Mr. Market

Wie sinnvoll Prognosen über die Zukunft sind

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Unbewusste Mechanismen beeinflussen unser Handeln

Über welche Dividenden im Dax wann entschieden wird
Herbert Hainer, Adidas CEo Quelle: AP/dpa
Passanten gehen an den Allianz-Fahnen vorbei Quelle: dapd
BASFAm 26. April findet die Hauptversammlung von BASF statt. Dort wird über eine Dividende von 2,60 Euro abgestimmt. Das entspricht 3,8 Prozent Dividendenrendite. Quelle: dpa
Bayer Quelle: dapd
BeiersdorfVon Beiersdorf ist nach der Hauptversammlung am 18. April eine Dividende in Höhe von 70 Cent je Aktie zu erwarten. Das entspricht einer Dividendenrendite von 1 Prozent. Quelle: APN
BMWDer Autohersteller will an seine Aktionäre in diesem Jahr 2,50 Euro pro Aktie ausschütten. Hierbei beträgt die Dividendenrendite 3,6 Prozent. Die Dividende gibt es nach der Hauptversammlung am 14. Mai. Quelle: dpa/dpaweb
CommerzbankDer Aktienkurs im Keller, die geplante Kapitalerhöhung wird den Anteil der bestehenden Aktionäre an der Bank stark verwässern, und nach der Hauptversammlung am 19. April wird die Commerzbank voraussichtlich keine Dividende zahlen. Das Aktionärstreffen birgt reichlich Zündstoff. Quelle: dapd

Wenn wir aber an der Börse zweimal Geld verloren haben, weil die Börse immer weiter abgestürzt ist, dann ist damit keineswegs die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Börse auch in Zukunft abstürzen wird. Im Gegenteil, eine Gegenbewegung ist sogar viel wahrscheinlicher geworden. In der Sprache der Behavioral Finance ist das der „Recency Bias“ (die Tendenz von uns Menschen, die nahe Vergangenheit gedanklich fortzuschreiben), der in den Depots der normalen Anleger hässliche Spuren hinterlässt. Denn der Recency Bias trägt dazu bei, dass am Höhepunkt gekauft und am Tiefpunkt verkauft wird.

Und wer sich ein wenig damit befasst hat, wie unsere Gehirne funktionieren, weiß auch, dass die vermeintliche Ratio nur eine dünne Schicht ist, unter der das alte „Affengehirn“ in Form des Belohnungssystems lauert, ebenso wie das „Reptiliengehirn“ in Form des Hirnstamms. Und diese unbewussten Mechanismen unseres Gehirns beeinflussen unser Handeln weit stärker, als uns bewusst ist.

Nun hat die zweite Fraktion die Unmöglichkeit, die Zukunft vorher zu sagen erkannt - leitet daraus aber flugs ab, dass jegliches aktives Handeln an den Börsen Unfug sei. Auch Trader oder Investoren, die seit zehn oder mehr Jahren konsequent jedes Jahr den Markt schlagen, werden mit einer Handbewegung als Zufall abgetan. Gleichzeitig billigt diese Fraktion aber Mr. Market bei der Bewertung der Unternehmen eine Rationalität und Orientierung an Unternehmenskennzahlen zu, die offensichtlich nicht gegeben ist, wenn man nur die Augen einmal aufmacht.

Beide Fraktionen liegen falsch, weil beide denselben Gedankenfehler machen. Es ist die inhärente Annahme, dass Erfolg an den Finanzmärkten etwas mit der Fähigkeit zu tun hätte, die Zukunft vorherzusagen. Und diese Annahme ist grundfalsch. Im Gegenteil, Erfolg braucht dieses Ratespiel um die Zukunft gar nicht!

Ich denke, das muss ich nun genauer erklären.

Dax-Gewinne seit Dezember kräftig nach unten korrigiert

Die Zukunft kann man zwar nicht vorhersagen, man kann aber die Gegenwart und das Verhalten der Marktteilnehmer in ihr sehr genau analysieren. Und man kann aus dieser Analyse Schlüsse ziehen, die einem Handlungen am Markt erlauben, die mit einem sehr positiven Chance-Risiko-Verhältnis ausgestattet sind. Erfolg kommt also nicht, weil man die Zukunft kennt, sondern weil man das Verhalten der Marktteilnehmer in der Gegenwart genau begreift und daraus wertvolle Schlüsse für die Zukunft zieht. Sicherheit gibt es im Finanzmarkt nicht, aus der Gegenwart seriös ableitbare Wahrscheinlichkeiten schon.

Auch hier haben wir wieder die treffende Metapher der Ur-Menschen in der Savanne. Damals waren Jäger für das Überleben entscheidend, denn Ackerbau war noch nicht erfunden. Und auch die Jäger mussten (wie der Anleger heute) in einer prinzipiell unbestimmten Zukunft den Ort antizipieren, an dem das Wild (die Gelegenheit an der Börse) auftauchen würde. Und es dann mit geübten Bewegungen erlegen. Hätten die Jäger ihre Zeit mit abstrakten Spekulationen und Zukunftsprognosen vergeudet, wäre die Menschheit ausgestorben. Mit Rechthaberei füllt man keine hungrigen Bäuche. Nein, die Jäger haben stattdessen intensiv die Spuren der Tiere in der Gegenwart untersucht, haben die Muster bemerkt, nach denen das Wild sich bewegte und so eine Stelle identifiziert, an der sie mit guter Wahrscheinlichkeit darauf hoffen konnten, dass ihnen das Wild vor die Waffen lief. Sicherheit war das nicht, auch Wild ändert manchmal seine Meinung. Aber eingefahrene Muster verschaffen gute Chancen, nicht mehr und nicht weniger.

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