Actionfilm-Star Jackie Chan ist als Vater traurig und enttäuscht. Das schrieb der chinesische Filmheld am vorigen Mittwoch in seinem Blog, nachdem die Verhaftung seines 31-jährigen Sohnes wegen Drogenbesitzes und -konsums bekannt geworden war. Im Haus von Jaycee Chan in Peking hatte die Polizei 100 Gramm Marihuana sichergestellt. Nun drohen dem Sprössling bis zu drei Jahre Haft. Vater und Sohn entschuldigten sich öffentlich. „Ich schäme mich“, schrieb Vater Jackie seinen Fans.
Staatliche Regelungen von Cannabiskonsum
Cannabis-Produkte sind illegale Suchtmittel. Besitz, Anbau und Handel sind verboten. Das Betäubungsmittelgesetz sieht Geldstrafen oder bis zu fünf Jahre Haft vor. Beim Umgang mit „nicht geringen Mengen“ - bei Haschisch und Marihuana 500 Konsumeinheiten à 15 Milligramm Tetrahydrocannabinol (THC) - liegt die Höchststrafe bei 15 Jahren Haft. Für „Gelegenheitskiffer“ kennt das Gesetz die Untergrenze der „geringen Menge“ zum Eigenverbrauch. Bei wenigen Konsumeinheiten kann die Staatsanwaltschaft von einer Strafverfolgung absehen. Das ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt.
In den rund 650 Coffeeshops darf im Prinzip jeder Erwachsene Marihuana oder Haschisch legal kaufen. Der Besitz von fünf Gramm ist nicht strafbar. Seit 2013 können Kommunen den Verkauf an Ausländer untersagen, um den Drogentourismus aus Nachbarländern zu unterbinden. Während der Verkauf für den privaten Konsum erlaubt ist, bleibt der Anbau von mehr als fünf Cannabis-Pflanzen verboten. Dadurch dürfen Coffeeshops Haschisch zwar legal verkaufen, die Ware wird aber illegal durch die Hintertür angeliefert.
Ein Jahr nach der Legalisierung von Cannabis für medizinische Anwendungen hat die Substanz nach Medienberichten noch keinen Patienten erreicht. Zwar können Ärzte bei schweren Erkrankungen wie Krebs, Multipler Sklerose oder Parkinson Cannabis verschreiben, doch ist das Mittel noch nicht verfügbar. Kritiker werfen dem Gesundheitsministerium in Prag mutwillige Verzögerung bei der Vergabe von Züchterlizenzen vor.
Der US-Staat Washington folgte Anfang Juli dem Beispiel von Colorado: Nun ist es auch dort Bürgern ab dem Alter von 21 Jahren legal gestattet, Marihuana zu kaufen und zu konsumieren. In Colorado dürfen Erwachsene seit Jahresbeginn „Gras“ nicht nur zu medizinischen Zwecken kaufen. Auf Bundesebene bleibt Cannabis weiter illegal. 23 Bundesstaaten sowie die US-Hauptstadt Washington erlauben jedoch den Konsum unter Auflagen zu medizinischen Zwecken.
Das südamerikanische Land gestattete im Mai als erster Staat der Welt Anbau und Verkauf von Marihuana unter staatlicher Kontrolle. Registrierte Konsumenten ab 18 Jahren können der Drogenbehörde zufolge monatlich bis zu 40 Gramm Cannabis für den Eigengebrauch in Apotheken kaufen. Der Vertrieb soll aber erst Ende 2014 beginnen. Mit der Regelung erhofft sich die Linksregierung in Montevideo Fortschritte im Kampf gegen die Drogenkartelle. Rauchen von Marihuana in öffentlich zugänglichen Räumen und Plätzen bleibt aber verboten.
In den USA müsste sich Chan nicht weiter schämen – auch wenn Drogenkonsum die moralische Vorbildfunktion des Prominenten lädiert. Denn dort ist in den Bundesstaaten Colorado und Washington der Genuss von Cannabis inzwischen legal. In 23 Bundesstaaten ist die Droge zudem für medizinische Zwecke erhältlich und der Besitz in geringen Mengen entkriminalisiert. Das heißt, er wird nicht strafrechtlich verfolgt.
Die US-Justiz freut sich über weniger Arbeit, der Fiskus über sprudelnde Steuereinnahmen. Vor allem aber ist Marihuana bereits im ersten Jahr der teilweisen Legalisierung ein Milliardenmarkt, für den sich längst auch Anleger, institutionelle Investoren und Banken interessieren.
