Die Lage am deutschen Aktienmarkt hat sich am Ende einer turbulenten Woche beruhigt. Zuvor hatten Chinas Börsen ihre Talfahrt gestoppt. Der Dax stieg am Freitag im frühen Handel um 0,22 Prozent auf 10.001,99 Punkte. Für die erste Handelswoche zeichnet sich damit im Dax dennoch Minus von rund sieben Prozent ab.
Sorgen über eine harte Landung der chinesischen Wirtschaft und Kurseinbrüche an den Börsen des Landes hatten weltweit für Börsenbeben gesorgt. In China erholten sich die Kurse zum Wochenschluss, nachdem die Regierung einen erst zum Jahresbeginn eingeführten, umstrittenen Schutzmechanismus zur Unterbrechung des Handels bei großen Schwankungen wieder abgeschafft hatte. Die europäischen Börsen hatten darauf bereits am Donnerstag reagiert und ihre Verluste ein Stück weit eingedämmt.
Stichwort: Die schwärzesten Tage für den Dax seit 1987
Frankfurt, 24. Aug (Reuters) - Die Furcht vor einem deutlichen Konjunktureinbruch in China hat die Aktienmärkte am Montag auf Talfahrt geschickt. Der Frankfurter Leitindex Dax rutschte erstmals seit Mitte Januar wieder unter die Marke von 10.000 Punkten, zeitweise fiel er um bis 3,6 Prozent auf 9760 Zähler.
Eindeutige Kriterien für einen Crash gibt es nicht - außer Panik, hohe Umsätze und hohe Verluste. Beim bislang größten Börsenkrach der Nachkriegszeit am 19. Oktober 1987, als Spekulationen auf Zinserhöhungen den Dow-Jones-Index an der Wall Street um 23 Prozent einbrechen ließ, gab es den Dax noch nicht. Er wurde erst am 1. Juli 1988 erstmals berechnet.
Im folgenden eine Übersicht über die prozentual höchsten Verluste des Dax seither:
DIE 1990er JAHRE UND DIE ANSCHLÄGE VON 9/11
Der Dax fällt um rund 13 Prozent und folgt damit der Wall Street, wo Finanzierungs-Schwierigkeiten bei einem Unternehmensverkauf einen Ausverkauf auslösten.
Ein später gescheiterten Putsch gegen den damaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow drückt den Dax um gut neun Prozent ins Minus.
Im Sog der Asienkrise sackt der Dax im Handelsverlauf um bis zu 13 Prozent ab und schließt mit 3567 Punkten acht Prozent niedriger.
Die Angst vor einem Flächenbrand im Bankenwesen nach der Schieflage eines Hedgefonds in den USA und einer Eskalation der Krisen in Asien, Japan, Lateinamerika und Russland drücken den Dax um acht Prozent ins Minus.
Nach den Terroranschlägen in den USA fällt der Dax um neun Prozent.
Sie hinterlässt tiefe Spuren im Dax.
Angst vor einer Rezession in den USA drückt den Dax um sieben Prozent auf 6790 Punkte ins Minus. Bei der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers am 15. September kommt er aber glimpflich davon und verliert nur moderate 2,7 Prozent.
Für den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate muss binnen einer Woche ein zweites Rettungspaket geschnürt werden. Der Dax verliert sieben Prozent.
Im Sog der Finanzkrise stürzt der Nikkei -Index um über neun Prozent ab. Der Dax verliert bis zu neun Prozent. Nach einer konzertierten Zinssenkungsrunde der großen Notenbanken erholen sich die Kurse nur leicht. Der Dax schließt mit einem Minus von sechs Prozent.
Rezessionsängste angesichts der Finanzkrise drücken den Nikkei-Index um zehn Prozent. Der Dax verliert ebenfalls sieben Prozent.
Ein erneuter Absturz der Tokioter Börse drückt den Dax in der Spitze um über elf Prozent.
Nachdem die USA bei der Ratingagentur Standard & Poor's ihre Bestnote als Kreditnehmer verlieren, brechen die Kurse ein: Der Dax verliert rund fünf Prozent.
Die Furcht der Anleger vor einer weltweiten Rezession und einer Ausweitung der Schuldenkrise in der Euro-Zone drückt den Dax um 5,3 Prozent ins Minus.
Der Dax verliert rund fünf Prozent. Auslöser ist die überraschende Ankündigung einer Volksabstimmung in Griechenland über ein Rettungspaket.
