtig. Dafür muss ich Verantwortung übernehmen, ganz gleich, welche Gründe dahinter stehen. Ich mache das Geschäft seit achteinhalb Jahren. Davon habe ich in sechs Jahren outperformt. Trotzdem war der frühe Verkauf schlichtweg falsch. Deshalb von einem Absturz meiner Fonds zu sprechen, halte ich aber für billigen Sensationalismus, der einem Qualitätsmedium nicht würdig ist. Dass ich in den vergangenen beiden Jahren eher etwas glücklos agiert habe, wie nun auch geschrieben wurde, beschreibt es viel passender. Diese Kritik muss ich aushalten. Und ich werde sie aushalten und auch noch in 20 Jahren für meine Anleger da sein.

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