Ende der Prohibition
Es herrscht eine Stimmung wie im Goldrausch, US-Journalisten sprechen vom Grünrausch. In weiten Teilen erinnert die Legalisierung des Rauschmittels an das Ende der Prohibition auf Alkohol in den USA, die von 1919 bis 1933 galt. Dass sie ein großer Fehler war, ist heute unumstritten. Anstatt Probleme aufgrund von Alkoholmissbrauch zu mindern, ist alles nur schlimmer geworden. Das ist sogar wissenschaftlich belegt. Das Verbot führte sogar dazu, dass noch mehr Alkohol getrunken wurde.
Das Ende der Prohibition auf Alkohol öffnete umgehend einen Riesenmarkt, entlastete den Steuerzahler sowie die Justizbehörden und rief geschäftstüchtige Unternehmer auf den Plan. Diese Aufbruchsstimmung ist nach der Legalisierung des Cannabis-Konsums in Teilen der USA nun ebenfalls zu spüren.
Seit Jahresbeginn darf in Colorado ganz legal und ohne Rezept vom Arzt gekifft werden – die Amerikaner sprechen bereits vom „High State“. Der Westküstenstaat Washington folgte mit der Liberalisierung im Februar. In den beiden US-Staaten ist in kürzester Zeit ein boomender Markt entstanden, von dem nicht nur Hersteller und Händler profitieren, sondern auch der Staat.
Bereits im ersten Monat der Legalisierung nahm Colorados Regierung zwei Millionen Dollar zusätzlich durch den besteuerten Haschisch-Handel ein. Im Juni waren es bereits 4,8 Millionen Dollar. Insgesamt spülte das erste Halbjahr dem Staat 25,3 Millionen Dollar in die Kasse. Colorados Gouverneur erwartet für das gesamte Jahr 60 Millionen Dollar zusätzlich im Steuersäckel. In Washington erwartet die Regierung Einnahmen von 51 Millionen Dollar. Tendenz in beiden Staaten: weiter stark zunehmend.
Milliardenmarkt Marihuana
Die noch junge legale Cannabis-Wirtschaft wächst rasend schnell - und lockt scharenweise Glücksritter und Investoren an. Schon im Jahr vor der Legalisierung kletterten Cannabis-Aktien um 50 Prozent. Kurz nach dem Neujahr 2014 stiegen sie nochmals um 150 Prozent. Inzwischen sind jedoch die meisten der gehypten Papiere wieder tief gefallen. Alles nur ein Strohfeuer?
Was den Markt angeht, stehen die Zeichen weiter auf Wachstum. Allein in Colorado sollen die Umsätze mit der Droge laut Haushaltsentwurf der Regierung 2015 auf eine Milliarde Dollar steigen. Davon sollen laut Gouverneur James Hickenlooper 134 Millionen Dollar an Steuern an den Fiskus gehen. Die Umsätze der Kiffer-Läden sollen dann bei mehr als 600 Millionen Dollar liegen – fast die Hälfte mehr als zuvor geschätzt.
Im Staat Washington erwartet die Regierung fünf Milliarden Dollar Umsatz innerhalb von fünf Jahren. Ein Viertel davon soll an Steuern fließen.
Gleichzeitig erweist sich die Cannabis-Legalisierung als Jobmotor. Geschätzt an die 10.000 Personen sollen bereits im Marihuana-Markt arbeiten - als Hanfbauern, Händler von Hanfprodukten, bei Zulieferern oder den Zubehöranbietern und Dienstleistern. Allein in den vergangenen Monaten sollen 2000 neue Jobs entstanden sein.
Geschäftsmodell Marihuana
Die Schätzungen, wie groß der Markt letztlich werden könnte, sind noch sehr ungenau und liegen weit auseinander. Der illegale Drogenhandel soll bereits jährlich 300 Milliarden Dollar umsetzen. Noch geht vergleichsweise wenig Geld legal in Rauch auf. „Der Umsatz dürfte alleine in diesem Jahr um 63,1 Prozent auf 2,6 Milliarden Dollar anziehen“, sagt David Yang vom New Yorker Analysehaus IBIS World. Andere Studien prognostizieren, dass der Markt bis 2018 auf zehn Milliarden Dollar zulegen wird. Weniger seriöse Schätzungen sehen ein Marktvolumen von 60 bis 100 Milliarden Dollar.
