
Der Countdown für den lange erwarteten Börsengang des Online-Modehändlers Zalando läuft. Der Sprung aufs Frankfurter Parkett soll "abhängig vom Börsenumfeld" noch im Herbst gelingen, wie Zalando am Mittwoch ankündigte. Die Gesellschafter, darunter die Internet-Unternehmer Oliver, Alexander und Marc Samwer, wollen ihre Anteile an der als Schuh-Onlineversand 2008 gestarteten Firma allerdings behalten.
Die Aktiennotierung soll über eine Kapitalerhöhung möglich werden. Wie die Nachrichtenagentur Reuters von Insidern erfuhr, beläuft sich das Emissionsvolumen auf mehr als 500 Millionen Euro, Zalando wäre damit insgesamt rund sechs Milliarden Euro wert.
Was Sie über die Börsenkandidaten wissen sollten
ZALANDO (Online-Versand von Schuhen und Bekleidung)
Börse: Frankfurt (Prime Standard)
Erstnotiz: 1. Oktober
Zuteilungspreis: 21,50 Euro
Eigentümer: Kinnevik (36,5 Prozent), European Founders Fund/Gebrüder Samwer (17 Prozent), Bestseller/Anders Holch Povlsen (10 Prozent), Tengelmann (5 Prozent), Holtzbrinck Ventures (8 Prozent), OTPP (2 Prozent)
Bewertung: bis zu 5,34 Milliarden Euro
Platzierungsvolumen: 526 Mio. Euro (605 Mio. Euro inkl. Mehrzuteilung)
Streubesitz: 11,3 Prozent
Banken: Credit Suisse, Morgan Stanley und Goldman Sachs
Umsatz und Ebit:
2011: 510 Mio. Euro Umsatz, Ebit¹: -57 Mio. Euro
2012: 1159 Mio. Euro, Ebit¹: -77 Mio. Euro
2013: 1762 Mio. Euro, Ebit¹: -99 Mio. Euro
2014: 2235 Mio. Euro², Ebit¹: 52 Mio. Euro
2015: 2784 Mio. Euro², Ebit¹: 136 Mio. Euro
2016: 3399 Mio. Euro², Ebit¹: 207 Mio. Euro
¹Gewinn vor Zinsen und Steuern, Nettogewinn ist weiter negativ
²Prognose der Deutschen Bank
ROCKET INTERNET (Holding von jungen Internet-Unternehmen)
Börse: Frankfurt (Entry Standard)
Erstnotiz / Handelsstart: 2. Oktober
Zeichnungsfrist: 24. September bis 1. Oktober
Preisspanne: 35,50 bis 42,50 Euro
Platzierung: 33 bis 38 Millionen Aktien
Volumen: 1,477 Millionen Euro
erwarteter Börsenwert des Unternehmens: 6,2 bis 6,7 Milliarden Euro
Eigentümer: Brüder Samwer (52,3 Prozent), Kinnevik (18,1 Prozent), United Internet (10,4 Prozent, Access Industries (Len Blavatnik, 8,3 Prozent), Philippine Long Distance Telephone (PLDT, 8,4 Prozent), Holtzbrinck Ventures (2,5 Prozent)
Banken: JPMorgan, Morgan Stanley, Berenberg
TELE COLUMBUS (Kabelnetzbetreiber)
Zeitpunkt: Herbst 2014
Eigentümer: mehrere Hedgefonds
Bewertung: mehr als 600 Millionen Euro
Volumen: rund 300 Millionen Euro
Banken: JPMorgan, Goldman Sachs
TLG IMMOBILIEN (Gewerbeimmobilien in Ostdeutschland)
Zeitpunkt: Herbst 2014
Eigentümer: Lone Star
Bewertung: 1,5 Milliarden Euro (inklusive Schulden)
Volumen: rund 500 Millionen Euro
Banken: UBS, JPMorgan
STEINHOFF (Möbelproduktion und -handel)
Zeitpunkt: nach dem 9. September
Eigentümer: börsennotiert, Gründer Bruno Steinhoff größter Aktionär
Bewertung: knapp 9 Milliarden Euro (Börsenwert)
Volumen: Wechsel von der Börse Johannesburg nach Frankfurt, Kapitalerhöhung im Juli durchgeführt, möglicherweise weitere Platzierung im Zuge des Wechsels des Börsenplatzes.
