Musterdepots Hohes Verlustpotential bei Staatsanleihen

Die große Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen hat die Renditen auf Allzeittiefs gedrückt. Doch kurzfristig herrscht ein hohes Verlustpotential, warnt Handelsblatt-Redakteur Georgios Kokologiannis.

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Georgios Kokologiannis Quelle: Pablo Castagnola

Kurzfristig herrscht hohes Verlustpotenzial bei deutschen Staatsanleihen. Darauf deutet ein Indikator des Beratungsunternehmens Sentix, das regelmäßig Informationen zum Anlegerverhalten und zur Anlegerpsychologie analysiert. Aus einem speziellen Index gehe hervor, dass die Investoren einer sehr starken Trendwahrnehmung unterlägen, die Sorglosigkeit und Selbstüberschätzung begünstige. In solchen Situationen könne die Mehrheit der Investoren leicht auf dem falschen Fuß erwischt werden.

Hintergrund: In den vergangenen Monaten hat die hohe Nachfrage nach den begehrten Bonds die Renditen auf immer neue Allzeittiefs gedrückt – und die Notierungen im Gegenzug immer höher getrieben. Inzwischen rentieren sämtliche deutsche Staatspapiere mit bis zu zehn Jahren Laufzeit im Minus. Die vielbeachteten zehnjährigen Papiere rentieren mit Minus 0,05 Prozent unweit ihres vor knapp vier Wochen erreichten Allzeit-Renditetiefs von Minus 0,2 Prozent.

Trotz der Negativverzinsung und aller mahnenden Stimmen ist die Nachfrage nach den vermeintlich sicheren Bundesbonds ungebrochen – auch  bei vielen Privatinvestoren. Denn der Ertrag im roten Bereich bedeutet nicht, dass der Käufer damit zwangsläufig einen Verlust einfährt: Die Kennzahl steht lediglich für die Rendite, die erreicht wird, falls das Papier bis zum Laufzeitende im Depot belassen wird.

Doch bis dahin können die Kurse der Anleihen vorübergehend noch deutlich steigen. Weiter angetrieben etwa von den milliardenschweren Wertpapierkäufen der Europäischen Zentralbank („QE-Programm“), die auch deutsche Staatspapiere umfassen. Das kann bei einem vorzeitigen Ausstieg hohe Spekulationsgewinne ermöglichen. So wie schon in den vergangenen Monaten. So hat etwa die zehnjährige Bundesanleihe mit einprozentigem Kupon allein seit Anfang dieses Jahres rund sieben Prozent an Wert zugelegt während etwa Dax & Co am Aktienmarkt nur Verluste vorzuweisen haben.

Und auf eine Fortsetzung genau dieses Trends haben es offensichtlich immer mehr Marktteilnehmer abgesehen – und verdrängen dabei die Risiken.


Alexander Kovalenko

Unser Musterdepot enthält derzeit neben 15 Einzelaktien fünf Zertifikate auf Basis der ausgewählten wikifolios von der innovativen Social Trading Plattform wikifolio.com. Alle fünf Ziel-wikifolios haben einen wichtigen Wertsteigerungs- bzw. Diversifikationsbeitrag zur Gesamtentwicklung des Musterdepots geleistet. Der aktuelle Performancespitzenreiter ist mit 22 Prozent das „Dividende und Eigenkapital Deutschland“-wikifolios von Holger Degener.

Der Portfoliomanager konzentriert sich auf die fundamentale Auswahl der substanzstarken Aktien aus Deutschland und ferner aus Europa. Den ähnlichen Fokus auf dividendenstarke Titel hat Dirk Hagemann bei seinem „Aktien? yeah!“-wikifolio. Das „Dogs of the Dow Low Five“-wikifolio von Thomas Riepl bildet zusammen mit dem „ETF-Werte des ICAX“-wikifolio von Uwe Freier unser Exposure bei der größten Volkswirtschaft  der Welt – USA .

Die Stärke von Sebastian Reese und seines „SR wisdom capital spekulativ“-wikifolios liegt in einem aktiven Trading-Ansatz. Dieses wikifolio wurde von uns zwecks Strategiediversifikation bei unserem sonst sehr fundamental ausgerichteten Musterdepot beigemischt.


Sönke Niefünd

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit ihren Anleihekäufen im Juli das Monatsziel von 80 Mrd. Euro leicht übertroffen. In den Vormonaten hatten sie sogar stets mehr wie 85 Mrd. Euro Wertpapiere, vor allem Staatsanleihen, gekauft.

Um Knappheit bei dem Ankauf im Rahmen des bisher bestehenden Programms (Public Sector Purchase Programmes, PSPP) für den Ankauf von Anleihen der europäischen Institutionen zu verhindern, weitete die EZB im Juni die Auswahl der von ihr gekauften Anleihen auf Unternehmensanleihen (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) aus. Die EZB hat bisher unter anderem Unternehmensanleihen von Basf, Bmw, Bayer, Volkswagen und Siemens erworben. Mit den expansiven Ankaufsprogrammen will die EZB die Wirtschaft im Euroraum anregen und damit mehr Inflation erzeugen. Seit langem verharrt die Teuerungsrate um die Nulllinie. Die Euro-Hüter streben mittelfristig eine Inflationsrate von „unter, aber nahe 2 Prozent“ an.

Diese Maßnahmen sowie auch die Mini- und Negativzinsen im Einlagenbereich sind umstritten, da am Nutzen gezweifelt wird, das Inflationsziel der EZB zu erreichen. In der heutigen EZB-Rat-Sitzung erwarten wir keine geldpolitischen Entscheidungen, sondern erst nach der Sommerpause am 8. September 2016.

Hinweise zu den ausführlichen Berichten über die Musterdepots gibt es bei Twitter unter dem Konto: @kokologiannis

Die Beiträge stellen keine Anlageberatung dar, insbesondere geben sie keine Empfehlung zum Kauf der genannten Wertpapiere. Sie sollen einen Anreiz zum Nachdenken und zur Diskussion über Marktentwicklungen und Anlagestrategien geben.

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