Wesentlich für das Entwicklungstempo des Marktes ist dabei, wie viele US-Bundesstaaten und andere Länder das Rauschmittel auch für nicht-medizinische Zwecke freigeben. Und auch die Regulierung von Cannabis als Arznei spielt eine große Rolle. Während in Kalifornien Cannabis schon als entkrampfendes Schmerzmittel vom Arzt verschrieben wird, gibt es das Rauschmittel in anderen US-Staaten nur bei schweren Krankheiten wie Krebs.
Auf dem Markt tummeln sich bereits tausende Unternehmen. Mehr als 160 Grasgeschäfte soll es in Colorado geben. Es gibt Lieferservice, Flughafen-Shuttles direkt in den nächsten Hanfladen, Elektro-Joints, die wie E-Zigaretten die Substanzen verdampfen und sogar Immobiliengesellschaften, die ihre Hallen an die Hanfbauern vermieten. In Denver spezialisiert sich beispielsweise das Unternehmen FunkSac auf geruchsdichte Plastikbeutel mit Kindersicherung. Potbotics aus Palo Alto will Biotech- mit Cannabis-Expertise verbinden. Längst sind Investoren und Wagniskapitalgeber auf den Zug aufgesprungen, es fließt viel Geld in die Branche. „Momentan ist es, wie aus dem Feuerwehrschlauch zu trinken“, zitiert die „New York Times“ den FunkSac-Chef Garrett Fortune.
Haufenweise riskante Penny-Stocks
Die US-Internetseite technical420.com, die sich explizit auf Nachrichten und Analysen aus der Hanf-Industrie konzentriert, listet bereits 45 Aktien auf, die mit der Legalisierung von Cannabis Geld verdienen wollen. Allerdings sind die meisten der Papiere sogenannte Penny-Stocks, also Aktien, die weniger als einen Dollar kosten. Auch die Marktkapitalisierung liegt meist unterhalb von 100 Millionen Dollar. Lediglich zehn Titel notieren deutlich darüber. Darunter findet sich auch das Pharmaunternehmen GW Pharmaceuticals mit einer Marktkapitalisierung von 1,5 Milliarden Dollar. Im Marihuana-Index von technical420.com hat der Pharmakonzern deshalb ein Gewicht von knapp 44 Prozent. Der Medikamentenhersteller entwickelt unter anderem Arzneien auf Cannabis-Basis.
Das Problem für Anleger: Penny Stocks können schon mit relativ geringem Geldeinsatz aufgrund des geringen Handelsvolumens im Kurs sehr stark schwanken. Das führt dazu, dass die Kurse einerseits zu Übertreibungen neigen, andererseits auch anfällig für Kursmanipulationen sind. Der in den USA beliebte Börsenblogger Cody Willard warnte bereits vor Monaten auf marketwatch.com vor den "lausigen Gras-Penny-Stocks". Alle, vor denen er in den vergangenen Monaten schon gewarnt habe, seien zwischen 50 und 90 Prozent gefallen. "Kaufe niemals einen Penny-Stock! Spiel nicht mit dem Hype", schreibt Willard in seinem Blog. Ein Börsenkurs unter einem Dollar hätte nichts mit einer Unterbewertung zu tun.
Wilder Westen für Anleger
Zudem sind die Aktien für ein paar Cent überwiegend nicht an regulierten Börsenplätzen gelistet, sondern sind nur im Freiverkehr („over the counter“, OTC) ohne strenge Regeln und Berichtspflichten handelbar. Von denen, die ihre Geschäftszahlen an die US-Börsenaufsicht SEC melden müssen, wurden bereits neun Aktien zumindest zeitweise aus Handel genommen. Häufiger Grund: Unzureichende oder ungenaue Informationen der Unternehmen zur Geschäftslage und damit verbundene Zweifel an den Zahlen. Auch die Befürchtung von Kursmanipulationen nannte die SEC oft als Anlass für den Handelsstopp.
Weil die dahinter stehenden Unternehmen oft klein und an der Börse wenig erfahren sind, ist das Risiko eines Totalverlusts für Anleger gegenüber den Unternehmen in den Top-Segmenten der Börsen vergleichsweise hoch. Wer auf den Marihuana-Markt setzen will, steht also vor der Schwierigkeit, die aussichtsreichsten und zugleich seriösesten Unternehmen herauszupicken.