Das Scheitern der Gespräche zur Lösung der Schuldenkrise in Griechenland und die überraschende Ansetzung einer Volksabstimmung über die Forderungen der Gläubiger drückt den Dax gleich im frühen Handel um 4,6 Prozent auf 10.964,24 Punkte.
Der MDax der mittelgroßen Werte gewann am Freitag 0,24 Prozent auf 19.584,82 Punkte, während es für der Technologiewerte-Index TecDax um 0,14 Prozent auf 1742,98 Zähler nach unten ging. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 trat auf der Stelle.
Nach dem Börsen-Beben hat China zudem seine Währung nicht mehr weiter abgewertet und damit für steigende Kurse an den Märkten in Fernost gesorgt.
"Der Markt ist jetzt wieder im Normalzustand", sagte Analyst Tian Weidong vom Handelshaus Kaiyuan Securities. "Die Investoren können kaufen und verkaufen wie sie wollen. Die Notbremse hatte den Markt erstickt."
Nachdem die chinesische Notenbank (PBOC) den Yuan acht Tage in Folge abgewertet und damit Sorgen vor einem Handelskrieg ausgelöst hatte, gab sie am Freitag überraschend eine minimale Aufwertung bekannt. Sie legte den Mittelwert des Yuan zum Dollar auf 6,5636 Yuan nach 6,5646 am Vortag fest.
An der Börse in Tokio stiegen die Kurse danach kräftig an. Hatte der Nikkei-Index vor der Mitteilung noch fast 1,5 Prozent im Minus gelegen, stieg er binnen Minuten zunächst mehr als 450 Punkte und pendelte sich dann bei 17.840 Zählern ein - ein Plus von 0,4 Prozent. Auch der breiter gefasste Topix-Index legte 0,4 Prozent zu. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans stieg um 2,2 Prozent.
Ziel der Notenbank beim Yuan ist Händlern unklar
In Shenzen notierte der Leitindex CSI300 2,8 Prozent fester, der SSEC in Shanghai stieg um 2,4 Prozent. An beiden Handelsplätzen war es am Montag und am Donnerstag zu Kursverlusten von jeweils sieben Prozent gekommen, was zur Folge hatte, dass der Handel beendet wurde. Dieser "Circuit Breaker" war erst zu Jahresbeginn eingeführt worden und sollte für Entspannung bei heftigen Kursschwankungen sorgen. Nach Einschätzung von Investoren bewirkte er aber das Gegenteil. Die beiden Börsen hatten noch am Donnerstag mitgeteilt, die "Notbremse" zunächst nicht mehr weiter einzusetzen.
Was genau das Ziel der Notenbank beim Yuan ist, ist Händlern weiter unklar. Schließlich hatte die PBOC am Donnerstag die Währung abgewertet, doch gab es später Berichte, die PBOC greife kursstützend am Markt ein. "Die Marktschwankungen in dieser Woche legen nahe, dass niemand wirklich weiß, was gerade die Strategie ist. Oder ob es die Notenbank selbst weiß. Oder ob sie in der Lage ist, die Strategie durchzusetzen, wenn es denn eine gibt", hieß es bei der DBS Bank. "Das Signal der Märkte war jedenfalls sehr deutlich: es muss mehr Klarheit geben und weniger Hin und Her."
Wie schon am Montag, hatte auch am Donnerstag der Absturz der chinesischen Börsen die anderen Märkte weltweit tief ins Minus gedrückt. Die US-Börsen verloren 2,3 Prozent, ebenso der Dax, der erstmals wieder auf unter 10.000 Punkte fiel. Schließlich hatten der zweite Handelsabbruch in Shanghai in dieser Woche und die erneute Abwertung des Yuan Sorgen vor einer weiteren Konjunkturabkühlung der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft geschürt. Das hatte auch den Ölpreis auf den niedrigsten Stand seit fast zwölf Jahren gedrückt. Am Freitag verteuerte sich der Rohstoff dann wieder um knapp zwei Prozent auf 34,36 Dollar pro Fass (159 Liter) der Sorte Brent.
Die Entspannung zum Wochenschluss bedeute aber nicht, dass die Probleme nun gelöst seien, sagte Yoshinori Shigemi, Marktstratege bei JP Morgan Asset Management. Für Japan etwa gelte, dass die Sorgen über die chinesische Wirtschaft, die geopolitischen Spannungen in Nahost und der schwache Ölpreis die Märkte in den kommenden Monaten weiter belasten könnten.
Der Euro schwächte sich am Freitag zum Dollar um rund ein halbes Prozent auf 1,0875 Dollar ab. Der Schweizer Franken notierte zum Euro mit 1,0845 und zum Dollar mit 0,9973.