Mythos oder Wahrheit Sind Frauen oder Männer die besseren Anleger?

Sind Männer die besseren Anleger, weil sie das Risiko nicht scheuen und beherzt handeln? Oder sind es die Frauen, die überlegt und weniger gierig agieren? Klischees gibt es einige. Was sagen Experten?

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Wer schneidet an der Börse besser ab? Quelle: dpa

Wer schneidet an der Börse am besten ab? Das ist nicht nur ein ständiger Kampf zwischen Fondsmanagern, Vermögensverwaltern, Lebensversicherern oder Bankberatern. Die beste, die höchste Rendite bei der Geldanlage zu erzielen, das ist irgendwie auch ein Geschlechterkampf. Aber sind Männer wirklich die besseren Anleger, wie es oft heißt? Sie agierten mutiger als Frauen, suchten das Risiko. Und jeder weiß doch: Chance und Risiko sind an der Börse eng verknüpft. Nur wer sich ins Risiko traut, fährt auch die höchsten Renditen ein. Für viele ist somit klar: Männer sind die besseren Anleger.

Dieser Spruch wird etwa so oft bemüht wie die Behauptung, dass doch die Frauen, die überlegt handelten, die erfolgreicheren Anleger seien. Aber was denn nun? Experten sind sich nicht sicher, lassen sich aber zu mitunter nicht ganz ernst gemeinten Antworten hinreißen. Männer sind die besseren Anleger? „Das sagen die Männer. Ist empirisch nicht bewiesen (sagen die Frauen)“, antwortet Ulrich Kater. Der Chefvolkswirt der Dekabank bleibt vage.

Ein bisschen weiter lehnt sich der Chefanlagestratege der Commerzbank aus dem Fenster. „Ich dachte, das wären die Frauen“, kommentiert Chris-Oliver Schickentanz und garniert seine Antwort mit einem Smiley. Auch Andreas Beck, Gründer und Chef des Instituts für Vermögensaufbau in München, lässt sich zu einem Witz hinreißen: „Italiener sind die besseren Anleger. Investieren in hochverzinste Monte-de-Paschi-Anleihen und werden nach deren Ausfall vom Steuerzahler entschädigt.“

Auch Ralf Zimmermann, Anlagestratege beim Bankhaus Lampe, ist ein bisschen ratlos, versucht aber – nach einem „keine Ahnung“ –, das Problem wissenschaftlich anzugehen.

„Ich wüsste aber nicht, wieso das so sein sollte“, sagt er. „Männer als Verkörperung kühler Rationalität, während die Frauen von ihrer Emotionalität abgelenkt werden? Das riecht zu sehr nach 1950er-Jahre-Mief.“ Und wenn man sich auf Trivialpsychologie einlasse, dann könne man ohnehin einwenden, „dass Männer möglicherweise eher dazu neigen, als gefühlte Master of the Universe ein übermäßiges Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten zu haben – und deswegen immer wieder falsche Anlageentscheidungen produzieren.“ Für den Investmentprofi ist klar: Portfoliomanager sollten nicht nach dem Geschlecht, sondern nach dem Anlageergebnis beurteilt werden.

Trotzdem gibt es Versuche, diesen Geschlechterkampf empirisch aufzuarbeiten. Beim Ergebnis kommt auf die Studie beziehungsweise Untersuchung an. Die Direktbank ING Diba hat beispielweise im Herbst 2015 stolze 600.000 Wertspapierdepots ausgewertet. Das Ergebnis: Frauen – und nicht Männer – sind die besseren Anleger. Die weiblichen Investoren schafften damals in den zurückliegenden zwölf Monaten eine Rendite von 5,8 Prozent. Die männlichen Anleger kamen im selben Zeitraum nur auf 4,1 Prozent.

Die Erfolgsrezepte der besseren Anleger(innen)


Ein Unterschied von 1,7 Prozent, der auf den ersten Blick nicht so groß erscheint. Doch bei einem durchschnittlichen Depot von 30.000 Euro macht das eine Differenz von 500 Euro aus. Geht das Jahr für Jahr so weiter, kommt ganz schön was zusammen.

Was übrigens wie eine Momentaufnahme aussieht, bestätigten ähnliche Ergebnisse aus der Vergangenheit. Zwei Jahre zuvor brachten es die Frauen auf eine Rendite von 3,6 Prozent und die Männer auf 2,3 Prozent. Das Erfolgsrezept: „Frauen streuen ihre Geldanlage breiter, unter anderem in Fonds, und investieren langfristiger“, hieß es bei der ING Diba.

Börsenpsychologen erklären das Phänomen so: Frauen sind vorsichtiger, handeln seltener als Männer, wägen mehr ab. Läuft es nicht wie gewünscht, scheuen sie sich nicht, ihre Fehler einzugestehen und begrenzen dadurch ihre Verluste. Auch Studien an der Uni Mannheim haben das bestätigt. Doch es gibt durchaus Marktphasen, in denen das starke Geschlecht besser abschneidet.