Banken: Kapitalerhöhung begleitet von Barclays, BNP Paribas, Citigroup, HSBC und Commerzbank
HELLA (Autoscheinwerfer-Hersteller)
Zeitpunkt: Herbst 2014 möglich
Eigentümer: Familie
Bewertung: rund 3,5 Milliarden Euro
Volumen: offen
Banken: Citi, Bankhaus Lampe
ARMACELL (Dämmstoff-Hersteller)
Zeitpunkt: Ende 2014/Anfang 2015
Eigentümer: Charterhouse Capital Partners
Bewertung: mehr als 600 Millionen Euro
Volumen: rund 300 Millionen Euro
Banken: Deutsche Bank, Bank of America Merrill Lynch, BNP Paribas
SCOUT24 (Betreiber von Online-Marktplätzen)
Zeitpunkt: Ende 2014/Anfang 2015
Eigentümer: Hellman & Friedman (49 Prozent), Blackstone (21 Prozent), Deutsche Telekom (30 Prozent)
Bewertung: ca. 2 Milliarden Euro
Volumen: rund 400 Millionen Euro (für 20 Prozent der Anteile)
Banken: Goldman Sachs, Credit Suisse als Koordinatoren (erwartet)
SIEMENS AUDIOLOGISCHE TECHNIK (Hörgeräte)
Zeitpunkt: frühestens Ende 2014
Eigentümer: Siemens AG
Bewertung: ca. 2 Milliarden Euro
Volumen: möglicherweise als Spin-off mit Ausgabe von Aktien an Siemens-Aktionäre
Banken: Auswahl in Kürze erwartet
AXEL SPRINGER DIGITAL CLASSIFIEDS (Online-Anzeigenbörse)
Zeitpunkt: Anfang 2015
Eigentümer: Axel Springer SE (70 Prozent), General Atlantic (30 Prozent)
Bewertung: rund drei Milliarden Euro
Volumen: offen
Banken: noch nicht ausgewählt
DOUGLAS (Parfümerie, Einzelhandel)
Zeitpunkt: Frühjahr 2015
Eigentümer: Advent International und Familie Kreke
Bewertung: rund zwei Milliarden Euro
Volumen: offen
Banken: noch nicht ausgewählt
HAPAG-LLOYD (Reederei)
Zeitpunkt: Herbst 2015
Eigentümer: (vor Vollzug der Fusion mit CSAV ) Stadt Hamburg (37 Prozent), Kühne Maritime (28 Prozent), TUI (22 Prozent), Signal Iduna (5 Prozent), HSH Nordbank (3 Prozent), M.M. Warburg & Co (2,9 Prozent) und HanseMerkur (1,8 Prozent), CSAV erhält zunächst 30, später 34 Prozent.
"Der Gang an die Börse ist der nächste logische Schritt in der Entwicklung von Zalando, da er uns (..) die nötige Flexibilität gibt, um unsere langfristigen Wachstumsambitionen weiterzuverfolgen", sagte Zalando-Vorstand Rubin Ritter. Die inzwischen rund 7400 Mitarbeiter zählende Firma, die mehr als die Hälfte ihres Umsatzes in Deutschland, der Schweiz und Österreich erzielt, wolle vor allem ihren Marktanteil ausbauen und dazu in neue Länder expandieren. Zudem soll der Verkauf über Smartphones oder Tablet-PCs wachsen, also über das mobile Internet. So könnte Kleidung abfotografiert und über eine App entsprechende Angebote von Zalando angezeigt werden.
Der Trend zum Shoppen übers Internet ist ungebrochen. So rechnet der Einzelhandelsverband HDE in diesem Jahr mit einem Umsatzanstieg im Online-Handel von 17 Prozent auf 38,7 Milliarden Euro. Allerdings kämpfen viele Internet-Händler mit einer hohen Rückgabequote ihrer Waren, was immense Kosten verursacht.
Zalando liegt im Wettlauf mit dem Schwester-Unternehmen Rocket Internet nun eine Nasenlänge vorne. Auch der Internet-Inkubator will Finanzkreisen zufolge in den kommenden Wochen den Gang an den Aktienmarkt wagen. Der Zalando-Werbeslogan "Schrei vor Glück" könnte dann auch für die Samwer-Brüder zum Motto werden, da sie mit den beiden IPOs offiziell zu Milliardären würden. Zudem gingen damit auch die beiden größten Internet-Börsengänge in Deutschland seit den Zeiten des Neuen Marktes über die Bühne.
Verglichen mit Alibaba sind die beiden IPOs jedoch eher Peanuts. Der in den nächsten Wochen erwartete Börsengang des chinesischen Internet-Händlers könnte die größte Erstemission eines Technologieunternehmens jemals werden. Das Emissionsvolumen von Facebook 2012 betrug 16 Milliarden Dollar.
