Mr. Market

Jetzt kommt die Sommerpause bei der Geldanlage

Vom Aufhören an der Börse, wenn es am Schönsten ist.

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Michael Schulte alias Mr. Market macht sich auf die Suche nach der Sonne - und einem schönen Sommer.

Manchmal müssen wir uns zurücklehnen, um das große Bild zu sehen. Denn wir sind jeden Tag so von medialen Bäumen umstellt, dass es Anstrengung kostet, auf einen Hügel zu klettern und den ganzen Wald zu betrachten.

Damit Sie hier im Artikel nicht den Überblick verlieren, will ich dieses Mal gleich mit der Botschaft ins Haus fallen, die ich Ihnen heute mitgeben möchte. Sie lautet: Vielleicht lassen Sie den Markt nun mal mit sich alleine, vielleicht nehmen Sie Gewinne mit, steigern temporär Ihren Cash-Anteil und machen sich einen schönen Sommer - so er denn endlich kommt.

"Europa hat zwei Stangen Dynamit angezündet"
Mohamed El-Erian, Chef und Co-CIO bei Pimco „Europa hat zwei Stangen Dynamit angezündet. Die erste betrifft die Inhaber kleiner Konten. Müssen auch sie Zwangsabgaben leisten, drohen soziale und politische Unruhen und ein Austritt aus der Eurozone. Die Folgen der anderen Dynamitstange sind weit komplizierter und ungewisser. Es ist eine Frage der Unverletzlichkeit von Bankguthaben in Europa. Und eine Erinnerung, dass Europa zu viele Ziele verfolgt und zu wenig Instrumente hat.“ (18.03.2013 zur Zwangsabgabe für zyprische Sparer) Quelle: rtr
Laurence Fink, Blackrock-Chef„Ich wäre nicht überrascht, wenn die Börse fünf Prozent verlieren würde.“ Quelle: rtr
Jim O'Neill, Ökonom„Ich erwarte keine anhaltende Aufwärtsbewegung von dem derzeitigen Niveau, ohne dass es weitere Hinweise darauf gibt, dass die Wirtschaft in einem irrwitzig starken Tempo wächst.“ (1 8.03.2013) Quelle: dpa
Bill Gross, Bondguru bei Pimco„Die EZB ist in diesem Tagen die härteste der Zentralbanken. Aber angesichts einer europäischen Arbeitslosigkeit von 12 bis 13 Prozent - verglichen mit 7,7 Prozent in den USA  - müssen sie etwas tun. Letztendlich müssten sie ihre Währung in Relation zum Dollar und anderen Währungen schwächen, damit sie wettbewerbsfähiger werden.” (08.03.2013) Quelle: dapd
Nouriel Roubini, Ökonom„Die Risiken werden vom Markt derzeit zu niedrig eingeschätzt. Sie werden im ersten Halbjahr wohl eingedämmt bleiben, aber sie könnten wieder an die Oberfläche kommen.” (04.03.2013) Quelle: rtr
Warren Buffett, Investor„Sicherlich, die nähere Zukunft ist unklar. Amerika blickt dem Unbekannten aber seit 1776 ins Auge.“ (01.03.2012) Quelle: dpa
Steen Jakobsen, Chef-Ökonom Saxo Bank„Ich persönlich hatte sehr negative Erwartungen insbesondere bezüglich der Realwirtschaft und den Aktienmärkten. Bei der Wirtschaft lag ich richtig, bei den Aktienmärkten nicht. Aber sollten Aktienmärkte nicht eigentlich der Realwirtschaft folgen?“ (28.2.2103) Quelle: Presse

Ich könnte auch sagen, man sollte aufhören können, wenn es am schönsten ist - eine wesentliche Fähigkeit, die an den Finanzmärkten Erfolg von Misserfolg unterscheidet. Man muss gar kein Raketenwissenschaftler sein und muss nicht genau die Hochs und Tiefs der täglichen Börsenzyklen treffen. Und man muss auch nicht exakt die großen Gewinneraktien im Depot haben. Es reicht in den 70 Prozent der Zeit, in der die Märkte typischerweise steigen, einfach dabei zu sein und mit zu schwimmen. Letztlich hebt die Flut fast alle Boote.