Wer am schnellsten zum Milliardär wurde
Alan SugarDer britische Business-Tycoon Alan Sugar hatte recht früh seine erste Million auf dem Konto, brauchte aber am längsten, um sein Vermögen in eine Milliarde zu verwandeln. Millionär: 24 JahreMilliardär: 68 JahreAktuelles Vermögen: zwei Milliarden Dollar Quelle: REUTERS
Martha StewartWie kaum eine andere Frau steht Martha Stewart für die Fähigkeit von Gründern, sich zu wandeln. Sie startete ganz klein mit ihrem eigenen Gastronomie-Geschäft. Da war sie Mitte 30. 15 Jahre dauerte es bis zur ersten Million. Bis sie die erste Milliarde in der Tasche hatte, sollten weitere 14 Jahre vergehen. Diese verdiente sie durch den Börsengang ihrer Firma „Martha Steward Living Omnimedia”, welche die Markenrechte an ihren inzwischen erfolgreichen Büchern und Kochshows hielt. Damit war sie die erste amerikanische Milliardärin überhaupt. Als die Dotcom-Blase platzte musste sich Stewart allerdings von ihrem Status als Milliardärin verabschieden.Millionärin: 45 JahreMilliardärin: 58 JahreAktuelles Vermögen: rund 220 Millionen Dollar Quelle: AP
Warren BuffettBuffett ist einer der berühmteste Großinvestoren und Mäzen der Welt: Mit 30 Jahren machte er seine erste Million, Milliardär wurde Buffett aber „erst“ 26 Jahre später. Millionär: 30 JahreMilliardär: 56 JahreAktuelles Vermögen: 60,7 Milliarden Dollar Quelle: REUTERS
George LucasMöge die Macht mit seinen Milliarden sein. Auch der 71-Jährige „Star Wars“-Erfinder George Lucas ist im Ranking aufgeführt. Auch er hat etwas Zeit gebraucht, um so richtig reich zu werden.Millionär: 34 JahreMilliardär: 52 JahreAktuelles Vermögen: 4,9 Milliarden Dollar Quelle: AP
Oprah WinfreyDie berühmte US-Talkshowmoderatorin Oprah Winfrey gehört ebenfalls zu den reichsten Menschen der Welt.Millionärin: 32 JahreMilliardärin: 49 JahreAktuelles Vermögen: 3,1 Milliarden Dollar Quelle: AP
Richard BransonBesser gesagt: Sir Richard Branson, der Oligarch des Virgin-Unternehmens, zu dem unter anderem eine Fluglinie gehört. 17 Jahre hat er für seine erste Milliarde gebraucht.Millionär: 24 JahreMilliardär: 41 JahreAktuelles Vermögen: 4,7 Milliarden Dollar Quelle: dpa
Bill GatesDieser Mann war lange Zeit der berühmteste Reiche der Welt: Microsoft-Gründer Bill Gates. Verglichen mit den Jungmilliardären von heute hat er sich aber beim Vermögensaufbau Zeit gelassen.Millionär: 26 JahreMilliardär: 31 JahreAktuelles Vermögen: 77,6 Milliarden Dollar Quelle: REUTERS

Laut einer Privatanleger-Studie der DAB Bank aus dem Frühjahr 2011 waren nämlich Männer die besseren Anleger. Nach einer Auswertung von 450.000 Depots kam das Institut zu dem Ergebnis, dass männliche Kunden in den zwei vorangegangenen Jahren am erfolgreichsten waren. Mit Renditen von im Schnitt 27 Prozent in 2009 und 17,2 Prozent in 2010 schlugen sie nicht nur die Frauen (26,2 und 14,2 Prozent) sondern auch den Dax (24 und 16 Prozent). Zurückzuführen war das in den Jahren eins und zwei nach Ausbruch der Finanzkrise und dem Crash an den Märkten auf die höhere Risikobereitschaft der Herren.

In den Jahren 2007 und 2008 machte ihnen aber genau diese Charaktereigenschaft einen Strich durch die Rechnung. In diesen Jahren stürzten die Aktienmärkte ab und liefen dann seitwärts, wodurch Frauen mit ihrer vorsichtigeren Strategie besser fuhren.

Männer oder Frauen, wer kann es besser? Eine eindeutige Antwort gibt es nicht. Eigentlich ist die Frage, wer der beste Anleger oder die beste Anlegerin ist, aber ganz einfach zu beantworten. Er oder sie handelt rational, soweit das möglich ist, folgt einer Strategie, agiert langfristig und lässt sich von Marktturbulenzen nicht aus der Ruhe bringen. Ganz ohne angeblich typisch männliche oder typisch weibliche Eigenschaften.

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