Die bekanntesten Gründungen und Beteiligungen von Rocket Internet
mGut 100 Unternehmen haben die Samwer-Brüder mit ihrer Start-up-Schmiede "Rocket Internet" in den vergangenen Jahren gegründet oder sich an ihnen beteiligt. Die folgenden Liste ist nur eine kleine Auswahl, die zeigt, wie vielschichtig und umfassend das Portfolio der Brüder ist. Deutlich wird auch, dass die Ideen für die Unternehmen selten die eigenen sind.
Quelle: Joel Kaczmarek: Die Paten des Internets, 2014
Unternehmen: Ads.com.mm
Vorbild: Craigslist
Einstieg: Juli 2012
Unternehmensart: Kleinanzeigen (Anzeigen)
Herkunftsland: Myanmar
Unternehmen: Airizu
Vorbild: Airbnb
Einstieg: Mai 2011
Unternehmensart: Privatzimmervermittlung
Herkunftsland: China
Unternehmen: Airu
Vorbild: Etsy
Einstieg: Juli 2011
Unternehmensart: Marktplatz für Selbstgemachtes
Herkunftsland: Mittel- und Südamerika
Unternehmen: Dealstreet
Vorbild: Swoopo
Einstieg: April 2009
Unternehmensart: Live-Shopping Anbieter
Herkunftsland: Deutschland
Unternehmen: Edarling
Vorbild: Eharmony
Einstieg: November 2008
Unternehmensart: Online-Partnervermittlung
Herkunftsland: Deutschland
Unternehmen: Fashion4Home
Vorbild: MyFab
Einstieg: Juli 2009
Unternehmensart: Onlineshop für Designer-Möbel
Herkunftsland: Deutschland
Unternehmen: HelloFresh
Vorbild: Middagsfrid
Einstieg: November 2011
Unternehmensart: Abo-Commerce zu Rezepten samt Zutaten
Herkunftsland: Afrika, Asien, Europa, Lateinamerika, Mittlerer Osten
Unternehmen: LadenZeile
Vorbild: Like.com
Einstieg: Januar 2009
Unternehmensart: Metasuche für Shoppingangebote
Herkunftsland: Deutschland
Unternehmen: Lazada
Vorbild: Amazon
Einstieg: Februar 2012
Unternehmensart: Online-Versandhaus
Herkunftsland: Südostasien
Unternehmen: MyBrands
Vorbild: Dress-for-Less
Einstieg: Mai 2009
Unternehmensart: Online-Designer-Outlet
Herkunftsland: Deutschland
Unternehmen: Payleven
Vorbild: Square
Einstieg: Januar 2012
Unternehmensart: Anbieter für Mobile Payment
Herkunftsland: Deutschland
Unternehmen: Sexpartnerclub
Vorbild: -
Einstieg: Juni 2007
Unternehmensart: Casual-Dating-Portal
Herkunftsland: Deutschland
Unternehmen: Toptarif
Vorbild: Check24
Einstieg: Juli 2007
Unternehmensart: Online-Preisvergleich
Herkunftsland: Deutschland
Unternehmen: Westwing
Vorbild: One Kings Lane
Einstieg: September 2011
Unternehmensart: Shoppingclub für Wohn-Accessoires
Herkunftsland: Deutschland
Unternehmen: Wimdu
Vorbild: Airbnb
Einstieg: Februar 2011
Unternehmensart: Privatzimmervermittlung
Herkunftsland: Deutschland
Unternehmen: Zalando
Vorbild: Zappos
Einstieg: Juni 2008
Unternehmensart: Onlineshop für Fashion
Herkunftsland: Deutschland
Zalando will im Rahmen des Börsengangs zehn bis elf Prozent des Eigenkapitals platzieren. Insidern zufolge soll der Ausgabepreis in der Woche ab dem 29. September bekanntgegeben werden. Der Börsengang wird von Morgan Stanley, Goldman Sachs und Credit Suisse organisiert.
Größter Zalando-Aktionär ist der schwedische Finanzinvestor Kinnevik mit 36,5 Prozent, gefolgt von den Samwer-Brüdern mit 17 Prozent. Weitere Miteigentümer sind unter anderem Tengelmann mit etwas über fünf Prozent, der dänische Modeunternehmer Anders Holch Povlsen mit zehn Prozent sowie Holtzbrinck Ventures. Kinnevik sei "erfreut" über die Zalando-Pläne, erklärte Kinnevik-Chef Lorenzo Grabau.
Börse
Der Berliner Börsenkandidat hatte in den ersten sechs Monaten 2014 einen kleinen operativen Gewinn ausgewiesen. Bei einem Umsatzplus von knapp 30 Prozent auf 1,047 Milliarden Euro betrug der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) zwölf Millionen Euro, nach einem Verlust von 109 Millionen vor Jahresfrist. Nach Steuern blieb ein Gewinn von 200.000 Euro.