Michael Schulte Quelle: Presse

Man muss auch nicht bei jeder kleinen Korrektur sofort panisch werden. Denn es gibt in einem normalen Börsenjahr maximal drei, normal nur ein oder zwei Phasen, in denen ernste Korrekturen anstehen.

Alles was man schaffen muss, um die Märkte zu schlagen, ist in diesen Phasen auszusteigen und den Markt von der Seite zu betrachten. Und so die schönen Gewinne zu bewahren, die man sich in den Monaten vorher so mühsam erarbeitet hat.

So eine Phase könnte dem Markt nun bevorstehen, was ein guter Anlass ist, gelassen auf die Suche nach der Sonne zu gehen, statt weiter in Bildschirme mit Zahlen und Charts zu starren.

10 Tipps für Börseneinsteiger

Nun könnte ich dies hier ausführlich herleiten. Könnte Ihnen Charts zeigen, Momentum analysieren, Distribution von "Big Money" zu den kleinen Anlegern aufzeigen und über die weitere Politik der Notenbanken und ihre Auswirkungen nachdenken. All das können Sie gerne in meinem Blog jeden Tag mit mir zusammen tun.

An dieser Stelle will ich aber nur eine einfache Logik sprechen lassen, eben den Wald statt vieler Bäume:

  • Wir haben eine historisch seltene Phase von sechs Monaten unaufhörlichem Anstieg in den Indizes hinter uns.
  • Wir notieren an oder über den alten historischen Höchstständen.
  • Wir sehen aktuell in den Indizes erste Brüche, an der Wall Street werden gerade in diesen Tagen die großen Gewinneraktien der letzten Monate abverkauft.
  • Die Bondmärkte in USA und Japan zeigen Anzeichen von Stress und steigende Renditen.
  • Die FED beginnt über den Exit aus ihrer Politik zu diskutieren.
  • Und in den Märkten hat sich die gefährliche Gelassenheit breitgemacht, dass es durch die Notenbanken ja sowieso weiter hoch gehen muss. "Buy the Dip" ist das Motto, dem bald jeder folgt.

Kein Markt geht wie ein Strich nach oben

Wo Deutsche investieren – und wovor sie sich fürchten
Die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Euro-Zone und die Probleme rund um Griechenland haben bei den deutschen Sparern ihre Spuren hinterlassen. Bei der Geldanlage sind die Deutschen heute deutlich vorsichtiger gestimmt, als zu Beginn der Finanzkrise. Das ist das Ergebnis des fünften Schroders Investmentbarometers. Auf den folgenden Seiten zeigen wir, wo die Deutschen ihr Geld heute investieren - und wovor sie sich fürchten.Quelle: Schroders Investment Management GmbH Quelle: REUTERS
EuropaDie Untergangspropheten für den Euro haben ganze Arbeit geleistet. Mittlerweile sehen 40 Prozent der deutschen Anleger Europa als die Region mit dem höchsten Risiko. Damit liegt der europäische Staatenverbund vor allen übrigen Regionen und Ländern. Die gestiegene Risikoaversion macht sich auch bei der Geldanlage der Deutschen bemerkbar. Im Vergleich zum Vorjahr wurden Investitionen in Europa um 15 Prozent zurückgefahren. Als sicher sehen die Deutschen im Moment nur ihr eigenes Heimatland. Gerade einmal 3 Prozent der deutschen Sparer würden ihr Geld nicht in der Bundesrepublik investieren. Quelle: dapd
ImmobilienImmobilien gelten momentan als einer der sichersten Anlagen. In den europäischen Metropolen überteigt die Nachfrage oftmals das Angebot. Dadurch klettern die Preise seit Jahren auf immer neue Rekordwerte. Auch für viele deutsche Anleger sind trotz der Krise Immobilien der Fels in der Brandung. 32 Prozent halten europäische Immobilien für besonders sicher. Quelle: dpa
AktienmärkteDas ständige Auf und Ab an den europäischen Aktienmärkten hielt viele deutsche Anleger in den letzten Jahren von einem Investment ab. Gerade einmal jeder fünfte Kleinanleger investierte sein Erspartes in Aktien. Trotzdem werden europäische Aktien von 21 Prozent der Befragten als sicher eingestuft. Quelle: dapd
DeutschlandDie Vorliebe für Deutschland als Anlageregion ist mit der Sorge um die Euro-Zone gestiegen. Mittlerweile investieren mehr als 80 Prozent der Befragten den größten Teil ihres Geldes in der Bundesrepublik. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von neun Prozent. Dagegen sehen die Deutschen internationale Anlagen als zu risikoreich. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Befragten gab an, keine Inventionen im Ausland tätigen zu wollen. Das sind zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Quelle: dpa
AsienDie asiatischen Länder mussten sich im letzten Jahr mit einem geringeren Wachstum zufrieden geben. Trotzdem sehen 46 Prozent der deutschen Anleger die Region als Wachstumsmarkt von morgen an. Das heißt aber nicht, dass sie dort auch tatsächlich investieren. Der Anteil der Anleger, die in der Region (ohne China und Japan) investiert sind, schrumpfte von fünf auf ein Prozent. Quelle: dapd
ChinaKnapp 20 Prozent der deutschen Privatanleger halten eine Investition in China für sinnvoll. Die Zahl der in China investierten Anleger halbierte sich dennoch im vergangenen Jahr von vier auf zwei Prozent. Quelle: AP

