Nach Börsen-Beben Dax auf Erholungskurs - auch an der Wall Street zeichnet sich Normalisierung ab

Wall Street: US-Leitindex Dow Jones rutscht weiter ab Quelle: AP

Eine Entwarnung ist es noch nicht, aber nach dem Kursrutsch der vergangenen Tage legt der Dax wieder zu. Auch an den US-Märkten scheinen die Investoren wieder einzusteigen.

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Zum Ende einer turbulenten Börsenwoche haben die Anleger am Freitag Vorsicht walten lassen. Der Dax lag zwar am Nachmittag bei 11.620 Punkten 0,7 Prozent höher und der EuroStoxx50 notierte bei 3226 Zählern 0,5 Prozent im Plus. „Für eine Entwarnung ist es definitiv noch zu früh“, sagte aber Thomas Metzger, Chef der Vermögensverwaltung beim Bankhaus Bauer in Stuttgart. „Allerdings dürfte mittlerweile einiges eingepreist sein.“ Sollte sich ein Boden bilden, könnte dies einigen Anlegern wieder Kauflaune machen. Ein fundamentaler Stimmungsumschwung sei also nicht zu beobachten, sagten Börsianer. Viele Investoren befürchteten, dass die aktuelle Erholung nur ein Zwischenhoch innerhalb einer längerfristigen Talfahrt sei.

In der zu Ende gehenden Woche haben die Börsen weltweit Federn gelassen. Der Dax verlor rund vier Prozent und damit so stark wie zuletzt vor einem guten halben Jahr. Seit Jahresbeginn summiert sich das Minus im Leitindex auf rund zehn Prozent. Der Dow Jones büßte in der vergangenen Woche gut fünf Prozent ein. Er liegt damit aktuell im Vergleich zum Jahresende aber noch 1,4 Prozent im Plus. Börsianer sprachen aber von einer wachsenden Nervosität. „Die letzten Tage haben gezeigt, dass es plötzlich ganz schnell gehen kann.“

Auslöser der Verkaufswellen, die vor allem Technologiewerte erfasste, waren Warnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) vor einer Konjunkturschwäche und Handelskonflikten. „Mittlerweile steht die Angst vor einer Abschwächung des weltweiten Wachstums im Fokus“, sagte Helaba-Analyst Christian Schmidt. Auch die Kritik von US-Präsident Donald Trump an der Fed, der Handelskonflikt USA/China, der Brexit und die Haushaltspolitik Italiens spielten eine Rolle.

Zum Wochenschluss steht der Börsengang von Knorr-Bremse im Blick. Die Aktien des Autozulieferers debütierten mit 80,10 Euro knapp über ihrem Ausgabepreis von 80 Euro. Im Verlauf verteuerten sie sich auf 81,79 Euro. Mit dem Börsengang erlöste das Unternehmen insgesamt 3,9 Milliarden Euro. Das Geld fließt komplett an Mehrheitseigentümer Heinz Hermann Thiele und seine Tochter. Es ist die zweitgrößte Emission des Jahres in Deutschland nach der Siemens-Medizintechnik-Tochter Healthineers mit 4,2 Milliarden Euro im Frühjahr.

Ansonsten waren im Dax mit Wirecard und Infineon zwei der größten Verlierer der turbulenten Börsenwoche gefragt. Der Online-Zahlungsdienst gewann 4,5 Prozent, Infineon 3,4 Prozent. Wirecard hat in der laufenden Woche fast 13 Prozent, Infineon über sechs Prozent verloren.

Aktienstratege Manfred Bucher von der BayernLB rechnet mit einer Erholung der Kurse in den kommenden Wochen. Die Börsen hätten zuletzt ein schwächeres globales Umfeld eingepreist, während die Konjunktur in den USA jedoch weiter robust sei. Zudem dürften die Zinserhöhungen in den USA moderat ausfallen. Sorgen um steigende US-Zinsen hatten die Aktienmärkte zuletzt belastet.

Am Vorabend war die Abwärtsspirale in New York zwar weitergegangen, allerdings zeichnet sich für die Wall Street aber auch eine Erholung ab. Am Nachmittag sah es schon danach aus, als würden wieder einige Investoren einsteigen. Die US-Futures signalisierten Kursgewinne von über einem Prozent. Anleger blickten schon am Morgen gespannt auf die beginnende Berichtssaison in den USA, wo mit JPMorgan, Wells Fargo und der Citigroup gleich drei Großbanken an diesem Freitag erste Duftmarken setzen. Im- und Exportpreise aus den USA könnten ebenfalls einen Blick wert sein wegen der Inflationserwartungen und der Geldpolitik der US-Notenbank Fed.

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Am Donnerstag bauten die US-Indizes ihre Kursverluste nach Börsenschluss in Deutschland aus. In einem von hoher Nervosität geprägten Handel rutschte der Leitindex Dow Jones Industrial am Donnerstag zeitweise deutlich unter die Marke von 25.000 Punkten. Beim Stand von 25 052,83 Punkten beendete das Barometer das Geschäft 2,13 Prozent tiefer. Damit hat der Index allein in den letzten zwei Handelstagen mehr als 5 Prozent verloren. Am Donnerstag war der Dow bereits früh mit einem Stabilisierungsversuch gescheitert. Anleger, die darauf gesetzt hatten, wurden enttäuscht. So zogen im Verlauf immer mehr Investoren die Reißleine. Die Furcht vor steigenden Zinsen und der globale Handelsstreit gelten als Auslöser für die Börsenkrise. Noch Mitte der Vorwoche hatte der Dow mit 26 951,81 Punkten ein Rekordhoch erreicht und somit - verglichen mit dem Tagestief von diesem Donnerstag - mehr als 2000 Punkte höher gestanden.

Einige Analysten fürchten, der Kursrutsch des Dax könnte der Auftakt zu einem größeren Rücksetzer sein. Doch andere geben sich zuversichtlicher: „Obwohl die steigenden Zinsen und der Handelsstreit die Hauptthemen auf dem Parkett bleiben dürften, setzen die Anleger viel Hoffnung in die anlaufende Berichtssaison“, sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. „Da die Konjunktur in den USA weiter auf Hochtouren läuft, dürfte generell mit starken Unternehmenszahlen zu rechnen sein.“

Den Auftakt für die US-Berichtssaison machten am Freitag einige US-Banken. JPMorgan steigerte dank der Steuerreform und der brummenden Konjunktur seinen Gewinn im dritten Quartal um ein Viertel auf 8,4 Milliarden Dollar. Im vorbörslichen US-Handel lagen die Papiere der größten US-Bank im Plus. Am Donnerstag hatten sie allerdings drei Prozent verloren.

In Asien schlossen die Börsen am Donnerstag mit Kursgewinnen, die vor allem in China kräftig ausfielen. Trotz des Handelskrieges mit den USA hat sich der Außenhandel Chinas im September entgegen den Prognosen belebt. Chinas Handelsüberschuss mit den USA erreichte im September einen Rekord von 34 Milliarden US-Dollar, was die Spannungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften weiter anfachen und zu einer weiteren Eskalation im Handelsstreit führen könnte.

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