MiFiD II Transparenz könnte Wertpapieranalysten den Job kosten

MiFiD II Quelle: REUTERS

Ab Januar können Anbieter von Finanzprodukten die Kosten für Analysten nicht mehr verstecken. Das wird ziemlich sicher zu einem Preiskampf führen, den nicht alle Anbieter überstehen werden.

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Die ab Jahresbeginn geltende EU-Kapitalmarktrichtlinie MiFiD II könnte nach Ansicht von Experten zahlreichen Wertpapieranalysten den Job kosten. Denn wenn die MiFiD II ("Markets in Financial Instruments Directive") am 3. Januar in Kraft tritt, müssen Anbieter von Finanzprodukten die Kosten für die Analysen der Wertpapierprofis erstmals extra ausweisen und können sie nicht mehr in anderen Gebühren verstecken. Den aller Voraussicht nach entstehenden Preiskampf dürften nicht alle Anbieter überleben.

Allerdings wird wohl auch die Qualität der Analysen steigen, für die Nutzer - vom professionellen Manager eines Aktienfonds bis zum Kleinanleger - wäre das eine positive Entwicklung. Sie profitieren auch beim Preis: wegen des starken Wettbewerbs können und wollen zum Beispiel nur wenige Fondsanbieter die Kosten für Research künftig weitergeben. Das Gros - darunter Dickschiffe wie zum Beispiel Allianz Global Investors, die Deutsche Asset Management, Blackrock<BLK,N> die UBS, Union Investment oder Vanguard - haben das nicht vor.

Nicht nur die Arbeitsplätze der Spezialisten, an deren Urteil beispielsweise über eine Aktie sich Anleger oftmals orientieren, dürften wackeln. Auch die Zahl der Unternehmen, die sie im Blick behalten und über deren Leistungsfähigkeit und Zukunftschancen sie regelmäßig schreiben, wird wohl abnehmen. Ralf Frank, der Generalsekretär der Analystenvereinigung DFVA, erwartet, dass diese sogenannte Coverage durch MiFiD II um ein Drittel abnimmt. "Ich gehe aber nicht davon aus, dass auch die Zahl der Arbeitsplätze um 30 Prozent sinkt."

Doch der Druck auf die Zunft hierzulande steigt: Schon in den vergangenen Jahren nahm die Zahl der Wertpapieranalysten, deren Schreibtisch in Deutschland steht, von rund 800 im Jahr 2001 auf gegenwärtig noch 250 massiv ab. Zum Großteil lag das daran, dass viele Banken ihre Research-Aktivitäten in London oder anderen global bedeutenden Finanzzentren konzentrierten und von dort aus auch viele hiesige Unternehmen abdecken. In Deutschland haben heute laut DVFA noch rund 150 Aktienanalysten ihren Sitz. Bei den ganz großen Firmen, deren Aktien im Dax notiert sind, befinden sich die heimischen Analysten oft in der Minderheit.

Durch den durch MiFiD II erwarteten Analysten-Aderlaß dürften auch kleinere Firmen leiden, die es ohnehin schwer haben, Investoren zu finden - ausführliche Studien sind für sie oft eines der wenigen Mittel, um sich auf der Suche nach Kapital ins Gespräch zu bringen. Laut einer Studie im Auftrag der Deutschen Börse zusammen mit dem Fondsverband BVI, dem deutschen Aktieninstitut, der DVFA und dem Investor Relations Verband DIRK, dürfte die Zahl der Analysten, die eine Aktie unterhalb des Dax covern, massiv sinken. Sie werden, so schätzen Experten wir DIRK-Geschäftsführer Kay Bommer, künftig für Studien über sich Geld bezahlen müssen. In punkto Glaubwürdigkeit ist das wohl nur dann kein Problem, wenn die Qualität der Analyse über jeden Zweifel erhaben ist.

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