Musterdepots Schwere Zeiten für Schwellenländer-Aktien

Georgios Kokologiannis warnt vor Investitionen in Aktien aus Schwellenländern, Sönke Niefünd schaut sich Unternehmensanleihen genauer an und Alexander Kovalenko analysiert Japans Wirtschaftswachstum. Die Musterdepots.

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Georgios Kokologiannis Quelle: Pablo Castagnola

Frankfurt Bereits im September wurde an dieser Stelle vor neuen Investitionen in Aktien der Schwellenländer gewarnt. Beim Blick auf die Entwicklung an den Börsen der Emerging Markets sehe ich mich in meiner Vorsicht bestätigt: Mehr als sieben Prozent hat der weltweit meistbeachtete Sektorindex MSCI EM seitdem eingebüßt. Zuvor hatten die Notierungen im Jahresverlauf deutlich zugelegt und Anleger an die vermeintlichen Zukunftsmärkte lockte. Rund 20 Milliarden US-Dollar flossen seit Anfang Januar allein in börsengehandelte Indexfonds (ETF), die sich auf Schwellenländer-Börsen konzentrieren.

Doch während Optimisten zuletzt wegen steigender Rohstoffpreise und positiverer Erwartungen an die wirtschaftliche Dynamik der Schwellenländer zum Einstieg geblasen haben, war für mich die protektionistische Rhetorik beider US-Präsidentschaftsanwärter das maßgebliche Gegenargument. Und vor allem diese Furcht vor Handelsbarrieren und Kapitalabzug lässt nun tatsächlich die Kurse sinken. Wirklich überraschen sollte das eigentlich keinen Fachmann. Schließlich ist das Wachstum der Schwellenländer in den vergangenen zwei Dekaden durch den Wegfall von Handelshemmnissen und die Globalisierung angefacht worden.

Und genau dagegen wettert der designierte neue US-Präsident Donald Trump bereits seit langem. Stark gelitten haben nach dem Wahlsieg des umstrittenen Milliardärs die Börsen der Länder, die bisher außergewöhnlich viel in die USA exportiert haben – allen voran Mexiko, das mehr als vier Fünftel seiner gesamten Ausfuhren in das Nachbarland liefert.

Auch China dürfte maßgeblich von den in Aussicht gestellten Weichenstellungen in der US-Handelspolitik betroffen sein: Rund 18 Prozent der chinesischen Exporte wurden bisher von den USA abgenommen.


Unternehmensanleihen im Fokus

Im Euro-Markt für Unternehmensanleihen werden mittlerweile circa 85 Prozent aller Anleihen mit einer durchschnittliche Rendite pro Jahr (Rendite auf Verfall) von weniger als einem Prozent per annum und davon circa 25 Prozent bei einer negativen Rendite gehandelt. Zum Vergleich notieren in der Schweiz über 92 Prozent aller Unternehmensanleihen bei unter einem Prozent Rendite auf Verfall und davon mehr als 60 Prozent mit einer negativen Rendite.

Das derzeitige Marktumfeld ist geprägt vom „Corporate Sector Purchase Programme“ (CSPP) der Europäischen Zentralbank zum Ankauf von Unternehmensanleihen und dessen Auswirkungen auf den Markt für Corporate Bonds. Die EZB agiert sowohl im Primärmarkt für Unternehmensanleihen, also bei neu emittierten Anleihen, als auch im Sekundärmarkt. Im Herbst nimmt traditionell die Anzahl der Neuemissionen zu, sodass auch die Aktivitäten der EZB wieder zugenommen haben.

Ein grundsätzliches Thema in diesem Anleihesegment ist seit einiger Zeit die begrenzte Liquidität, welches das Handeln großer Tranchen schwerer macht. Durch die EZB hat sich diese Tatsache verschärft. Die EZB kann als ein grosser, aktiver Investor am Markt betrachtet werden, der streng nach seinen Anlagerichtlinien Milliarden. investieren möchte.

In der Schweiz handeln über 92 Prozent aller Unternehmensanleihen bei unter einem Prozent Rendite auf Verfall und davon mehr als 60 Prozent mit einer negativen Rendite. Mit Blick in die nahe Zukunft gehen wir davon aus, dass im Euromarkt im Laufzeitenbereich bis sechs Jahre vermehrt Anleihen mit negativen Renditen emittiert werden könnten. Die Bonität des Emittenten, Laufzeit sowie die Struktur der Anleihen sind entscheidend, welche Rendite bei Neuemissionen geboten wird.


Japans überraschendes Wirtschaftswachstum

Die japanische Wirtschaft hat im dritten Quartal überraschend kräftig zugelegt. Die Steigerung des Bruttoinlandsproduktes betrug zur Vorjahresperiode annualisiert 2,2 Prozent, was deutlich über einer Durchschnittsprognose der Volkswirte von 0,9 Prozent lag. Vor allem das Exportgeschäft, welches um zwei Prozent gewachsen ist, war für dieses gute Ergebnis verantwortlich. Der private Konsum – der größte Posten bei der japanischen Wirtschaftsleistung – schaffte nur einen minimalen Zuwachs von 0,1 Prozent.

Die Unternehmensinvestitionen konnten keine Steigerung verzeichnen. Der Chef der japanischen Zentralbank Haruhiko Kuroda rechnet trotz einer Aufhellung im dritten Quartal lediglich mit einem moderaten Wachstum am Ende des Jahres. Viele Experten warnen ebenfalls davor, überoptimistisch zu werden, und weisen darauf hin, dass unerwartete Rückschläge durchaus vorstellbar sind.

Bei unserem Musterdepot haben wir kein direktes Exposure bei den japanischen Unternehmen. Nichtsdestotrotz verfolgen wir mit großem Interesse dortige volkswirtschaftliche Entwicklungen. In Japan befindet sich das gigantische geldpolitische Experiment in einem für die Industrieländer am meisten fortgeschrittenen Stadium, was wichtige Erfahrungen für die Europäische Zentralbank liefern kann.

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