Ich bin ja auch der Ansicht, dass die Politik der Notenbanken für weiter steigende Preise an den Aktienmärkten sorgen wird. Und ich halte auch weit höhere Stände im Dax zum Jahresende eher für wahrscheinlich. Nur eben nicht sofort, kein Markt geht wie ein Strich nach oben!

Sicher ist es möglich, dass die Märkte auch über den Sommer weiter steigen. Und wenn man jetzt auf die Seitenlinie tritt, hat man dann ein paar Prozent verpasst. Nur stellt sich doch die Frage: so what?

Dass die Märkte über den Sommer noch einmal zehn oder 20 Prozent obendrauf legen, ist zwar theoretisch möglich, aber nun eher unwahrscheinlich. Zu überdehnt ist die aktuelle Entwicklung und zu deutlich die Anzeichen von Distribution und nachlassendem Momentum. Umgedreht aber, falls die Märkte zu einer echten Korrektur ansetzen sollten, sind schnell mal zehn Prozent nach unten drin. In Summe sehe ich daher im Moment ein asymmetrisches Risiko zu Ungunsten der Anleger; die Fallhöhe über den Sommer ist größer als das, was man in dieser Zeit wahrscheinlich gewinnen kann.

Das muss kurzfristige Trader nicht interessieren, die verdienen an den Swings und an jeder Marktrichtung. Und langfristige Investoren schon gar nicht, denn die großen Trends sind in den meisten Segmenten intakt.

Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln

Die meisten unter uns werden aber Anleger mit mittelfristigem Horizont sein, die Aktien im Zeitraum Wochen, Monate bis maximal ein bis zwei Jahre halten. Ich weiß, viele wollen gerne Investoren sein, die meisten verkaufen aber dann doch emotional ein paar Monate später in der nächsten Korrektur. Anspruch und Wirklichkeit sind eben nicht notwendigerweise deckungsgleich. Und diese Anleger mit mittelfristigem Horizont sind für ihren Erfolg darauf angewiesen, den ein oder zwei großen Korrekturen im Börsenjahr aus dem Weg zu gehen. Hört sich zwar sehr einfach an, ist aber recht schwierig, wenn die Stimmung im Markt gut ist.

Warum sollen wir uns also nicht den Sommer für eine Pause aussuchen? Kurz genug ist er ja sowieso in Deutschland. Vergessen wir also mal die Prognosen der selbsternannten Gurus, die uns etwas von DAX 9000 oder 10.000 erzählen. Die können durchaus Recht haben, ich halte das für gut möglich, aber dafür ist im Herbst noch Zeit. Ob dieser Sommer aber ohne eine schmerzhafte Korrektur vorbei geht, ist zumindest sehr fragwürdig.

Man muss einfach aufhören können, wenn es sich am Schönsten anfühlt.

Nun gehe ich die Sonne suchen, die sich in diesem verregneten und kalten Deutschland so lange versteckt hat. Suchen Sie mit! Die Börse ist auch im Spätsommer noch da - das kann ich Ihnen ausnahmsweise hier garantieren.

Michael Schulte alias Mr. Market schreibt für WirtschaftsWoche Online in unregelmäßiger Reihenfolge über Marktmechanismen. Seinen ersten Text finden Sie hier.

Wer mehr von ihm lesen will, kann dies in seinem Blog Mr-Market.de tun.

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