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Milliardengeschäft Deutsche Börse setzt auf Pferdewetten

Die US-Derivatetochter der Deutschen Börse will ein neues Geschäftsfeld auftun und mit ihrem Handelssystem den Markt für Sportwetten erobern. Dabei geht es für die ISE um ein Geschäft in Milliardenhöhe.

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Pferderennen auf der Galopprennbahn Hoppegarten bei Berlin. Quelle: dpa

New York Für so manchen sind Börsen nichts als Kasinos. Doch nun stellt sich heraus, dass die Handelsplätze für Aktien und Derivate vielleicht mehr mit den Buchmachern auf Pferderennbahnen und bei Windhundrennen gemein haben. Die amerikanische ISE, eine Derivatetochter der Deutschen Börse, will sich jedenfalls mit einem an die Bedürfnisse von Sportwetten angepassten Handelssystem ein neues Geschäftsfeld eröffnen. „Die Gespräche für einen ersten Geschäftsabschluss laufen gut“, sagte Tom Ascher, Strategievorstand der ISE dem Handelsblatt. Damit stieße die ISE in ein Milliardengeschäft vor. Allein in USA umfasst der Markt für Pferdewetten zehn Milliarden Dollar.

Mit ihren Handelssystem „Longitude“ will die ISE Wetttypen, wie sie an Börsen üblich sind, bei Sportwetten einführen. So soll es demnächst möglich sein, eine bedingte Wette etwa auf die Platzierung eines Pferdes abzugeben, die wieder gestrichen wird, wenn die Gewinnquote eine bestimmte Schwelle unterschreitet. Quoten können etwa drastisch fallen, wenn viele Wetter auf dasselbe Pferd als Sieger setzen. Aus dem Aktienhandel kennt man solche bedingten Wetten als sogenannte „Limitorder“, die ausgeführt oder gestrichen werden, wenn der Aktienkurs einen bestimmten Wert erreicht.

Dazu nutzt die ISE Algorithmen, die bislang vor allem bei der Wertberechnung von komplexen Wertpapieren eingesetzt wurden. „Das versetzt uns in die Lage für jede beliebige Wette zu jeder Zeit die aktuelle Gewinnquote auszuweisen“, so Ascher. Dies sei heutzutage meist nur bei Wetten auf Platzierungen möglich. Durch eine bedingte Wette, die nur wirksam wird, wenn die Gewinnquote nicht dramatisch fällt, könne ein Spieler seine Einsätze schützen, argumentiert Ascher.

Unterstützt wird die ISE bei ihrem Vorhaben vom Verband der US-Pferdezüchter Jockey Club. „Wir sind der Ansicht, dass Innovationen nötig sind, damit unsere Branche floriert“, schrieb der Chef der Vereinigung James Gagliano in einem Brief an die Aufsichtsbehörden von New Jersey, bevor diese das Berechnungsmodell der ISE für den Einsatz in Wettbüros zuließ. Diese Unterstützung kommt nicht von ungefähr: Alle Beteiligten erhoffen sich von dem neuen System mehr Wetten und damit höhere Gewinne.

Die Wall Street hat traditionell eine große Nähe zum Wettgeschäft, wenn auch manchmal ungewollt. So besitzt die Deutsche Bank seit der Finanzkrise in der Spielerhochburg Las Vegas ein Kasino, dessen Vorbesitzer pleiteging. Das Institut hatte das Projekt mit Krediten unterstützt und „erbte“ das Kasino aus der Konkursmasse. Bislang ist die Deutsche Bank wenig glücklich mit der verlustträchtigen Edelspielhölle.

Aber auch Cantor Fitzgerald, einer der größten Bondhändler der Welt, ist in Las Vegas vertreten und betreibt ein Sportwettbüro, das wie ein Wall-Street-Handelssaal aussieht. Cantor und Deutsche Bank sehen sich regelmäßig spöttischen Schlagzeilen ausgesetzt, weil ihr Las-Vegas-Engagement Kritikern als Beweis gilt, dass die Finanzbranche selbst ein gigantisches Wettbüro ist. Die ISE ficht das nicht an. „Wir selbst steigen nicht ins Wettgeschäft ein. Wir stellen ein System zur Verfügung, genauso wie bislang am Kapitalmarkt“, sagte Ascher.

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