Zudem ist die Branche noch jung. Es wird Pleiten, Zusammenschlüsse und immer wieder neue Wettbewerber geben. Deshalb ist es derzeit noch sehr schwer, das richtige Investment herauszufiltern.
Ausstatter und Fonds sind weniger riskant
Cody Williard etwa präferiert deshalb die Aktien von Calgon Carbon, Lindsay und Aegion. Unternehmen wie diese würden die aufkommende Haschisch-Industrie ausrüsten. Calgone bietet unter anderem Bewässerungstechnik für Hanfplantagen, Aegion bietet Gebäude- und Leitungstechnik, Lindsay stellt ebenfalls Bewässerungstechnik her. Alle drei sind mit einer Marktkapitalisierung zwischen 900 und 1100 Millionen Dollar schon eher Schwergewichte, die Kurse stiegen im vergangenen Jahr solide. Allerdings profitieren sie mit breitem Kundenkreis und vielfältigen Produkten auch nur teilweise vom legalen Cannabismarkt.
Spezielle Fondslösungen auf dem Vormarsch
Einfacher wäre eine Geldanlage über einen Investmentfonds, der einem die Aktienauswahl abnimmt. Die Investmentfirma Poseidon Asset Management aus San Francisco hat zu Jahresbeginn den ersten Hedgefonds aufgelegt, der sich auf die Marihuana-Industrie konzentriert. Fast zeitgleich ist der "High Times Growth Fund" mit 300 Millionen Dollar an den Start gegangen, um die Branche zu fördern. Initiatoren sind die Macher eines Szene-Magazins, das auch Kiff-Festivals und Anbau-Wettbewerbe veranstaltet. Zumindest sind auch Rechtsexperten und Investmentbanker mit an Bord.
Anleger haben also die Wahl zwischen hochriskanten Wetten auf kleine, börsennotierte Unternehmen, auf Profiteure in der Zuliefererindustrie oder auf die ersten Fondslösungen, die ihre Expertise in der Aktienauswahl erst noch beweisen müssen. Wer Informationen über die einzelnen Wertpapiere sucht, wird zum Beispiel auf Internetseiten wie marijuanastocks.com, marketwatch.com, technical420.com oder seekingalpha.com fündig.
Warten auf den nächsten Big Player
Im Zweifel sollten sich Anleger noch in Geduld üben. Der Milliardenmarkt Marihuana steht erst am Anfang. Dass er weiter schnell wächst, ist sehr wahrscheinlich. Dass die Aktien immer wieder Rückschläge erleiden, ist ebenso sicher. Unternehmen der Branche, die sich mit den medizinischen Anwendungen von Cannabis beschäftigen, haben vorerst die besten langfristigen Aussichten, da zumindest Marihuana auf Rezept in den USA und international - auch in Deutschland - weiter auf dem Vormarsch ist. Aktien, die dafür in Frage kommen, sind zum Beispiel GW Pharmaceuticals, Cannabis Sciences oder Medical Marijuana. Interessierte Anleger sollten sich vor einem Investment jedoch gründlich über die Unternehmen und ihre Geschäftsentwicklung informieren.
Nach den Kongresswahlen im Herbst könnte der Cannabis-Markt in den USA weiter wachsen. Möglicherweise werden dann auch Florida und der District of Columbia und damit der Regierungssitz Washington D.C. Handel, Herstellung und Konsum von Haschisch unter staatlicher Kontrolle freigeben.
Die Bevölkerung in den USA ist jedenfalls bereit dafür. Laut einer Umfrage sprechen sich 58 Prozent der Amerikaner für den legalen Konsum von Cannabis für Erwachsene aus. Erst vor einem Monat vertrat sogar die konservative New York Times vehement für eine Legalisierung ein. In den Leitartikeln prangerte sie eine ganze Woche lang die Sinnlosigkeit des Haschisch-Verbots an. Ihr Argument:Das Cannabis-Verbot sei ebenso kontraproduktiv wie die Alkoholprohibition.
Selbst US-Präsident Barack Obama sagte, dass er die Probleme des Haschisch-Konsums geringer einschätze als bei Alkohol. Seine Regierung hat jüngst sogar Leitlinien für Banken erlassen, die deren Geschäfte mit der Cannabis-Branche regeln und helfen sollen, den illegalen Handel vom legalen Geschäft zu trennen. Die Legalisierung von Haschisch dürfte also schrittweise voranschreiten.